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Tod des Vielseitigkeitsreiters Winter:Er kannte das Risiko

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Die Bedingungen waren perfekt, der Kurs freundlich - dennoch kam der Vielseitigkeitsreiter Benjamin Winter ums Leben. Viele werden jetzt die Abschaffung der Disziplin fordern. Doch dass die Reiter den Sport betreiben wollen, muss man respektieren.

Ein Kommentar von Gabriele Pochhammer

Obwohl viele tausend Menschen gekommen waren, lag eine merkwürdige Stille über dem Turnierplatz in Luhmühlen. Niemand lachte, die Menschen standen in kleinen Grüppchen beisammen, keiner sprach laut. Die Fahnen am Rande des Platzes wehten auf Halbmast, die Reiter trugen beim Springen eine schwarze Armbinde. Die Reiterszene war in Fassungslosigkeit erstarrt.

Es gab genügend Grund, mit dem Schicksal zu hadern: Anfang Mai, bei der schwersten Prüfung der Welt im britischen Badminton, bei Regen, Sturm und matschigem Boden, erreichten nur 32 von 86 Reitern das Ziel, Olympiasieger und Weltmeister gingen mit und ohne Pferd zu Boden - doch jeder, ob Mensch oder Pferd, konnte gesund und auf eigenen Beinen den Platz verlassen. In Luhmühlen kamen unter perfekten Bedingungen über einen viel freundlicheren Kurs ein Reiter und ein Pferd ums Leben, zwei weitere Reiter stürzten krankenhausreif.

Wahrscheinlich werden jetzt wieder viele Leute die Abschaffung der Vielseitigkeit fordern. Für Außenstehende reduziert sich dieser Sport oft auf Stürze und überforderte Pferde, und die hitzigen Diskussionen werden mit jedem tragischen Unfall neu befeuert.

Wer einen solchen Sport betreibt, weiß, dass bei allem Können und bei bester Vorbereitung ein Restrisiko bleibt, das selbst ein ausgefeiltes Regelwerk nicht auf Null reduzieren kann. Auch Benjamin Winter wusste das, er ging das Risiko bewusst ein für den Vielseitigkeitssport, der sein Leben war. Wie für seine Kollegen im Sattel.

Das Risiko lässt sich nicht wegreden

Es ist nicht der Nervenkitzel der Gefahr, der einen Vielseitigkeitsreiter treibt, es ist das glücksbringende Gefühl, mit seinem Pferd eine außerordentliche Leistung zu erreichen, für die mehr Trainingsmühe nötig ist, als in jedem anderen Pferdesport, mit dem Tier eine Partnerschaft zu bilden. Die Vielseitigkeit fördert die besten Eigenschaften im Sportler. Für die langwierige Ausbildung des Pferdes braucht es Geduld und Stehvermögen. Der Reiter muss auf die Gesundheit seines Pferdes Rücksicht nehmen.

Im Tennis gibt es bei Verschleiß einen neuen Schläger, in der Formel 1 ein neues Auto - aber jedes Pferd ist eine nicht nachbaubare Einzelanfertigung. Es kann Monate oder Jahre dauern, bis ein gleichwertiger Ersatz heranreift. Ein Vielseitigkeitsreiter muss lernen, mit Frust umzugehen, er kann viel seltener starten als im Springen und der Dressur. Geld spielt eine viel geringere Rolle.

Vielseitigkeitspferde kosten keine Millionen, auch für die Preisgelder würde kaum ein Top-Springreiter sein Ross satteln. Und es ist undenkbar, dass sich drittklassige Reiter mit teuren Pferden in den Spitzensport einkaufen. Der Sport erfordert Mut, Umsicht und Entscheidungsfreude, nur bedingt Kraft, aber ein gutes Gefühl für das Pferd und die eigene Körperbalance. Das Risiko lässt sich nicht wegreden. Die Entscheidung des Sportlers, diesen Sport dennoch auszuüben, ist zu respektieren.

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Quelle:
SZ vom 16.06.2014
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