Ticketverkauf des DFB:Köln grillt lieber

Germany - Training & Press Conference

Rückkehr in die Heimat: Lukas Podolski, l., beim Training, zusammen mit dem Stuttgarter Antonio Ruediger.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • 45 bis 100 Euro kosten die Karten für das Länderspiel gegen die USA in Köln. Das ist vielen Fans zu teuer, noch immer ist das Stadion nicht ausverkauft.
  • Der DFB reagiert verwundert - und gibt sich dezent einsichtig.

Von Jonas Beckenkamp

In dieser Woche war mächtig was los in der Kölner Innenstadt - das ist immer so, wenn Lukas Podolski heimkehrt. Ihrem Stadtheiligen huldigen die Kölner auch ohne besonderen Grund. Es reicht, dass er da ist. Podolski vagabundiert derzeit durch Europa, er pendelt zwischen Mailand, London und seinem Herzensort, die Saison ist ja vorüber. Aber an diesen beiden Fixpunkten ist bei ihm nicht zu rütteln: Köln und Nationalmannschaft.

Im Geschäft eines DFB-Sponsors trat der Stürmer gemeinsam mit FC-Verteidiger Jonas Hector zu einer Autogrammstunde an. "Poldi" irgendwo zwischen der Einkaufsmeile Breite Straße und dem Neumarkt - da wirse jeck.

Natürlich schauten die Kölner in Scharen vorbei. Fans, Presse, Schaulustige - über 150 Interessierte hatten sich dem Kölner Express zufolge in den Laden gequetscht. Man kann nicht behaupten, dass die Menschen in der Domstadt keine Lust auf den Fußball und seine Protagonisten hätten. Und weil Podolski und Hector am Mittwoch mit dem Nationalteam gegen die USA antreten, wo ja auch noch "Klinsi" mitmischt, sollte klar sein, dass das Stadion voll ist. Ist es aber nicht. "Wir haben Stand heute etwas über 35.000 Karten verkauft", sagt DFB-Pressesprecher Jens Grittner, "bei internationalen Spielen wären in Köln 45.000 verfügbar."

Wer beim Ticketservice des Verbandes nachfragt, der erfährt, dass an den Stadionkassen und in Fanshops noch einige tausend Eintrittskarten erhältlich sind. Die Preisspanne liegt bei 45 bis 100 Euro. Viel Geld für ein Spiel, in dem zwar Podolski die Kölner Herzen erwärmt, in dem es aber nach einer langen, kräfteraubenden Saison um gar nichts geht. Dass die Zuschauer bei Länderspielen fernbleiben, passiert dem DFB sonst höchstens gegen Gibraltar. Im Weltmeisterland wollen die Leute ihre Lieblinge normalerweise gerne sehen.

Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff zeigte sich deswegen erstaunt: "Das kam für uns auch überraschend, dass es in Köln nicht voll wird." Er habe "Verständnis, dass im Sommer andere Aktivitäten anstehen". Er führe das, so ergänzte er schmunzelnd, "auch darauf zurück, dass die Kölner sich so am FC berauscht haben, dass sie nun etwas fußballmüde sind".

Köln fußballmüde? Nun ja. Was Bierhoff ausdrücklich nicht aufgefallen war: Dass die Tickets für eine unbedeutende Partie, bei der zahlreiche Anziehungskräfte wie Hummels, Neuer, Reus, Müller oder Boateng fehlen, vielleicht einfach zu viel kosten.

Der DFB und die Realität

Verbandssprecher Grittner gibt sich etwas sensibler, er hält die Ticketgebühren für einen von vielen Faktoren. Aber Pauschalrezepte, wie die Arena vollzukriegen wäre, kennt auch er nicht. Es bleibt bei Vermutungen. "In dieser Phase, wo wenig auf dem Spiel steht, schmeissen die Zuschauer vielleicht lieber zu Hause den Grill an, als unter der Woche Abends ins Stadion zu gehen," sagt er. Als Gegenargument für zu hohe Ticketpreise führt er an, dass vor allem die Karten im höherklassigen Segment, also jene für bis zu 100 Euro, am schnellsten vergriffen waren.

Trotzdem verfestigt sich der Eindruck, dass der DFB beim Ticketing ein wenig die Realität aus den Augen verloren hat. Wenn selbst das treue Kölner Publikum grübelt, das bei Heimspielen des FC selten Plätze frei lässt, muss es Gründe geben. Der Zeitpunkt nach Ende der Saison und der fehlende sportliche Wert des Testspiels zählen sicher dazu - auch der Austragungsort spiele eine Rolle, meint Grittner.

"Wir hatten auch schon in Hannover bei einem Qualifikationsspiel gegen Färöer Karten übrig." Die Preisspanne von 45 bis 100 Euro ist bei allen Länderspielen ähnlich - egal, ob Kracherspiel oder luftige Freundschaftsnummer. Und ein volles Stadion ist ausdrücklich erwünscht. Sieht ja blöd aus, wenn's leer ist. Die Preise zu überdenken, könnte nun ein Weg sein, die Fans zu animieren.

Bierhoff deutete bereits an, was ihm vorschwebt. Grundsätzlich sei es ihm wichtig, dass die Menschen das Nationalteam live sehen können: "Deshalb werden wir vielleicht kreativ in diese Richtung." Möglich seien bei solch unattraktiven Terminen nach dem Saisonende besondere Ticketing- und Familienpakete. Grittner merkt dazu an, dass es vergünstigte Karten ja bereits gäbe: "Wir haben stets auch Kontingente zu niedrigeren Preisen, etwa für Gruppen, Schüler oder Vereine." Aber für den einzelnen Fan im Erwachsenen-Alter gibt es bisher keine Lösung. Im Verband scheint den Verantwortlichen das Problem erst jetzt bewusst zu werden.

"Damit müssen wir uns in Ruhe auseinandersetzen. Die Preise sind sicherlich ein Punkt, über den wir nachdenken müssen", sagt Grittner um Einsicht bemüht. Dass der DFB seine Preispolitik komplett überholt, ist indes nicht zu erwarten. "Wir haben das Problem erkannt, aber noch nicht gelöst", erklärt Grittner. Zu Preisen rund um 30 Euro würden sich in der Kölner Fußgängerzone sicher einige Kurzentschlossene finden - allein schon wegen Podolski.

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