Torhüter in der Bundesliga:Wenn der Traumverein ruft

Die Nationaltorhüter René Adler und Manuel Neuer stehen vor den bislang wichtigsten Entscheidungen ihrer Karriere. Wie Manchester Uniteds Torwartsuche auch Einfluss auf die Bundesliga nimmt.

Philipp Selldorf

Um einen Nachfolger für Torwart Faryd Mondragon zu finden, hat der 1.FC Köln in den vergangenen Wochen auf seine Weise gewissenhaft getestet und geforscht. Während Trainer Frank Schaefer eine von Torwartcoach Alexander Bade eigens arrangierte Übungseinheit mit dem Bewerber Markus Pröll verfolgte, organisierte der kommissarische Sport-Manager Claus Horstmann mehrere Gutachten zum Gegenkandidaten Michael Rensing.

Bayer-Geschäftsführer bestätigt Ausstiegsklausel für Rene Adler

Hat eine Ausstiegsklausel, ausgerechnet für Manchester United: Leverkusen Torhüter René Adler.

(Foto: dpa)

So konnten die Kölner namhafte Zeugen aufrufen, als sie ihre Entscheidung für Rensing begründeten: "Nach Rücksprache mit Jens Lehmann und Raimond Aumann sind wir der Überzeugung, dass er der richtige Mann für die Position ist", sagte Horstmann.

Die Berufung auf Prominente mag ein wenig fadenscheinig wirken, dennoch haben die Kölner gut daran getan, sich fachlichen Rat zu holen. Die Torwartposition, so sagt ein berufsmäßiger Spielermarktgutachter, ist ein Sonderfall, der besonderer Expertisen bedarf. Ein Scout, der sich üblicherweise mit Verteidigern oder Stürmern beschäftigt, sei nicht zwangsläufig dazu qualifiziert, einen Torwart richtig einzuschätzen.

Es ist daher nur folgerichtig, dass Manchester United seit Saisonbeginn eine neue Planstelle unterhält: den Posten eines Torwartscouts. Dieser Mann hat einen monothematischen Auftrag, um den man ihn beneiden darf. Er reist durch Europa und den Rest der Welt, um einen Nachfolger von Edwin van der Sar, 40, zu finden, der seine große Karriere im kommenden Sommer beenden wird.

Auch in deutschen Klubs nimmt dieses planvolle Vorgehen Einfluss auf die strategischen Erwägungen, denn zu den Kandidaten, die Sir Alex Fergusons Experte ausersehen hat, zählen auch die Nationaltorhüter Manuel Neuer und René Adler.

Für Manchester geht es darum, ein neues Zeitalter im United-Tor zu eröffnen. Die 2005 begonnene Ära van der Sar beendete ein fünf Jahre währendes Provisorium, das der Ära Peter Schmeichel (1991 - 1999) gefolgt war. Dass der Klub kürzlich den 26Jahre alten dänischen Torwart Anders Lindegard vom norwegischen Verein Aalesunds FK verpflichtete, bedeutet keineswegs, dass der Spezialist seinen Auftrag bereits erledigt hätte.

Lindegard hat zwar einen stattlichen Betrag gekostet, die Rede ist von vier Millionen Euro, er ist aber nur als künftige Ersatzlösung vorgesehen. Die Branche bewertet es auch als Machtgeste der Engländer, dass sie für ihre Nummer zwei so viel Geld anlegen. "Für wen immer sie sich entscheiden, den bekommen sie auch", sagt ein deutscher Fachmann der internationalen Transferbörse.

"Atmosphärische Gespräche"

Während Felix Magath bei Schalke eher den FC Bayern als Verführung für Manuel Neuer fürchtet, gilt in Leverkusen United als der gefährlichste Torwarträuber. Denn René Adler hat sich eine Klausel in den Vertrag setzen lassen, bevor er die bis 2012 geltende Vereinbarung mit Bayer unterzeichnete: Falls United anfragen sollte, muss ihm sein Verein die Freigabe erteilen. Die festgeschriebene Ablösesumme liegt bei "mehr als 20 Millionen", wie es bei Bayer heißt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Adler in die Premier League wechseln könnte, wird mit 15 Prozent beziffert.

Bisher hat Bayer noch keine Verhandlungen mit Adler respektive dessen Berater Jörg Neubauer über eine Vertragsverlängerung aufgenommen, es gab lediglich "atmosphärische Gespräche". Beim Werksverein weiß man: Adler hat einen United-Tick - als Junge bewunderte er Peter Schmeichel - und will in der Champions League spielen. Diese schmerzliche Einsicht wird durch die Aussicht auf ein hohes Schmerzensgeld gelindert.

Der Druck liegt aber nicht nur bei den betroffenen Vereinen. Auch Adler und Neuer stehen vor markanten Entscheidungen, denn für Spieler ihrer Qualität gibt es in Europa allenfalls ein halbes Dutzend exquisiter Adressen. Der Stellenmarkt ist limitiert. Da der FC Barcelona, Real Madrid und der FC Chelsea mit ihren Torhütern bestens bedient sind, bieten die Vakanzen in Manchester und München rare Gelegenheiten. Sollte United ihn fragen, müsste Adler eine Grundsatzentscheidung treffen. Entweder er sagt zu, oder das Tor seines Traumvereins bleibt ihm auf Jahre verschlossen.

Etwas leichter hat es Manuel Neuer: Sollte es mit einem Wechsel zu den Bayern im nächsten Sommer nicht klappen, weil Magath sein Veto einlegt, darf er darauf hoffen, dass ihm die Münchner den Platz ein Jahr freihalten. Ob Magath wirklich standhaft bleibt, weiß er wohl selbst noch nicht, letztlich bestimmen die Umstände, ob Schalke die Ablöse in Höhe von 15 bis 20 Millionen nicht dringender braucht als ein letztes Jahr mit Neuer.

Ein Entlastungsgrund aber verbindet sowohl Schalker wie Leverkusener: Beide Vereine haben ihre Torhüter selbst aufgezogen, finanziell werden sie keinen Verlust erleiden.

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