Süddeutsche Zeitung

Toni Kroos:Sonderrolle für den Unverzichtbaren

Der Nationalspieler sieht in der Ausmusterung seiner Kollegen falsche Schwerpunkte gesetzt und bleibt für Bundestrainer Löw "unersetzlich".

Toni Kroos hat eine gewisse Schwächephase in seinem Spiel bei Real Madrid eingeräumt, die jüngste "Dieseltraktor"-Kritik von Ex-Nationalspieler Bernd Schuster allerdings als nichtig abgetan. "Diese Kritik hatte ja keinen Inhalt. Meine Spielart ist von Anfang an immer die gleiche gewesen, die hat sich bis heute nie verändert", sagte Kroos auf der Pressekonferenz vor dem Auftakt in der EM-Qualifikation am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) gegen die Niederlande in Amsterdam. "Ich war nie der, der 90 Minuten über den Platz sprintet oder 28 Grätschen macht, das ist auch heute noch nicht so", ergänzte Kroos. "Er hat gesagt: 'Er läuft wie ein Dieseltraktor und macht nichts.' Das war nach einem Spiel, wo ich der Spieler mit den meisten Ballaktionen war. 'Macht nichts' ist ja keine Kritik, sondern einfach nur Quatsch."

Er gebe gerne als Erster zu, dass er in der laufenden Spielzeit "nicht ganz so konstant" spiele, sagte Kroos. Aber: "Es wird in diesem Fußballerleben keiner mehr hinkriegen, dass ich Selbstzweifel habe oder irgendwas in der Richtung. Mir geht es fantastisch." Kroos ist mit Real nach drei Triumphen in der Champions League in dieser Saison bereits im Achtelfinale an Ajax Amsterdam gescheitert. Auch im spanischen Königspokal war gegen den FC Barcelona vorzeitig Endstation, in der Meisterschaft ist der Titel nur noch theoretisch möglich. "Es ist mit Madrid eine Saison mit Licht und Schatten, etwas mehr Schatten als man es bisher gewohnt war", sagte Kroos. "Aber das gehört nach drei Jahren, wo man alles gewinnt, mal dazu."

Für Bundestrainer Joachim Löw bleibt der 29-Jährige "unersetzlich", wie er am Samstag betonte: "Er ist für unsere Mannschaft ein unglaublicher Gewinn. Seine Art und Weise zu spielen, die Ballbehandlung, seine Fähigkeit, ein Spiel zu lenken, seine Sicherheit am Ball und Übersicht sind einmalig." Die ihm von Löw versprochene Sonderrolle will Kroos nutzen und bei manchen Länderspiel-Terminen pausieren. "Natürlich steht das noch, es hat sich ja nichts verändert", sagte er. Löw hatte nach dem WM-Debakel Kroos als einzigem Spieler versprochen, ihn künftig nicht für alle Partien zu nominieren, um ihm Regenerationsphasen zu ermöglichen. "Ich fühle mich eher bestätigt, denn es gibt auch dieses Jahr viele Spiele", sagte der 29-Jährige. "Das gemeinsame Ziel ist, dass ich im Sommer 2020 auf absolutem Topniveau bin." In diesem Jahr hat die DFB-Auswahl nach dem Spiel am Sonntag noch vier Doppel-Termine. Kroos könnte im November sein 100. Länderspiel bestreiten, wenn er immer zum Einsatz kommt.

In der Debatte um die Ausmusterung seiner Weltmeister-Kollegen Mats Hummels, Thomas Müller und Jérôme Boateng sieht Kroos die falschen Schwerpunkte gesetzt. Diskutiert werde nicht die sportliche Entscheidung des Bundestrainers, auf das Trio zu verzichten, sondern "immer nur, was drumherum passiert", monierte Kroos. Sorge, als Generationsgenosse der drei Münchner bald selbst aussortiert zu werden, habe er nicht: "Ich glaube nicht, dass es eine Entscheidung wegen des Alters war, ich glaube, dass es eine sportliche Entscheidung ist."

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SZ vom 24.03.2019 / dpa, sid, SZ
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