Torwart Robert Almer gegen Ronaldo:Österreich steht narrisch auf den Spinnenmann

Torwart Robert Almer gegen Ronaldo: Was immer Cristiano Ronaldo versuchte: Immer war dieser Almer im Weg.

Was immer Cristiano Ronaldo versuchte: Immer war dieser Almer im Weg.

(Foto: AFP)
  • Ronaldo vs Robert Almer - dieses Duell endet beim 0:0 zwischen Portugal und Österreich so überraschend, dass die Österreicher nun ihren Keeper feiern.
  • Sorgen bereitet dagegen David Alaba.

Von Thomas Hummel, Paris

Der eine ist es gewohnt, ein Held zu sein. Der andere nicht. Der eine fühlt sich als großer Star, macht noch ein Selfie auf dem Platz, obwohl er gerade Chancen en masse versiebt, einen Elfmeter verschossen und überhaupt alles vermasselt hat. Der andere weiß mit der Frage, wie es sich nun als Held so anfühle, gar nichts anzufangen: "Ich glaube, wir haben heute alles reingehauen", antwortete Robert Almer irritiert.

Es gibt Fußballspiele, die spitzen sich auf ein Duell zu. Portugal gegen Österreich war am Ende eine solche Partie. Cristiano Ronaldo, der funkelnste Stein unter all den Edelkickern, gegen Robert Almer. Einem Mann mit Glatze, rotem Bart und einem Gesichtsausdruck so weich wie die eines Kindertagesstätten-Mitarbeiters. Ein Mann so herrlich unprätentiös wie der steirische Eisenbahnknotenpunkt Bruck an der Mur, wo er geboren wurde. Da funkelt absolut rein gar nichts.

Und doch muss Robert Almer nach diesem Spiel im Pariser Prinzenpark damit klarkommen, mindestens für einen Abend der Held der Nation zu sein. Und ein Weltfußballer-Bezwinger.

Dass die vielen österreichischen Zuschauer im Stadion am Ende ausgelassen ein 0:0 feiern konnten, hatten sie zu einem ordentlichen Teil ihrem Torwart zu verdanken. Der hatte in der ersten Halbzeit im Zweikampf gegen Nani gerettet. Er hatte ein Geschoss von Ronaldo abgewehrt und anschließend auch noch dessen Kopfball gehalten (56.). Und je tiefer die Nacht wurde, desto mehr Leute neigten daran zu glauben, dass Almer zudem den Kopfball von Nani an den Pfosten gelenkt habe - und sei es nur mit seinem Willen.

Und wie konnte es nur passieren, dass Cristiano Ronaldo den Elfmeter verschoss? Klar, der Almer war's. Auch wenn er in die falsche Richtung hüpfte und zusah, wie der Weltfußballer den Pfosten traf. Dass Almer schließlich diesen Ronaldo auch noch eigenhändig ins Abseits stellte bei seinem Treffer, ist selbstredend keine Erfindung. Von der Kronenzeitung wurde er schließlich in den Stand des "Spinnenmanns" erhoben.

Österreicher sind grundsätzlich der Heldenverehrung nicht abgeneigt. Ein sehr gerührter Reporter stellte Almer die Frage, ob er es noch seinen Enkeln erzählen werde, wie er Cristiano Ronaldo stoppte. Doch der Mann wollte einfach nicht mitspielen. Es seien natürlich schöne Momente, die er gerne genieße. "Da ich aber eh schon relativ alt bin, versuche ich, daraus Energie zu saugen." Robert Almer ist 32 Jahre alt.

Ein Bekannter aus der Bundesliga

Da hat er noch ein paar Jahre vor sich im Tor. Und die könnten allein durch dieses Spiel ein bisschen schöner und aufregender werden als die Jahre zuvor. Robert Almer hat nun 29 Länderspiele und damit für die Nationalmannschaft mehr Partien bestritten als für jeden Profiklub, für den er in seiner Karriere je aktiv gewesen ist. Er war schon bei Fortuna Düsseldorf, Energie Cottbus und Hannover 96, er ist vor einem Jahr zum dritten Mal zu Austria Wien gegangen - doch mehr als 22 Partien schaffte er bislang während einer Station nicht. Nirgends konnte er sich durchsetzen, stets wanderte er weiter. Es war zumeist ein Dasein im Schatten der Ersatzbänke.

Obwohl Almer auch vor viereinhalb Jahren in Düsseldorf keineswegs oft im Tor stand, holte ihn Trainer Marcel Koller sofort in die Nationalmannschaft. Der Schweizer würde es heute nicht mehr sagen, aber das lag natürlich auch an der begrenzten Auswahl. Während in Österreich eine Generation relativ talentierter Feldspieler herangewachsen ist, blieb das Tor ein Problemfeld.

Koller setzte auf Almer und durfte sich spätestens in Paris bestätigt fühlen. "Wir haben seine Qualitäten gesehen, dass er sehr ruhig ist und durch seine Größe Bälle gut abfangen und antizipieren kann", erklärte Koller. Seiner Ansicht nach könne Almer noch viel selbstsicherer auftreten und die Mannschaft von hinten anleiten.

Vielleicht hat Almer mit seinem Auftritt auch David Alaba etwas geholfen. Der Profi vom FC Bayern ist ja eigentlich als Held der Österreicher vorgesehen, wirkte aber auch im zweiten Gruppenspiel so uninspiriert und matt, dass ihn Trainer Koller nach 65 Minuten gar auswechselte. Es macht den Anschein, als wolle Alaba die Dinge ganz alleine regeln, wie es ein Anführer eben machen muss. Unter diesem Druck scheint er sich selbst völlig zu blockieren.

Am Mittwoch haben die Österreicher nun die Chance, sich für das Achtelfinale zu qualifizieren. Gegen Island muss im Stade de France ein Sieg her. Doch das dürfte kein Problem sein. Wer den Weltfußballer eigenhändig aufhält, der wird wohl gegen ein paar Isländer nach vorne rennen und selbst ein paar Tore schießen können. Auch wenn das Robert Almer so natürlich nie sagen würde.

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