Tischtennis:Solide Wahl

An Jaehyun Ulm

Überrascht mit seiner Leistung sogar Ulms Klubchef: An Jaehyun.

(Foto: Ulmer/oh)

Der Bundesliga-Neuling TTC Neu-Ulm siegt gegen den Meister Ochsenhausen. An Jaehyun und Viktor Brodd überraschen zurzeit positiv.

Von Andreas Liebmann

Es hätte ein brasilianisches Feuerwerk werden können. Theoretisch. Der spektakulär aggressive junge Angreifer Hugo Calderano, als Nummer sechs der Weltrangliste der beste nichtasiatische Tischtennisspieler der Gegenwart, gegen Gustavo Tsuboi, den zwölf Jahre älteren Routinier, immerhin Nummer 28 der Welt. 23 gegen 35 Jahre. Rio de Janeiro gegen São Paolo. Zwei emotionale Spieler, die am Tisch manchmal wirken, als hätten sie ein, zwei Energy-Drinks zu viel intus. Stattdessen standen sich am Sonntag im Duell des Liganeulings TTC Neu-Ulm mit Meister Ochsenhausen der Schwede Viktor Brodd und der Pole Jakub Dyjas gegenüber. Brodd, 29, hat eher kontrollierte Bewegungen, leicht schütteres Haar, ab und zu ballte er kurz die Faust. Er unterlag Dyjas in 1:3 Sätzen, was keine Schande war, seine Mannschaft aber gewann dieses Erstliga-Derby 3:1. Es war der bislang größte Erfolg des Teams, das mit einer Wildcard in die Liga kam, und es war bereits sein vierter Saisonsieg. Das wiederum hat durchaus auch mit Brodd zu tun.

Der Meister kam geschwächt. In Simon Gauzy und Hugo Calderano fehlten zwei Topleute, Letzterer, weil er gerade erst von einem Turnier in Lima (Peru) zurückgekehrt war. Gleiches galt für Neu-Ulms Tsuboi, allerdings hatten die Gastgeber, als sie vor Wochen verkündeten, dass ihr Routinier demnächst einige Turniere in Südamerika bestreiten werde, auch nicht unbedingt so geklungen, als würden sie deshalb nun den Betrieb einstellen. Denn ihr nominell Bester hatte zu Saisonbeginn enttäuscht, er gewann lediglich eins seiner vier Einzel. Vor einem Monat bekam dann plötzlich Brodd den Vorzug - und der führte sein Team gegen Fulda prompt zum zweiten Saisonsieg. Der Schwede gewann drei seiner ersten vier Einzel, dabei müsste er in Europas stärkster Liga eigentlich fast chancenlos sein. In der Weltrangliste steht er gut 450 Plätze hinter Gustavo Tsuboi.

Manchmal ist eine etwas solidere Wahl doch die bessere, das hatte zuletzt auch der neue Heimspielort der Neu-Ulmer gezeigt. Sie waren aus der arg überdimensionierten Ratiopharm-Arena ins kleinere Edwin-Scharff-Haus umgezogen, wo sie dann in der Vorwoche trotzdem fast 400 Zuschauer empfingen, mehr als zuvor. Nur wegen des Derbys (Ochsenhausen und Neu-Ulm liegen nur 50 Kilometer auseinander) kehrten sie am Sonntag in die Arena zurück, was sich angesichts von mehr als 800 Zuschauern aber auch als kluge Entscheidung erwies. Dass es diesmal nicht auf Brodd ankommen würde, der der gegnerischen Nummer eins Dyjas 9:11, 14:16, 11:9, 6:11 unterlag, war klar. Schließlich hat der TTC neben dem bisherigen Führungsspieler Tiago Apolonia (der sich in 3:1 Sätzen gegen Stefan Fegerl durchsetzte) inzwischen auch den WM-Dritten An Jaehyun zur Verfügung. Und der 19-Jährige hat seit seiner Auftaktpleite gegen Paul Drinkhall nichts mehr verloren. Am Sonntag setzte er sich zunächst 11:8, 11:8, 11:8 gegen Vladimir Sidorenko durch und im Anschluss 14:12, 11:7, 15:13 gegen Dyjas. "An Jaehyun scheint noch besser zu sein, als wir gedacht haben", stellte Klubchef Florian Ebner fest. Das dürfte wohl auch für Viktor Brodd gelten.

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