THW Kiel gewinnt Handball-Supercup:Passt auf, liebe Hamburger!

Der THW Kiel holt erstmals seit drei Jahren den Handball-Supercup, vermeidet jedoch offensive Kampfansagen an Meister HSV Hamburg. Trotzdem sind die Kieler von sich überzeugt - und haben gute Gründe für ihren Optimismus.

Carsten Eberts, München

Es waren zwei seltene Ereignisse, die diesmal den Ausschlag gaben. Das erste trug sich zu in der 55. Minute, als Hamburgs Torsten Jansen einen Siebenmeter deutlich über das Kieler Tor setzte. Das zweite ereignete sich in der 58. Minute: Da fing Kiels Torhüter Thierry Omeyer tatsächlich einen Wurf von Pascal Hens.

HSV Hamburg - THW Kiel

Kieler Sieg: Momir Ilic beim Siebenmeter gegen den Hamburger Torwart Johannes Bitter.

(Foto: dapd)

Das sind Missgeschicke, die den Nationalspielern Jansen und Hens höchst selten passieren, doch diesmal traten sie geballt auf: Der HSV vergeigte diese beiden Angriffe - der THW Kiel gewann die Partie 24:23 (15:14) und damit auch den Supercup, das traditionelle Treffen zwischen Meister und Pokalsieger in der Münchner Olympiahalle. Minuten später jubelten vor 8600 Zuschauern die Kieler im Konfettiregen. Und die Hamburger? Die applaudierten artig.

Der erste Titel der neuen Saison geht damit nach Kiel - doch was hat das zu bedeuten? In der vergangenen Spielzeit konnte sich der Rekordmeister nur schwerlich damit abfinden, dass Hamburg in der Meisterschaft vorbeizog und der Klub auch in der Champions League keine Chance hatte. War das nun das erste Ausrufezeichen des THW - damit zumindest der nationale Meistertitel in dieser Saison wieder nach Kiel geht?

Die Kieler taten nach der Partie alles, um diesen Eindruck zu vermeiden - zumindest offiziell. "Der HSV hätte genauso gewinnen können", sagte Trainer Alfreð Gíslason gönnerhaft. "Nach der letzten Saison müssen wir bescheiden bleiben", erklärte auch Filip Jicha. Offene Kampfansagen nach Hamburg? Fehlanzeige.

Dies bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass die Kieler nicht von sich überzeugt sind. Sie sind es, sogar ziemlich stark. Man musste nur Linksaußen Dominik Klein zuhören, der zwar kein gutes Spiel gezeigt hatte, nach dem Sieg jedoch allzu gerne darüber sprach, was an diesem Abend alles nicht funktioniert hatte. "Wir haben es uns sehr schwer gemacht", sagte Klein. "Wir konnten einfach nicht unser Bestes abrufen, mich eingeschlossen."

Auch Trainer Gíslason sagte: "Ich bin sehr enttäuscht darüber, dass wir einen großen Bruch im Spiel hatten." Der Isländer meinte die Phase Mitte der ersten Halbzeit, als Kiel nach überragendem Beginn schnell 10:5 führte, dann jedoch das konsequente Angriffsspiel einstellte und Hamburg Tor um Tor herankommen ließ. Jicha formulierte am deutlichsten: "Wir können noch ein paar Prozent drauflegen. Das geht noch viel besser."

Übersetzt heißt das: Passt auf, liebe Hamburger: Wir sind stärker als in der vergangenen Saison.

Narcisse und Andersson sind zurück

Die Kieler haben gute Gründe für ihren Optimismus. Zwar hat der THW keine großartigen Zugänge zu verzeichnen - der Däne René Toft Hansen und der Gummersbacher Patrick Wiencek haben erst für 2012 unterschrieben. Gíslason kann trotzdem auf zwei zuletzt vermisste Spieler zurückgreifen: Daniel Narcisse und Kim Andersson, die in der vergangenen Saison wegen schwerer Verletzungen komplett ausfielen.

Narcisse und Andersson bekamen am Dienstagabend in München viel Spielzeit - und vor allem der Schwede überzeugte. Nicht nur, weil Andersson neun Treffer erzielte und zum "Spieler des Spiels" gewählt wurde. Andersson war nach überstandener Knie- und Daumenverletzung prägender Akteur im Kieler Rückraum, mit einer herausragenden Trefferquote, konnte von den Hamburgern nie gestoppt werden. "Es hat zwei Jahre gedauert, aber nun ist Kim besser denn je", freute sich Gíslason: "Mit ihm haben wir einen anderen Spielertypen und können taktisch ganz anders auftreten."

Ein weiterer Grund zum Optimismus: Filip Jicha, der Welthandballer aus Tschechien, ist längst noch nicht fit. Jicha konnte beim Sieg gegen den HSV nur zehn Minuten eingreifen, erholte sich noch von seiner Achillessehnenverletzung. Mit ihm haben die Kieler in ein paar Wochen noch einen überragenden Spielertypen mehr.

Doch auch die Hamburger können für sich reklamieren, dass wenige Tage vor dem Bundesligastart noch nicht alles perfekt läuft. So konnte der neue Trainer Per Carlén in München keinen einzigen Linkshänder im Rückraum aufbieten. "Das ist eine ganz schwere Situation", sagte der Schwede, der das Amt von Meistertrainer Martin Schwalb übernahm, der wiederum auf den Posten des Präsidenten wechselte. Carlén hofft, dass Marcin Lijewski bis zum Bundesligastart wieder fit wird.

Die Hamburger haben noch mehrere Rekonvaleszenten zu beklagen: Oscar Carlén, der talentierte Sohn des Trainers, fällt nach einem Kreuzbandriss bis Anfang Oktober aus. Hinzu kommt Mittelmann Michael Kraus, der sich kürzlich bei einem Autounfall den Meniskus quetschte und einen Innenbandriss zuzog. "Dafür war unser Spiel heute in Ordnung", sagte Torhüter Johannes Bitter. Auch wenn es nicht zum Sieg reichte.

Handballdeutschland darf sich sicher sein, dass die deutsche Meisterschaft wieder nur diese beiden Klubs untereinander ausspielen werden. Liga-Geschäftsführer Frank Bohmann frohlockte zwar, es könnten "auch noch ein, zwei andere Mannschaften in dieser Saison Meister werden". Diese Meinung hatte der Funktionär an diesem Abend jedoch exklusiv.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: