SZ: Herr Müller, wo ist der Goldene Schuh für den besten WM-Schützen?
"Wichtig ist, wenn das Ding drin ist", sagt Thomas Müller.
(Foto: REUTERS)Thomas Müller: Zuhause, bei mir im Spielezimmer, wo die Dartscheibe und die Play Station sind. Da steht auf dem Fensterbrett alles, was sich jetzt so angesammelt hat. Bevor es in den Kisten staubig wird, stell' ich es lieber raus.
SZ: Der Anlass Ihrer Auszeichnung, die deutsche WM-Leistung in Südafrika, war Bestandteil jedes Jahresrückblicks. Haben Sie sich das angeschaut, wenn plötzlich dieser Müller durchs Bild läuft?
Müller: Den Müller habe ich natürlich auch gesehen, in ein paar Vorschauen. Aber komplett muss ich mir das nicht unbedingt reinziehen. Das Jahr ist super gelaufen, und das wird mir auch immer wieder bewusst gemacht, selbst wenn ich es mal vergesse; ich kann dem ja nicht mehr aus dem Weg gehen. Aber es ist jetzt vorbei. Ich kann mir dafür nix mehr kaufen. Jetzt muss ich mich neu beweisen.
SZ: Was tauchte in Ihrem persönlichen Rückblick auf 2010 an Silvester auf?
Müller: Schon die WM. Aber es gab für mich nicht diesen einen Moment, es waren ja wahnsinnig viele tolle Momente.
SZ: Sie haben ja erst vor knapp zehn Monaten im Nationalteam debütiert, in München gegen Argentinien.
Müller: Ja, das war speziell. Als ich die Nationalhymne hörte, dachte ich schon: Jetzt habe ich es geschafft, jetzt bin ich wirklich da, wo ich hinwollte - (Eine deutsche Touristin höheren Alters tritt an den Tisch und will ein Autogramm. Müller bittet um Verständnis, dass er jetzt nicht kann, später gerne) - Tja, seit der WM erkennen einen auch diejenigen, die sich nicht so im Fußball auskennen.
SZ: Nur ältere Damen?
Müller: Nee, nee, es sind schon alle Jahrgänge dabei.
SZ: Hat denn nun wenigstens Ihre Oma Ruhe, die Sie nach dem Achtelfinale gegen England am Fernsehen grüßten?
Müller: Mittlerweile schon. Das Problem war ja, dass meine Eltern, meine Oma und die Leute bei uns in Pähl natürlich keinen Medienmanager hatten wie wir bei Bayern oder beim DFB. Aber über die Weihnachtszeit war ich mal wieder daheim, da war alles schön ruhig.
SZ: Menschen, die Sie gut kennen, sagen: Der Müller, der hebt nicht ab, auch jetzt nicht, der fährt auch noch nicht Ferrari. Haben Sie keinen Spleen? Und wie belohnen sie sich nach so einem Jahr?
Müller: Das habe ich mich auch mal gefragt. Wir haben einen super Sponsor, also brauche ich schon mal keinen neuen Wagen. Aber ich geh' schon mal an Uhrengeschäften vorbei, doch dann sehe ich, dass die manchmal richtig teuer sind. Dann lass' ich es lieber, das ist es mir dann doch nicht wert. Ich bin auch kein Paradiesvogel, der sich die Haare färbt. Meine Frau reitet, das ist jetzt für uns wichtig geworden. Ansonsten habe ich im Grunde doch wirklich alles. Ich müsste mir meine Probleme schon selbst machen, damit ich welche hätte.
SZ: Reiten Sie selbst?
Müller: Ich habe es vor anderthalb Jahren mal ausprobiert. Tja, ich bin zwar nicht direkt runtergefallen, aber das Pferd hat mir danach leid getan. Das Risiko ist mir für mich und das Pferd zu groß.
SZ: 2011 hat für Sie gleich mit dem Verlust eines Titels begonnen: Sie haben nicht mehr die dünnsten Beine.
Müller: Sie meinen wegen Luiz Gustavo? Naja, wir haben die Oberschenkel noch nicht gemessen, aber das kann schon sein. Über meine Beine wird immer geflachst, ich weiß, das war schon immer so. Aber keine Sorge, meine Mutter hat früher schon festgestellt, dass da wenig kaputt geht. Für mich waren sie nie ein Problem, ich finde sogar, dass sie mir geholfen haben, schon in der Jugend. Denn wenn du nicht nur deinen Körper hast, mit dem du dagegenhalten kannst, musst du eben auch dein Gehirn einschalten, für gewisse Laufwege, um dem direkten Zweikampf aus dem Weg zu gehen.
SZ: Ist so dieser Drang entstanden: Müller geht in die Spitze, dorthin, wo plötzlich auch der Ball auftaucht?
Müller: Gewisse Dinge sind sicher trainierte Automatismen. Aber oft ist das schon ein gewisser Instinkt, ein Gefühl für die Räume. Ich bin froh, diese Fähigkeit zu haben.