Toni Kroos im Interview:"Die 10 ist mir egal"

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Bayern-Rückkehrer Toni Kroos über Positionskämpfe in der Nationalelf, seine Ambitionen in München und die Rivalität mit dem jüngeren Bruder.

Ludger Schulze

SZ: Herr Kroos, haben Sie schon ein Signal vom Bundestrainer bekommen, dass Sie am Samstag im Testspiel gegen Ungarn spielen werden, oder gar, dass Sie endgültig mit zur WM fahren?

Toni Kroos: Nein, es ist ja noch Zeit bis zum Spiel und zur Entscheidung, wer mit nach Südafrika darf. Ich versuche mich halt anzubieten in jedem Training, jedem Testspiel; das ist bisher gut gelungen. Ich denke, ich habe die gute Form aus der Bundesliga-Saison mit Bayer Leverkusen gut herübertransportiert.

SZ: Wissen Sie, was Joachim Löw mit Ihnen plant?

Kroos: Wir haben nicht direkt darüber gesprochen. Aber er weiß natürlich, dass ich flexibel einsetzbar bin. Das kann im zentralen offensiven Mittelfeld sein oder auch auf der linken Seite - diese Varianten kommen mir am meisten entgegen.

SZ: Wenn wie erwartet Bastian Schweinsteiger im defensiven Mittelfeld spielt, wäre ja eine Planstelle auf der rechten Seite frei.

Kroos: Auch das wäre denkbar. Ich hab das ja schon ab und zu gespielt.

SZ: Wie sehen Sie sich denn selber? Uli Hoeneß hat beim FC Bayern München vor Jahren für Sie die Nummer 10 des klassischen Spielmachers vorgesehen.

Kroos: Das kommt ja im modernen Fußball eher selten vor. Ich habe das unter Jürgen Klinsmann beim FC Bayern zwei-, dreimal gespielt. Offensiv in der Raute. In Leverkusen bin ich eher von außen in die Mitte gezogen.

SZ: Jetzt, da Sie nach München zurückkehren, ist diese Nummer 10 vergeben - an keinen geringeren als Arjen Robben. Schmerzt Sie das?

Kroos: Das ist mir egal. In Leverkusen hatte ich jetzt eine Supersaison mit der Nummer 39. Ich glaub, die ist noch frei bei Bayern. Wichtiger ist, dass ich spiele.

SZ: Wie war denn das berühmte Gespräch mit Bayern-Trainer Louis van Gaal, das Sie vor einigen Wochen geführt haben? Eine Einsatzgarantie wird er Ihnen wohl kaum versprochen haben, aber welche Perspektiven hat er Ihnen aufgezeigt?

Kroos: Den genauen Inhalt des Gesprächs kann ich Ihnen nicht mitteilen, sonst hätten wir ja gemeinsam eine Pressekonferenz geben können. Ich halte es für wichtig, sich mit dem Trainer auszutauschen, unter dem man in der kommenden Saison spielen soll. Es wäre ja ungewöhnlich, dass man sich beim Auftakt-Training zum ersten Mal sieht. Grundsätzlich: Die ganze Rückhol- Aktion der Bayern würde ja keinen Sinn ergeben, wenn man da weiter machen würde, wo es aufgehört hat.

SZ: Da saßen Sie auf der Ersatzbank.

Kroos: Ich denke, es hat dieses eine Jahr in Leverkusen gebraucht, um auch denjenigen zu zeigen, was ich kann, die es vorher vielleicht noch nicht wussten. Selbstverständlich will ich meinen Platz in der Mannschaft finden.

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SZ: In Leverkusen hat es Ihnen gut gefallen, gerne sind Sie also nicht zurückgekehrt?

Kroos: So würde ich es nicht sagen. In München lief es zuletzt nicht so gut für mich, in Leverkusen hatte ich dagegen eineinhalb hervorragende Jahre. Dort lief es prima, ich habe auch in einer tollen Mannschaft gespielt und ich habe Tore geschossen. Da ist es doch wohl erklärbar, dass man sich mit einer Rückkehr erst einmal etwas schwertut. Aber jetzt denke ich, dass ich mich auch in München durchsetzen kann. Das haben wohl auch die Bayern so gesehen; als Spieler, der den Kader auffüllt, werden sie mich kaum geholt haben.

SZ: Ist es leichter, hier bei der Nationalmannschaft einen Platz in der ersten Elf zu finden als beim FC Bayern?

Kroos: Das muss man sehen. Hier sind die besten Spieler Deutschlands, und bei Bayern spielen von denen ja auch einige, obwohl man dort die finanziellen Möglichkeiten hätte, viele ausländische Spieler zu verpflichten.

SZ: Die Position, die Sie in Leverkusen gespielt haben, ist bei Bayern durch Franck Ribéry besetzt. Wo könnten Sie denn dort eingesetzt werden?

Kroos: Bayern wird auch künftig wieder viele Spiele haben. Offensiv muss man also breit aufgestellt sein. Van Gaal hat ja schon gesagt, dass er mich eher als zentralen Mittelfeldspieler sieht.

SZ: Sie waren überall stets der Jüngste. Wie lebt es sich mit diesem Status als Hochbegabter?

Kroos: Nach den ersten guten Spielen in der Profi-Mannschaft von Bayern wurde teils zu viel von mir erwartet. Dadurch hatte ich mehr Druck als andere junge Spieler. In der Jugend hieß es vor jedem Spiel, ah, der Kroos, das ist der Beste von denen. Daher haben die Gegner und auch die Zuschauer immer besondere Erwartungen an mich gestellt. Das war auch in Leverkusen so. Da haben alle gedacht, der kommt mit 19 jetzt vom FCBayern, da war er das große Talent, da gehen wir jetzt mal davon aus, dass er bei uns immer gut spielt. Eine schlechte Erfahrung war das nicht, ich habe so früh gelernt, mit Druck umzugehen.

SZ: Also richtig Zeit, sich in Ruhe zu entwickeln, hatten Sie nicht?

Kroos: Das kam auch durch die erste Zeit bei Bayern mit den guten Spielen unter Ottmar Hitzfeld, mit dem Tor im Uefa-Cup-Spiel bei Roter Stern Belgrad (Oktober 2007, 3:2 für den FC Bayern; Anm. d. Red.) - und da war in den Medien gleich die Rede vom Wunderkind. Dann kam die Zeit unter Klinsmann, die nicht so gut war für mich. Und spätestens, als ich nach Leverkusen kam, hieß es: So jetzt muss er aber mal, der Wunderknabe. Das war nicht so einfach.

SZ: Die Mutter der Klitschko-Brüder hat den beiden untersagt, gegeneinander zu boxen. Ihr 19-jähriger Bruder Felix hat soeben einen Vertrag bei Werder Bremen unterschrieben. Es könnte also gut sein, dass Sie im Bundesliga-Spitzenspiel der kommenden Saison gegeneinander antreten müssen.

Kroos: So weit würde es nicht kommen, dass unsere Mutter so was sagt wie die Mutter Klitschko. Felix ist zunächst mal für die zweite Mannschaft vorgesehen, um Spielpraxis zu erwerben. In der kommenden Saison wird es zu dem Treffen wohl noch nicht kommen.

SZ: Aber irgendwann schon, und dann würde die Grätsche ausgepackt?

Kroos: Mal sehen. Wenn das mal der Fall wäre, wäre das auch kein Problem.

© SZ vom 28.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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