Toni Kroos:Der Iceman bleibt in Madrid

Toni Kroos Real DECEMBER 15 2018 Football Soccer Spanish La Liga Santander match between

Ist er in Form, übt er seine Rolle souverän aus: Toni Kroos, Reals Meister der Spielkontrolle.

(Foto: Mutsu Kawamori/imago)
  • Toni Kroos, 29, verlängert seinen Kontrakt bei Real Madrid vorzeitig um ein Jahr. Bis 2023.
  • Dann ist er 33 Jahre alt und könnte seine Karriere beenden.

Von Javier Cáceres

Am 4. Juli kommt ein Dokumentarfilm von Manfred Oldenburg namens "Kroos" in die Kinos, in dem Florentino Pérez, Präsident von Real Madrid, einen hochtönenden Satz spricht, der viel von dem erklärt, was sich am Montag in Spaniens Hauptstadt zutrug.

"Toni Kroos ist einer dieser Spieler, die dazu geboren wurden, bei Real Madrid zu spielen", sagte der milliardenschwere Bauunternehmer, die silbern schimmernden europäischen Pokale im Rücken. Was sich am Montag zutrug? Pérez und Kroos trafen sich in den Vereinsräumen von Real Madrid und unterzeichneten, der Liturgie der Vertragsunterzeichnungen beim spanischen Rekordmeister folgend, einen aktualisierten Arbeitsvertrag. Kroos, 29, verlängerte seinen Kontrakt vorzeitig um ein Jahr. Bis 2023 - oder eben bis er 33 Jahre alt ist und, vormaligen Äußerungen folgend, möglicherweise sein Karriereende ins Auge fasst. Er könne sich weiterhin nicht vorstellen, mit 38 Jahren als Profifußballer zu arbeiten. Aber das werde "entschieden, wenn es so weit ist", sagte er in einer Pressekonferenz in Madrid, bei der er erstmals mit den spanischen Hauptstadt-Journalisten auf Spanisch parlierte.

Drei Trainer, keine Trophäe

Dass Kroos ausgerechnet jetzt seinen Vertrag ausdehnte, erwischte die meisten spanischen Medien auf dem falschen Fuß. Nach seinem Wechsel vom FC Bayern zu Real Madrid im Sommer 2014 half er, zwölf Titel zu holen, darunter drei Champions-League-Trophäen nacheinander. "Aber zwölf Titel hatte ich letztes Jahr auch schon", sagte Kroos mit dem ihm eigenen Humor - und fasste damit die am Sonntag beendete Spielzeit zusammen, die für Real ein Desaster war.

Real Madrid verschliss drei Trainer, holte keine Trophäe, schied in der Champions League gegen Ajax Amsterdam, im Pokal gegen den FC Barcelona aus, landete in der Liga 19 Punkte hinter Barça. Im Vorjahr hatte der Abstand "nur" 17 Punkte betragen. "Enttäuschend", sagte Kroos. Aber er forderte auch eine rationale Einordnung: "Wenn etwas nicht normal ist, dann: drei Champions Leagues in Serie zu gewinnen. Ich habe das für unmöglich gehalten. Aber wir haben es geschafft!"

Dass Real nun weit hinter den Erwartungen zurückblieb, gestand Kroos schonungslos ein: "Kein Spieler hat im vergangenen Jahr sein Topniveau erreicht - auch ich nicht." Aber: Die Vorgesetzten blieben ihm wohlgesonnen. Das gilt für Pérez, der bislang nur Spieler wie Ronaldo, Figo oder Zidane für vorherbestimmt sah, bei Real zu spielen, oder für Klubdirektor Emilio Butragueño, der am Montag rühmte, dass Kroos sich "Respekt und die Zuneigung" erworben habe. Trainer Zinédine Zidane sprach im "Kroos"-Film mit Hochachtung über den Mann, der nun gute Chancen hat, der Deutsche mit den meisten Einsätzen im Real-Trikot zu werden, vor Uli Stielike (308). Kroos' nonchalante Art, den Fußball zu interpretieren, erinnere ihn an sich selbst, sagte Zidane. Und ein Real-Masseur verriet, dass Kroos von den Kollegen der "Iceman" genannt werde. Denn: Bei ihm habe man immer das Gefühl, er sei so cool, dass er in der Halbzeit zum Handy greife und zuhause bei der Ehefrau anrufe, um zu sagen, dass er auf dem Heimweg noch Tomaten mitbringe - um dann wieder rauszugehen und ohne einen Anflug von Nervosität vor 80 000 Zuschauern aufzutreten.

Was sich bei Real ändert

Doch was den einen Grundlage für Bewunderung bietet, halten andere für Apathie, die in Zeiten der Krise kritisiert wird. So auch jetzt. "Ich bin halt keiner, der 30 Bälle pro Spiel erobert. Ich bin dafür da, das Spiel zu kontrollieren. Das ist für mich das Wichtigste, um Dinge zu gewinnen", sagte Kroos. Dass er aber zur Disposition gestanden hätte oder gar selbst, wie die Zeitung As kürzlich behauptete, Real verlassen wolle, dementierte Kroos am Montag durch Wort und Unterschrift. Zidane zähle auf ihn. "Ich werde wichtig sein", berichtete Kroos aus einem Gespräch mit Zidane.

Auch Kroos weiß freilich, dass bei Real nach dem titellosen Jahr Renovierungsarbeiten anstehen. Eden Hazard (FC Chelsea) will zu Real, doch die Klubs sind sich nicht über die Ablöse einig; der Wechsel von Torjäger Luka Jovic (Eintracht Frankfurt) gilt als perfekt. Auf der anderen Seite hat Torwart Keylor Navas sich am Sonntag nach der zwölften Saisonniederlage (0:2 gegen Betis Sevilla) schon verabschiedet, Mittelfeldzauberer Isco gilt als verzichtbar, ebenso Stürmer Gareth Bale. Der Waliser ist im Bernabéu-Stadion zur unerwünschten Person geworden. Den Kollegen bei Real hat Bale laut Onda Cero gesagt, dass er seinen bis 2022 laufenden Vertrag (17 Millionen Euro netto jährlich) ausbezahlt bekommen wolle - oder aussitzen werde: "Wenn ich nicht spielen darf, spiele ich halt Golf."

Der kalte Krieg mit Bale kommt für Real zur Unzeit. Eine mögliche Ablöseeinnahme für den Waliser könnte man jetzt, da Zidanes Wunschspieler Kylian Mbappé, 20, erstmals angedeutet hat, Paris St. Germain zu verlassen, gut gebrauchen. Er stehe an einem Wendepunkt in seiner Karriere, an dem er "mehr Verantwortung übernehme, vielleicht bei PSG, vielleicht woanders", sagte Weltmeister Mbappé. In Paris sind sie geschockt, obschon er eine exorbitante, in jedem Fall rekordverdächtige Ablösesumme einbringen würde. Auch Kroos weiß das. "Ich habe einen guten Vertrag. Aber leisten könnte ich ihn mir nicht", scherzte der deutsche Nationalspieler.

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