Toto-Pokal:Zufriedene Verlierer

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Spitzname gerechtfertigt: Marco Hiller, genannt Hiller-Killer, sorgte für den 1860-Erfolg. (Foto: Marcel Engelbrecht/Eibner/imago)

Der TSV 1860 München gewinnt das Toto-Pokal-Halbfinale gegen den FC Ingolstadt im Elfmeterschießen. Während die Schanzer schon so gut wie sicher über die Liga im DFB-Pokal stehen, kommt dem Endspiel der Löwen am Dienstag gegen Türkgücü große Bedeutung zu.

Von Christian Bernhard

Michael Köllner war überhaupt nicht bange, als seine Spieler und die des FC Ingolstadt im Mittelkreis zwei Menschenketten bildeten und gespannt das Elfmeterschießen verfolgten. "Da kannst du dich immer auf Hiller verlassen", sagte der Trainer des TSV 1860 München. "Er hat nicht umsonst den Spitznamen 'Killer-Hiller'. Der hat schon seine Berechtigung." Köllners Intuition bestätigte sich. 1860-Torhüter Marco Hiller hielt den Elfmeter von Ingolstadts Kapitän Marcel Gaus, und da alle fünf Löwen-Schützen souverän verwandelten, entschieden die Münchner das Toto-Pokal-Halbfinale am Samstag mit 7:6 Treffern nach Elfmeterschießen (2:2 nach 90 Minuten) für sich. Am Dienstag wird im Derby zwischen Sechzig und Türkgücü, erneut im Münchner Grünwalder Stadion, der Drittliga-Sieger des Wettbewerbs ermittelt (20.30 Uhr, Sport1).

Hiller hatte selbst dafür gesorgt, dass er seinem Spitznamen überhaupt gerecht werden konnte. In der zweiten Minute der Nachspielzeit war Ingolstadts Innenverteidiger Nico Antonitsch nach einer Ecke ungedeckt aus vier Metern zum Abschluss gekommen. Hiller warf sich ihm entgegen - und wehrte den Ball mit dem Arm ab. "Ich bin einfach rausgesprungen, zum Glück hat er mich angeschossen", sagte der Münchner Torwart. Aufgrund dieser Szene sagte Köllner hinterher zurecht: "Das Spiel kannst du auch verlieren."

Ob die Amateurvereine noch in den Verbandspokal einsteigen, ist nicht nur für Köllner "eher fraglich"

Im ersten Spiel ohne TSV-Stadionsprecher Stefan Schneider, der nach 28 Jahren und 602 Einsätzen sein "Mikro an den Nagel gehängt hat" - wie es Pressesprecher Rainer Kmeth ausdrückte, der Schneider bis zum Saisonende ersetzt -, hatten die Löwen in der ersten Hälfte mehr von der Partie. Zwingende Torchancen waren aber auf beiden Seiten selten zu sehen. Die Ingolstädter fanden erst kurz vor der Halbzeit ihren Offensivschwung - und nutzten gleich ihre erste gute Möglichkeit: Maximilian Beister traf nach einer präzisen Flanke von Jalen Hawkins aus fünf Metern per Kopf (44.).

Beister und Hawkins waren zwei von gleich neun neuen Spielern, die FCI-Trainer Tomas Oral im Vergleich zum 1:0-Ligasieg gegen Waldhof Mannheim in die Startelf gestellt hatte - die Schanzer haben die Qualifikation zur DFB-Pokal-Hauptrunde über die Liga bei zwölf Punkten Vorsprung auf Platz fünf schon so gut wie sicher, die ersten Vier sind dabei. Köllner änderte seine Formation, die am Montag zuvor den Drittliga-Führenden Dynamo Dresden 1:0 geschlagen hatte, nur auf einer Position: Niklas Lang rückte in die Innenverteidigung. Eigentlich hätte Dennis Erdmann den Platz des verletzten Semi Belkahia einnehmen sollen, doch er fiel wie Daniel Wein kurzfristig aus.

Zwischenjubel: Die 1860-Spieler feiern den Treffer von Stephan Salger zum 2:1 (Foto: Oryk Haist/imago)

Im zweiten Durchgang zeigten die Löwen, dass die Partie für sie die größere Bedeutung hatte. Sascha Mölders traf per Kopf (54.), das Tor wurde wegen Abseits aberkannt. Vier Minuten später hatte Mölders seinen Treffer aber: Der Stürmer traf vom Elfmeterpunkt, nachdem Patrick Sussek eine Flanke des früheren Ingolstädters Stefan Lex mit der Hand geblockt hatte. 1860 machte weiter Druck, Lex und Merveille Biankadi, dem Köllner ein "riesen Spiel" attestierte, testeten Robert Jendrusch im FCI-Tor. Der war in der 68. Minute machtlos, als Stephan Salger nach einer Ecke aus fünf Metern nur noch den Fuß rein halten musste. Vorbereitet hatte das 2:1 Salgers Innenverteidiger-Kollege Lang, der erst sein zweites Spiel von Beginn an machte. "Dafür, dass er wie die Jungfrau zum Kinde gekommen ist", habe er ein "super Spiel gemacht", lobte Köllner den 18-Jährigen.

Der FCI reagierte im Stile einer Spitzenmannschaft auf den Rückstand. Kapitän Gaus knöpfte Richard Neudecker in der eigenen Hälfte den Ball ab, leitete den Konter ein und vollendete diesen mit einem fulminanten Abschluss aus 16 Metern (72.). Dann rettete Hiller die Löwen ins Elfmeterschießen, bei dem der eingewechselte Erik Tallig den Deckel drauf machte, nachdem Mölders sehenswert per Panenka-Lupfer getroffen hatte. Oral war trotz des Ausscheidens mit der Leistung seiner Mannschaft "sehr, sehr zufrieden", da sie trotz einer Formation, "die so nie zusammen gespielt hat", gut funktioniert habe.

Viel verloren hatte Oral ja sowieso nicht. Sechzig kann sich seiner DFB-Pokal-Qualifikation über die Drittliga-Platzierung im Gegensatz zum FCI noch nicht gewiss sein, Köllner schob vor dem Endspiel am Dienstag den Druck aber in Richtung des Gegners. Türkgücü habe "in der Liga abreißen lassen und unter dem neuen Trainer kaum gepunktet", sagte er. "Für sie ist es die finale Chance, den DFB-Pokal zu erreichen." Ihm ist aber auch bewusst, dass womöglich schon ein Sieg am Dienstag reicht, um selbst das DFB-Pokal-Ticket zu ergattern. Ob die Amateurvereine Corona-bedingt noch in den Verbandspokal-Wettbewerb einsteigen können, ist nämlich nicht nur für Köllner "eher fraglich".

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