Todestag von Robert Enke:"Eine ganze Menge Heuchelei"

Enge Freunde, Mitspieler und Kritiker des Fußballs äußern sich ein Jahr nach dem Suizid von Robert Enke. Wie hat sich die Rolle des Fußballprofis in Deutschland verändert - wenn überhaupt? Die Reaktionen im Überblick

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Pressekonferenz von Hannover 96

Quelle: ddp

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"Ich habe menschlich zwar Verständnis, dass das persönliche Umfeld, das von der Krankheit wusste, ihn geschützt hat. Aber ich denke, hätten sie anders gehandelt, hätte man vielleicht andere Optionen haben können. Vielleicht sogar, dass Robert Enke heute noch leben würde."

Martin Kind über die Trauerfeier:

"Wir waren überzeugt, dass wir das angemessen und richtig machen. Aber im Nachhinein würde ich mit kritischer Distanz empfehlen, einiges anders zu machen, als wir es getan haben."

(Martin Kind, Präsident von Hannover 96, im NDR Sportclub)

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Quelle: SZ

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"Solch ein Satz ist ein Stich ins Herz. Ich finde solch eine Äußerung aus Sicht der Hinterbliebenen problematisch, weil hier scheinbar Schuld verteilt wird."

(Ulrich Hegerl, Vorstand der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, als Reaktion auf Martin Kind)

1. Todestag von Robert Enke

Quelle: dapd

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"Ich denke, es war auch Roberts Anliegen, die Krankheit zu enttabuisieren. Sein Tod soll Betroffenen Aufschub geben, damit offen umzugehen. Es gibt viele Briefe von Betroffenen; so viele, dass ich es nicht schaffe, sie zu beantworten. Die Menschen nehmen Anteil an meinem Schicksal oder schildern ihre Situation, was mir manchmal sehr nahegeht."

(Theresa Enke, Ehefrau von Robert Enke im kicker)

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Quelle: AFP

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"Die Erinnerungen kommen, allein schon weil ich natürlich von neuen Mitspielern hier auf das Ereignis angesprochen werde."

Bei der Trauerfeier war Bruggink einer der Sargträger:

"Das würde ich jederzeit wieder tun. Das war richtig und wichtig."

(Arnold Bruggink, Profi beim FC Twente und damaliger Mannschaftskollege von Robert Enke bei Hannover 96, im kicker).

Hans Meyer

Quelle: ag.ap

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"In unserer Gesellschaft, wo die Ellenbogen richtig arbeiten, ist das ein Riesenproblem. Was sollen wir an dem System des Leistungfußballs ändern? Wenn ich höre, der Junge hat sich geoutet und ist psychisch krank - soll ich etwas ganz Brutales sagen? Dann ist der nicht für den Leistungsfußball geeignet. Dass Robert Enke trotzdem so phantastische Leistungen gebracht hat, erschüttert mich jedes Mal. In unserer Aufarbeitung ist eine ganze Menge Heuchelei. Unsere Gesellschaft gibt das nicht her. Wenn sich jemand outet und sagt, er sei krank, als hätte er einen Schnupfen, er müsse mal 14 Tage raus und sich intensiv behandeln lassen. In diesem Fußball kann das nicht angenommen werden."

(Fußballtrainer Hans Meyer im Blickpunkt Sport)

FC St. Pauli - Andreas Biermann

Quelle: dpa

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"Depression wird als Schwäche gesehen, und dafür ist im Fußball kein Platz. Die Befürchtungen, die ich hatte, bevor ich meine Krankheit öffentlich gemacht habe, haben sich bestätigt. Ich würde keinem depressiven Profi empfehlen, seine Krankheit öffentlich zu machen."

(Andreas Biermann, früherer Profi beim FC St. Pauli und selbst depressiv, zur Welt am Sonntag)

Theo Zwanziger

Quelle: dpa

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"Was sich nun in unserer Gesellschaft seit dem schrecklichen Tod von Robert Enke geändert hat, das kann man nicht messen. Das sind Prozesse, die viele Jahre dauern. Für mich ist es jedenfalls gut, dass man sich ein Jahr danach wieder so intensiv mit diesem Thema beschäftigt."

(Theo Zwanziger, DFB-Präsident)

Gunter Gebauer

Quelle: dpa

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"Ein Fall Enke könnte sich jederzeit wiederholen. Es ist nichts geschehen, was ihn verhindern könnte. Herr Zwanziger fühlt sich getrieben, gleich alle Probleme des Fußballs zu lösen: die Depressiven, die Schwulen, die Missbrauchten sollen sich an ihn wenden. Aber hat er sich nur ein einziges Mal überlegt, was es für Folgen hat, wenn er seine breite Brust anbietet? Er ist der Letzte, der einen Menschen schützen kann, der seine Schwäche offenbaren will. Funktionäre wie er sind am Erfolg in einer knallharten Welt interessiert und sortieren alles aus, was Misserfolg bringt. Diese beiden Seiten passen definitiv nicht zusammen."

(Gunter Gebauer, Sportsoziologe, zu den Lehren aus der Enke-Tragödie)

Neblung

Quelle: imago sportfotodienst

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"Vor einem Jahr hätte man es leichtfertig darauf geschoben, dass er Beziehungsprobleme hat. Heute kommt eher der Gedanke an eine mögliche Depression. Die Informationen, die ich durch meine Situation als Enke-Berater erhalte, lassen den Schluss zu: Es gibt Depressive in allen Fußball-Ligen."

(Jörg Neblung, früherer Berater von Robert Enke, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung über die Gründe für den Suizid)

Jörg Schmadtke wird Sportdirektor bei Hannover 96

Quelle: dpa

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"Die Mechanismen sind zu stark im Moment. Und die Protagonisten im Sport sind nicht stark genug, um dagegen anzugehen."

(Jörg Schmadtke, Sportdirektor von Hannover 96, im Blickpunkt Sport auf die Frage, ob nach Enkes Suizid ein Umdenken stattgefunden habe)

DFB POKAL ULM - NÜRNBERG

Quelle: SZ

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"Es ist sehr schwierig, so etwas zu begreifen. Inzwischen habe ich es akzeptiert, weil es Roberts Entscheidung war. Erst wenn der erste Schockzustand vorbei ist, wird einem klar, dass es endgültig ist. Wir werden nie wieder Gespräche führen, nicht mehr zusammen in den Urlaub fahren. Robert fehlt."

(Marco Villa, früherer U21-Nationalspieler, hier beim DFB-Pokalspiel gegen den SSV Ulm, über den Tod seines Freundes Robert Enke)

© sueddeutsche.de/ebc/hum
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