Tommy Haas:Weltmeister des Comebacks

2017 Australian Open - Previews

Wollte noch Abschied nehmen: Tommy Haas beendet 2017 seine Karriere als Tennisprofi.

(Foto: Getty Images/Michael Dodge)

Der 38-jährige Tommy Haas beginnt in Melbourne mit seiner Abschiedstour. Sein erstes Spiel führt ihn auf den kleinen Court 8, was ihm egal ist. "Ich würde überall spielen", sagt er.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Als Tommy Haas vor einigen Tagen von Los Angeles kommend in Melbourne gelandet war mit dem Flugzeug, hatte er "viele Emotionen" im Gepäck, wie er sagt. Er ist "glücklich" ob der Möglichkeit, bei diesen Australian Open noch einmal antreten zu können. Das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres ist ja eine spezielle Veranstaltung für ihn. Dreimal stand er hier im Halbfinale - erstmals 1999, zuletzt 2007. Andererseits reiste Haas nicht aus purer Reminiszenz an die eigene Karriere an, er würde schon gerne "ein paar Matches" gewinnen. Auf Court 8 wird er am Dienstag gegen den talentierten, aber sehr launischen 27-jährigen Franzosen Benoît Paire antreten, kein großes Stadion, aber das ist ihm egal, "ich würde auf jedem Platz spielen", sagt er lächelnd. "Es ist erst mal wichtig, zurück zu sein."

Viele internationale Journalisten sind gekommen zu seiner Pressekonferenz, denn es ist längst kein Geheimnis mehr: Haas, der eine deutsche Tennis-Ära prägte, bestreitet mit 38 Jahren seine letzte Saison, selbst wenn er vielleicht 2018 noch irgendwo einmal einen Auftritt haben sollte.

"Es ist verrückt, wie die Zeit verflogen ist", sagt er, und seiner Stimme ist zu entnehmen: Er bedauert das. Und deshalb ringt er ja noch ein wenig mit dieser Zeit, die ihm schon hinterhältige Signale gesendet hat - dass er doch langsam mal in den verdienten Ruhestand gehen sollte.

Nach 15 Operationen in der Laufbahn - darunter allein vier schmerzhafte an der Schulter und 2016 als letzte eine am Fuß, die ihn achteinhalb Monate lahmlegte -, ist es ein kleines Wunder, dass Haas immer noch den Willen aufbringt, sich mit einer neuen Generation zu messen. Er ist eben der Rückkehr-Weltmeister, der ewige Comebacker, der ewige Haas. Er hat ja schon seinen ersten Anschluss-Job sicher, als Turnierdirektor des millionenschweren Masters-Turniers in Indian Wells. Nur war Haas schon immer ein Competitor, wie das im englischsprachigen Tennis so schön heißt, ein Wettkämpfer, der es liebt, furchtbar ehrgeizig zu sein und damit auch mal unbequem gegen sich selbst. "Es gab schon einige Momente, in denen ich ans Aufhören dachte, aber hier bin ich", sagt er und fügt lächelnd hinzu: "Man darf nicht alles ernst nehmen, was ich gesagt habe." Er, sonst gerne cool wie ein Eisblock, einer, der selten tiefere Gefühle öffentlich offenbart hat, staunt tatsächlich jetzt über sich selbst. Und dass er wirklich in Melbourne ist, wie er es sich vor acht Monaten exakt so vorgenommen hatte.

"Ich will nicht an mein Alter denken", sagt Haas, aber dieses Rennen gegen die Zeit, nein, das könne er nicht gewinnen. Als er sich zum Beispiel in Melbourne die Auslosung angesehen hat, "da waren 20, 25 Namen dabei, die mir nicht so vertraut sind", gibt er zu. Aus seiner Perspektive ist das ja nicht mal die nächste Generation, die anrückt, sondern im Grunde die über-, über-, übernächste.

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