Golfer Tiger Woods in Augusta:Er ist es!

Golfer Tiger Woods in Augusta: Durch diese Schneise muss er schlagen: Tiger Woods bei einer Proberunde in Augusta. Am Fairway-Rand drängen sich die Zuschauer.

Durch diese Schneise muss er schlagen: Tiger Woods bei einer Proberunde in Augusta. Am Fairway-Rand drängen sich die Zuschauer.

(Foto: Gregory Shamus/AFP)

Hysterie next level: 15 Monate nach seinem schlimmen Autounfall will Tiger Woods tatsächlich beim Masters in Augusta starten. Schon bei den Proberunden wird der 46-Jährige von Tausenden Zuschauern wie ein Erlöser begleitet.

Von Gerald Kleffmann

Justin Thomas ist einer der erfolgreichsten Golfprofis, er war die Nummer eins der Welt, gewann 16 Turniere, doch am Montag erlebte er Einmaliges. Während einer Proberunde folgten ihm Tausende Zuschauer wie auf einer Pilgertour. "So viele Leute haben mich wahrscheinlich noch nie in Augusta National gesehen", erzählte Thomas später, um die entscheidende Pointe zu setzen: "Und sie haben dabei nicht mir zugesehen."

Tiger Woods spielte mit ihm.

Ja, es sind tatsächlich außergewöhnliche Ereignisse, die gerade in Augusta im US-Bundestaat Georgia zu bestaunen sind und selbst jene, die bei dem bevorstehenden Turnier mitwirken, beeindrucken. Dabei beginnt das Masters, das erste der vier Majors im Jahr, erst noch an diesem Donnerstag.

Die Hysterie nahm vergangene Woche Fahrt auf, als jemand im Internet die Flugroute eines Privatjets zeigte, das aus Florida startend Kurs auf Augusta nahm. "Tiger, bist du das?", schrieb die Person dazu flehentlich. Es war Tiger Woods, der alsbald im Augusta National Golf Club gesichtet wurde. Sogar auf dem Platz. Er absolvierte Trainingsrunden und übte Schläge aus dem Sandbunker.

Mit dem Jet ging es hin und her und zurück

Dann flog er wieder ab, und das große Spekulieren setzte sofort ein. Wettanbieter korrigierten ihre Quoten. TV-Panels wurde abgehalten, Podcasts drehten sich nur um ihn, den 46-Jährigen, der im Februar 2021 beinahe bei einem selbstverschuldeten Autounfall ums Leben gekommen wäre. Er überlebte, schwer verletzt, eine Amputation seines rechten Beines wurde von Ärzten diskutiert, wie durch ein Wunder konnte dies vermieden werden. Drei Monate lag Woods nur im Bett, Schrauben halten diverse Knochen bis heute zusammen, er habe Schmerzen wie nie gehabt, sagte Woods.

Als schließlich nach dem Hin und Her Woods' Jet ein zweites Mal Richtung Augusta unterwegs war und die Meldung auftauchte, er gebe am Dienstag um elf Uhr eine Pressekonferenz, war klar: Der will beim Masters abschlagen!

Golfer Tiger Woods in Augusta: "Ich kann kaum glauben, dass es 25 Jahre her ist, seit ich hier gewann": Bei einer Pressekonferenz präsentiert sich Tiger Woods bestens gelaunt.

"Ich kann kaum glauben, dass es 25 Jahre her ist, seit ich hier gewann": Bei einer Pressekonferenz präsentiert sich Tiger Woods bestens gelaunt.

(Foto: Reuters)

"Stand jetzt werde ich spielen", sagte Woods dann wirklich und fügte auf die Frage, ob er zum sechsten Mal dieses traditionsreiche Turnier gewinnen könne, lächelnd und lässig die Antwort hinzu: "Ja, das kann ich." Als ganz sicher wollte er seinen Start noch nicht verkünden, am Mittwoch wollte er seinen Körper ein letztes Mal testen und neun Bahnen spielen. Doch ein Rückzug jetzt wäre verwunderlich. Er hat schon eine Startzeit für die erste Runde zugeteilt bekommen: 10.34 a.m. (16.34 Uhr MEZ), seine Flight-Partner sind der Südafrikaner Louis Oosthuizen und der Chilene Joaquin Niemann.

"Er sah aus wie der Tiger, den wir vor dem Unfall gesehen haben", sagt Billy Horschel

Sein letztes offizielles Turnier der PGA-Tour-Saison absolvierte Woods im November 2020, als das Masters aufgrund der Pandemie verschoben worden war. Es hat fast schon etwas Mystisches, aber immer wieder kreist die Karriere dieses Ausnahmesportlers um diesen berühmten Platz an der Magnolia Lane. "Ich kann kaum glauben, dass es 25 Jahre her ist, seit ich hier gewann", sagte Woods am Dienstag selbst erstaunt.

1997 war der damals als Wunderjunge gehandelte schmalbrüstige Kalifornier nach einem Sieg mit einem Rekordvorsprung von zwölf Schlägen erstmals in das grüne Sakko geschlüpft und seinem (inzwischen verstorbenen) Vater Earl in die Arme gefallen. 14 weitere Majors gewann er, 2019 sein spektakulärster Titel, wieder beim Masters, diesmal herzte er Sohn Charlie. Nach diversen sportlichen und privaten Krisen und vor allem gesundheitlichen Problemen - bis heute musste er viermal am Rücken operiert werden - wirkte es, als sei da einer auferstanden.

Auch deshalb, weil Woods eben Woods ist und noch immer wiederkam, trauen ihm viele jetzt alles zu. "Phänomenal" fand Fred Couples, der 1982 das Masters gewann und mit Woods und Thomas nun die Proberunde bestritten hatte, den Auftritt von Woods. "Er sah aus wie der Tiger, den wir vor dem Unfall gesehen haben", meinte Profikollege Billy Horschel begeistert.

Woods versicherte, sein Spiel, seine Schwünge, sein Gefühl für den Ball seien da. Und doch sei diesmal natürlich vieles anders. "Das Gehen ist der schwere Teil", gab er zu. Zumal in Augusta, auf dem Kurs, der viel hügeliger ist, als es im Fernsehen deutlich wird. "Es gibt nur einen flachen Abschnitt", erklärte Woods, das sei jene Passage am 18. Abschlag. Als er gefragt wurde, welche Hanglage ihm am meisten zu schaffen mache, nach links, rechts, oben, unten, da lachte er und sagte amüsiert: "Alle." Die Leichtigkeit, die er nach den wohl herausforderndsten Monaten seines Lebens ausstrahlte, war durchaus bemerkenswert.

Mitnichten ist ja auf einmal alle seine Pein überwunden. Ausführlich hatte Woods auch geschildert, dass er sich für viele Arbeits- und Trainingsschritte mehr Zeit nehmen müsse. Ohnehin wird er nur noch sporadisch spielen, das hatte er schon vorher verkündet. Aber er betonte, er würde sich zu gerne damit beschäftigen dürfen, nach dem richtigen Stand auf den schiefen Fairways von Augusta suchen zu müssen, "das würde ich jeden Tag so annehmen" - denn das hieße ja auch: Er spielt! "Ich liebe es, mich zu messen", so denkt er immer noch. Was im Übrigen auch im Jahre 2022 weiterhin auf Bernhard Langer, 64, zutrifft. Der zweimalige Masters-Sieger, der als Ex-Champion lebenslanges Startrecht in Augusta genießt, bestreitet seine ersten beiden Runden mit Christiaan Bezuidenhout (Südafrika), 27, und Cameron Davis (Australien), 27.

Am Dienstagabend fand das obligatorische Champions Dinner statt, bei dem der Vorjahressieger ein Menü zusammenstellt und alle ehemaligen Gewinner zu Tisch bittet. Hideki Matsuyama entschied sich für Sushi, Wagyu-Rind und Erdbeerkuchen. Woods stand beim Gruppenfoto ganz hinten links im Eck, fast ging er unter. Aber wenn man ihn entdeckt hatte, war es nicht zu übersehen: Er strahlte übers ganze Gesicht.

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