Tokio 2020:Aktueller Kostenstand: 22 Milliarden Euro

Tokio 2020: Tsunekazu Takeda, 71, ein ehemaliger Springreiter, ist Chef des Nationalen Olympischen Komitee Japans. Im Organisationskomitee für Tokio 2020 fungiert er als Vizepräsident.

Tsunekazu Takeda, 71, ein ehemaliger Springreiter, ist Chef des Nationalen Olympischen Komitee Japans. Im Organisationskomitee für Tokio 2020 fungiert er als Vizepräsident.

(Foto: Toshifumi Kitamura/AFP)

Die Sommerspiele sollen ein "Olympia des Wiederaufbaus" werden. Fest steht: Sie werden weitaus teurer als erwartet.

Mehr Transparenz, mehr Nachhaltigkeit und mehr Bescheidenheit: All das hatten das Internationale Olympische Komitee (IOC) und sein Präsident Thomas Bach für die Sommerspiele in Tokio 2020 versprochen. 500 Tage vor Olympia in Japan fehlt es jedoch noch an vielem. Vor allem aber sind die Kosten explodiert.

Nach Angaben des japanischen Rechnungshofs sollen die Spiele 22 Milliarden Euro teuer werden. Bei der Bewerbung war das Land noch von knapp sechs Milliarden Euro ausgegangen. Diese massive Steigerung ist nun auch zu einem Imageproblem für das IOC geworden, das mit der Ausrichterstadt Tokio ein Beispiel dafür schaffen wollte, wie man Spiele für Gastgeberländer wieder erschwinglicher gestalten kann; "Agenda 2020" heißt das Stichwort.

Nicht nur die Sportstätten, auch die Sicherheitsvorkehrungen für eine drohende Hitzewelle und mögliche Taifune sollen die Gründe für die horrenden Ausgaben sein. Offenbar wurden aber auch Programme eingerechnet, die - zumindest aus Veranstaltersicht - nur einen entfernten Bezug zu Olympia hatten. Die Organisatoren hatten im Dezember selbst einen Etat von 10,3 Milliarden Euro angegeben.

Um Geld einzusparen, wurde die Kapazität des für ursprünglich 650 Millionen Euro geplanten futuristischen Olympiastadions von 80 000 auf 68 000 Plätze verringert. Die auf 1,8 Milliarden Euro ausgeuferten Kosten sollten nun auf 1,22 Milliarden Euro gesenkt werden. Und auch der Etat für andere Projekte wie die Schwimmarena wurde reduziert.

Insgesamt werden für die zweiten Olympischen Sommerspiele in Tokio nach 1964 im kommenden Jahr 43 Wettkampfstätten genutzt: 25 bestehende, zehn temporäre und acht neue dauerhafte Anlagen. Entsprechend den Vorgaben des IOC für mehr Nachhaltigkeit verzichtete das Organisationskomitee auf drei weitere neu zu errichtende dauerhafte Sportstätten.

Bedingt durch das Sparprogramm werden die Baseball- und Softballwettbewerbe im 240 Kilometer entfernten Fukushima stattfinden. Auch der olympische Fackellauf soll im März 2020 an jenem Ort beginnen, an dem infolge des Tsunamis vom 11. März 2011 und der daraus resultierenden Reaktorkatastrophe mehr als 18 500 Menschen ums Leben kamen. Das Großereignis soll der damals zerstörten und verseuchten Region wieder Leben einhauchen. Bei Menschenrechts- und Umweltorganisationen stößt das Vorhaben indes auf Kritik: Sie weisen auf anhaltende gesundheitliche Gefahren hin. Das IOC und die Organisatoren vor Ort sehen dies anders.

Für die Beteiligten war und ist der Weg zum "Olympia des Wiederaufbaus", das vom 24. Juli bis 9. August 2020 stattfindet, auch noch aus anderen Gründen schwierig. Im September 2015 zog das Organisationskomitee das offizielle Logo zurück: Der Entwurf des Japaners Kenjiro Sano wies Ähnlichkeiten mit dem Logo des belgischen Theaters von Lüttich auf. Zwar wurde der Plagiatsvorwurf später fallengelassen und Ende April 2016 das neue Logo vorgestellt, doch die Blamage blieb im Hinterkopf. Für einen bitteren Beigeschmack sorgte zudem der Verdacht französischer Ermittler, Japans Chefolympier Tsunekazu Takeda habe angeblich knapp zwei Millionen Euro an eine Briefkastenfirma in Singapur überwiesen, damit Tokio den Zuschlag für die Spiele erhält. Japan hatte 2013 Madrid und Istanbul ausgestochen. Takeda wies die Verdächtigungen von sich.

Im Februar erschütterte die Japaner dann tragischerweise noch die Nachricht von der Leukämiediagnose der Schwimmhoffnung Rikako Ikee. Die 18 Jahre alte Athletin hatte bei den Asienspielen 2018 in Indonesien als erste Schwimmerin der Geschichte sechs Goldmedaillen gewonnen. Sie hält mehrere nationale Rekorde und galt für Olympia vor allem über 100 Meter Schmetterling als eine der Favoritinnen. Die junge Schwimmerin sollte das Gesicht der Spiele von Tokio werden, jetzt kämpft sie um ihre Gesundheit.

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