Tischtennis:Triple Nummer vier

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Dreifachgewinner: Borussia Düsseldorfs Spitzenspieler Timo Boll mit den Trophäen für den nationalen Pokalsieger, die Champions League und die deutsche Mannschaftsmeisterschaft. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft vollendet Borussia Düsseldorf einen Erfolg, der noch keinem anderen deutschen Klub in keiner anderen Sportart gelungen ist

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Als der 40 Jahre alte Timo Boll am Sonntagmittag zu seinem Einzel an den Tisch trat, dröhnte die Rock-Hymne "Smells like teen spirit" aus den Lautsprechern der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle. Sie haben also Humor in der Tischtennis-Bundesliga. Vier Sätze später hatte Boll dann aber selbst gut lachen. Er versprüht tatsächlich auch in vorgerücktem Sportleralter noch jugendlichen Spirit. Sein 3:1-Sieg über den zehn Jahre jüngeren Chinesen Shang Kun bedeutete die wegweisende 2:1-Führung für Borussia Düsseldorf. Am Ende gewann der deutsche Rekordmeister das Bundesliga-Playoff-Finale gegen den Vorjahressieger 1. FC Saarbrücken 3:1. Damit machten Boll und die Borussia ihr viertes gemeinsames Triple perfekt. Nach 2010, 2011 und 2018 gewannen sie erneut Meisterschaft, Pokal und Champions League binnen einer Saison. Vier Triples hatte noch in keiner Sportart jemals ein deutscher Klub gewonnen.

Um 13.29 Uhr und nach einer Gesamtspielzeit von gerade mal zweidreiviertel Stunden betanzten die Düsseldorfer den 74. Titel für ihren Verein: 31 Meisterschaften, 27 Pokalsiege und 16 Europapokal-Triumphe. Das jüngste Triple kommt aber durchaus überraschend, nachdem die Düsseldorfer zwischen Mai 2018 (Meisterschaft) und Dezember 2020 (Champions League) rund zweieinhalb Jahre lang und damit über zwei Spielzeiten hinweg keine einzige Trophäe gewonnen hatten.

Dass sie derart wiedererstarkt sind, liegt am fitten Boll ebenso wie am sportlichen Höhenflug ihrer beiden Schweden Kristian Karlsson, 29, und Anton Källberg, 23. Letzterer ist mit einer Saisonbilanz von 29:2 Siegen der beste Spieler der Bundesliga; in allen drei Wettbewerben kommt er sogar auf eine Bilanz von 40:3. "Anton ist der Shootingstar dieser Saison", schwärmte Borussias Chef Andreas Preuß. "Es fühlt sich unglaublich gut an", sagte er dann am Sonntagnachmittag über die Meisterschaft und das damit vollendete Triple: "Wir hatten ja nicht nur zwei Jahre lang keinen Titel gewonnen, sondern waren in dieser Zeit in überhaupt keinem Endspiel."

Für den Bundestrainer ist Timo Boll der Roger Federer des Tischtennissports

Umso erleichterter und regelrecht euphorisch fuhr Borussias Belegschaft am späten Nachmittag heim nach Düsseldorf, um dort in der Trainingshalle in überschaubarem Kreis ein Siegerbankett auszukosten. "Leider konnten wir alle unsere Erfolge nicht mit den Fans feiern", sagte Preuß, "also müssen wir im nächsten Jahr wieder Titel gewinnen, um das nachzuholen."

Nachdem die Düsseldorfer im vergangenen Dezember die wegen Corona im komprimierten Format in Düsseldorf ausgetragene Champions League bereits 3:1 gegen Saarbrücken gewonnen hatten, wiederholten sie ihre Dominanz nun auch auf neutralem Boden in Dortmund. Der Slowene Darko Jorgic hatte die Saarbrücker gegen Karlsson im einzigen engen Fünf-Satz-Match zwar 1:0 in Führung gebracht, doch die anschließenden Einzel dominierten mit Källberg (3:1 gegen Patrick Franziska), Boll und wieder Källberg (3:1 gegen Jorgic) die Düsseldorfer.

Dass es kaum richtig spannend wurde, war aber auch schon das einzige Manko dieses Tischtennis-Events. Fünf der sechs Spieler rangieren in den Top-53 der Weltrangliste. Mit Ausnahme des Chinesen Shang Kun werden sich Ende des Monats alle bei der Einzel-Europameisterschaft in Warschau wiedersehen. Der Düsseldorfer Boll und der Saarbrücker Franziska spielen dann für Deutschland im Doppel.

Die EM ist die Generalprobe für das olympische Tischtennisturnier Ende Juli/Anfang August in Tokio. Boll möchte dort im Spätherbst seiner Karriere bei seiner sechsten Olympiateilnahme endlich seine erste olympische Einzelmedaille gewinnen. Der Bundestrainer Jörg Roßkopf glaubt aber nicht, dass es Bolls letzte olympische Chance wird. "Timo wird noch lange spielen", sagt Roßkopf, "er ist für mich der Roger Federer des Tischtennis."

Nächste Saison könnte für Düsseldorf auch noch das fünfte Triple folgen. Denn das Trio aus Boll, Källberg und Karlsson wird der Borussia erhalten bleiben. Genauso wie Franziska, Kun und Jorgic bei Saarbrücken. Vieles deutet auf eine Wiederholung dieses Endspiels hin. Die Karten werden dann je nach Tagesform aber gewiss neu gemischt.

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