Süddeutsche Zeitung

Tomas Rosicky:Der tschechische Mozart geht

  • Tomas Rosicky beendet nach Jahren geplagt von Verletzungen seine Karriere als Fußballer.
  • Der Tscheche wird in seiner Heimat aufgrund seines Stils als Mozart bezeichnet.
  • Sein ehemaliger Trainer Arsène Wenger sagte einmal: "Wenn du Fußball liebst, dann liebst du Rosicky."

Von Sebastian Fischer

Sein letztes Tor war kein Kunstwerk, aber es vollendete das Werk eines gebrochenen Künstlers. Kaum jemand hatte ja damit gerechnet, Tomas Rosicky noch mal auf dem Fußballplatz zu sehen. Fast ein Jahr lang war er zuvor wieder verletzt gewesen, die Muskelfasern, die Achillesferse. Aber dann lief er im September durch den Strafraum im Stadion von Sparta Prag, kein Gegenspieler bewachte ihn. Der Ball holperte auf ihn zu, Rosicky traf ihn nicht voll, doch es reichte zum 1:0. Er jubelte, als wüsste er um die Bedeutung des Moments. Er drehte sich zweimal zum Publikum und riss die Arme nach oben. Sie dankten es ihm wie nach zwei Zugaben in der Oper.

Rosicky hat in dieser Hinrunde elf Spiele in der tschechischen Liga bestritten, ein Tor geschossen, einmal war er noch Kapitän für den Verein, bei dem er 1998 zum Profi wurde, von dem er 2001 für rund 25 Millionen Mark zu Borussia Dortmund wechselte und berühmt wurde.

Rosicky klagt: "Es geht nicht mehr"

Doch am Mittwoch hat Rosicky, 37, gesagt, dass es vorbei ist. "Ich wollte immer weiter spielen. Jeder weiß, dass ich den Fußball liebe", sagte er. Nachdem sein Körper ihm seit Jahren deutliche Signale gesandt hatte, habe ihm nun auch der Verstand gesagt: "Es geht nicht mehr." Auf den Bildern steht er mit traurigen Augen hinter bunten Mikrofonen.

Ein Fan hat ein Video des letzten Tors bei Youtube hochgeladen und mit Mozarts kleiner Nachtmusik hinterlegt. Fußball und Klassik, das passt nicht zusammen, eigentlich. Rosicky allerdings nennen sie in Tschechien voller Hochachtung "Mozart", um seinem Stil gerecht zu werden. Er war nicht nur ein Mittelfeldspieler, er dirigierte und komponierte, er spielte Pässe mit dem Außenrist so gefühlvoll, wie Geiger über Saiten streichen. Er wirkte dabei stets zerbrechlich.

Rosicky ist deutscher Meister geworden, gewann zweimal den englischen Pokal mit dem FC Arsenal. Dessen Trainer Arsène Wenger sagte einmal: "Wenn du Fußball liebst, dann liebst du Rosicky." Doch es sind die Verletzungen, die Rosickys Karriere noch mehr geprägt haben: Operationen am Knie und der Achillessehne, immer wieder Faserrisse. "Es ärgert mich", sagte er, "dass ich nie dahin gekommen bin, wie gut ich hätte sein können."

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SZ vom 21.12.2017/tbr
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