Der Überlieferung nach war es Michelle Obama, die vor 16 Jahren das richtige Gespür bewies. Er selbst sei vom Slogan "Yes We Can" gar nicht so überzeugt gewesen, räumte Barack Obama später einmal ein, aber auf Anraten seiner Ehefrau war er dann doch damit in den US-Wahlkampf gezogen und bekam das Präsidentenamt.
So begann, wenn auch weit hergeholt, irgendwie auch die Geschichte jener textmarkergelben T-Shirts, mit denen die Tischtennisfans des TSV Bad Königshofen am Sonntag zum zweiten Mal binnen wenigen Tagen die Reise nach Düsseldorf angetreten hatten, zum entscheidenden dritten Playoff-Halbfinalspiel um die deutsche Meisterschaft. "YES WE KÖN" stand darauf geschrieben, drei Silben, die den Stolz der Kleinstadt über die erste Playoff-Teilnahme in der Geschichte ihres Tischtennisvereins widerspiegelten, extra angefertigt für diesen Anlass. Dass ihr Team letztlich mit 0:3 am Rekordmeister scheiterte, hat die bekannte Euphorie der Bad Königshöfer Anhänger wenig bis gar nicht gebremst.
Das KÖN auf den Nummernschildern des 6000-Einwohner-Orts gibt es seit 2013, seit auch im Freistaat Bayern die Kennzeichenliberalisierung umgesetzt wurde. Mit solchen Nummernschildern wird seitdem vielerorts ein bisschen Lokalpatriotismus ausgedrückt, und davon haben sie in Bad Königshofen reichlich. Mit geringen Mitteln und viel kreativem Engagement hat es ihre Tischtennissparte weit gebracht. Sie hat als Tabellendritter in der abgelaufenen Saison ehemalige deutsche Meister hinter sich gelassen, Bremen, Ochsenhausen, Grenzau. Dabei war der TSV Bad Königshofen 2013, als das KÖN eingeführt wurde, gerade mal frisch in die zweite Liga aufgestiegen, und 2008, als Barack Obama erstmals die optimistischen Worte "Yes We Can" aussprach, da war er noch in der sechstklassigen Landesliga Nord-West unterwegs. Borussia Düsseldorf dagegen, so viel zur Einordnung, war auch 2008, wie fast immer, deutscher Meister und gewann 2013, ebenfalls wie fast immer, den deutschen Pokal - auch damals schon mit Timo Boll.
Zweimal hat Steger Pech in Düsseldorf - die Fans besingen ihn trotzdem
Nicht einmal die deutsche Legende hatte es allerdings verhindern können, dass die Düsseldorfer zum Beginn der Serie überraschend in Rückstand geraten waren. Auswärts hatten sie am Pfingstmontag nach einigen engen Matches 1:3 verloren. Der japanische Routinier Jin Ueda hatte im Auftaktspiel zunächst Boll und später den Schweden Anton Källberg bezwungen, und auch Bastian Steger, der ebenso wie Boll bereits 43 ist, hatte sich gegen Källberg durchgesetzt. Wer weiß, wie dann alles gelaufen wäre, hätte Steger am vergangenen Donnerstag in Düsseldorf seine 2:1-Satzführung gegen Dang Qiu genutzt. Das hätte auch auswärts die Führung bedeutet für die Unterfranken.
Steger aber verlor knapp gegen den Europameister von München. Düsseldorf setzte sich mit 3:0 durch und glich in der Serie aus. Und am Sonntag, nach einem neuerlich ungefährdeten Erfolg, bilanzierte Boll, sein Team habe nach der Auftaktniederlage hart trainiert, sich viele taktische Gedanken gemacht - und dann vor allem seinen Heimvorteil genutzt. Der besondere Trumpf des TSV Bad Königshofen - das Schlussdoppel, in dem er die gesamte Saison über nicht bezwungen wurde -, kam in dieser Halbfinalserie dagegen kein einziges Mal zum Zug.
Es wäre am Sonntag trotzdem mehr drin gewesen für die Gäste, denn Steger hatte (diesmal als Nummer eins) phasenweise mehr als nur mitgehalten mit dem für Paris nominierten Schweden Källberg. Bis zur 9:3-Führung im dritten Satz hatte er seinem 26-jährigen Kontrahenten ein paar unerreichbare Vorhandbälle um die Ohren gehauen, diesen Durchgang dann aber doch noch 10:12 verloren. Und auch im vierten Satz ließ er einen 8:5-Vorsprung ungenutzt. Im Auftakteinzel am Sonntag hatte sich Dang Qiu erneut als zu stabil erwiesen für Filip Zeljko, und Ueda war zum Abschluss gegen Boll diesmal chancenlos.
Teammanager Andreas Albert war danach trotzdem bester Laune. Steger habe in Düsseldorf zweimal "superstark gespielt", urteilte er, es sei Pech gewesen, dass diese Spiele nicht zu ihnen hinübergefallen seien. Und auch die Fans haben ihre Playoff-Trikots danach nicht etwa frustriert unter den Sitzen versteckt, sondern sie auch auf der Rückfahrt mit Stolz getragen. Beim Anruf im Fanbus waren trotz der Niederlage Fanchöre zu hören, und als Steger sich über die Buslautsprecher für die Unterstützung bedankte, da schallten ihm "Super-Basti"- und "Ein'-Basti-Steger ..."-Gesänge entgegen. Der Kader wird zur nächsten Saison zusammenbleiben, weitere Playoff-Abenteuer sind also nicht ausgeschlossen.