Tischtennis:Ein Sieg nahe einer Sensation

Tischtennis: German Open

Deutschlands bester Spieler: Dimitrij Ovtcharov.

(Foto: Ronny Hartmann/dpa)
  • Dimitrij Ovtcharov hat in diesem Jahr schon die Indian Open, die China Open, die Bulgarian Open, die Swiss Open und den prestigeträchtigen World Cup gewonnen.
  • Bei den German Open in Magdeburg schlägt er im Achtelfinale das erste Mal in diesem Jahr einen Chinesen.
  • Die Art seines Sieges gleicht einer Demütigung.

Von Ulrich Hartmann

Man kann im globalen Spitzentischtennis den dominanten Chinesen eigentlich nicht aus dem Weg gehen. Sie lauern überall. Dimitrij Ovtcharov hat es trotzdem zehn Monate lang geschafft. Deutschlands bester Spieler hat in diesem Jahr schon die Indian Open, die China Open, die Bulgarian Open, die Swiss Open und den prestigeträchtigen World Cup gewonnen, außerdem hat er bei der Einzel-Weltmeisterschaft in Düsseldorf mitgespielt - und kein einziges Mal hat er bei all diesen hochkarätigen Wettbewerben einen der starken Chinesen am anderen Ende des Tisches stehen gehabt.

Das hatte unterschiedliche Gründe: In Indien, Bulgarien und in der Schweiz haben keine Chinesen mitgespielt, bei ihrem Heimturnier in Chengdu haben sie verbandsintern gegen die Absetzung ihres Nationaltrainers Liu Guoliang gestreikt, bei der Weltmeisterschaft in Düsseldorf hat Ovtcharov bereits im Achtelfinale gegen den Japaner Koki Niwa verloren - und beim World Cup in Lüttich hatte sein Endspielgegner Timo Boll zuvor in überragender Manier die beiden Chinesen Lin Gaoyuan und Ma Long eliminiert. Ovtcharov schien dieses Jahr bislang ein Günstling zu sein - aber am Samstag, als damit Schluss war, hat er bewiesen, in welch bestechender Form er ist. Er hat den Chinesen Yan An im Achtelfinale binnen 32 Minuten gedemütigt.

In Magdeburg werden an diesem Wochenende die German Open ausgespielt. Sie gehören zur sechsteiligen World-Tour-Platinum-Serie, auf der es um Punkte für die World Tour Grand Finals Mitte Dezember in Astana/Kasachstan geht, sowie insgesamt um - für Tischtennis-Verhältnisse - extrem viel Geld. Auf der World Tour sind also auch die Chinesen zu Gast. Sie spielen außerhalb Asiens sonst eigentlich nur bei Olympia und bei der WM mit, aber in Magdeburg waren seit Freitag gleich fünf Chinesen am Start. Nach seinem 4:1-Erstrundensieg gegen den Ungarn Bence Majoros traf Ovtcharov am Samstagnachmittag im Achtelfinale also auf Yan An - seinen ersten Chinesen in einem großen Turnier in diesem Jahr.

Am Sonntag wartet eine noch höhere Hürde

Yan An, 24 Jahre alt, Nummer 14 der Weltrangliste, hatte dieses Jahr die Hungarian Open in Budapest gewonnen und kürzlich bei den Austrian Open in Linz erst im Endspiel gegen seinen Landsmann Lin Gaoyuan verloren. Yan An ist ein Weltklasse-Mann, aber er gehört nicht zu den vier, fünf stärksten Chinesen. Trotzdem grenzte es an eine Sensation, wie deutlich Ovtcharov gegen ihn gewonnen hat: Beim 4:0 (8, 8, 5, 6) gönnte er Yan An bloß 27 Punkte. Es war eine Demonstration der Stärke.

Am Abend im Viertelfinale blieb dem Weltranglisten-Dritten Ovtcharov ein weiterer originärer China-Repräsentant zunächst erspart. Während Timo Boll gegen den Chinesen Lin zum zweiten Mal binnen eines Monats 4:1 gewann, siegte Ovtcharov gegen den für den Verband Hongkong startenden Chun Ting Wong mit 4:2. Dass Ovtcharov hier nicht bereits auf einen weiteren Chinesen getroffen ist, lag daran, dass Wong im Achtelfinale jenen Portugiesen besiegt hatte (Tiago Apolonia), der in der ersten Runde überraschend deutlich den früheren Weltmeister und Olympiasieger Zhang Jike eliminiert hatte.

Um 24 000 Dollar Siegprämie geht es in Magdeburg. Ovtcharov, 29, erlebt eine der besten Phasen seiner Karriere. Ein halbes Jahr, nachdem er bei der Heim-WM in Düsseldorf enttäuschenderweise bereits im Achtelfinale gescheitert war, übernimmt er am Montag die Führung in der World-Tour-Rangliste und spielt im Dezember in Astana um 100 000 Dollar Siegprämie. Die Chinesen werden sich ihm am Sonntag in Magdeburg noch einmal prüfend in den Weg stellen. Im Halbfinale am Sonntagmittag erwartet ihn bereits der topgesetzte Fan Zhendong. Aber Ovtcharov hat eindrucksvoll bewiesen, dass er zwischen der stärksten Tischtennis-Nation der Welt und Konkurrenz anderer Provenienz keinen dramatischen Unterschied mehr machen muss. Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov haben den Kampf gegen die Chinesen richtig aufgenommen.

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