Guardiola mit FC Bayern in WeidenPlötzlich stürmt Ribéry ganz vorne

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Ein 15:1 zum Einstand: Pep Guardiola beim Spiel gegen den Fanclub Wildenau.
Ein 15:1 zum Einstand: Pep Guardiola beim Spiel gegen den Fanclub Wildenau. (Foto: dpa)

15 Tore und so einige Erkenntnisse: Der FC Bayern hat gegen die Auswahlmannschaft des Fanklubs Wildenau sein erstes Spiel unter Pep Guardiola bestritten. Die Nachwuchsfußballer spielen dabei eine ungewohnt große Rolle und Franck Ribéry probiert sich auf einer völlig neuen Position.

Von Saskia Aleythe, Weiden

Als seine Kollegen bereits die Trikots abstreiften und die Sportsachen einpackten, stand Julian Green noch immer auf dem Rasen. Kinder mit Fahnen, T-Shirts und Schals umlagerten ihn, er musste Autogramme schreiben. Immer wenn eine Gruppe zufrieden davonzog und Green gerade ein paar Schritte unbehindert Richtung Kabine laufen konnte, kam schon die nächste Traube angelaufen.

Green spielt normalerweise in der U19 des FC Bayern. Bei seinem ersten Treffer in Weiden in der Oberpfalz musste der Stadionsprecher seinen Namen noch alleine ins Mikrofon brüllen, beim zweiten wurde er von ein paar wenigen Zuschauern unterstützt, die sich zumindest bei den Vokalen des 18-Jährigen ins Zeug legten und dann, in der 76. Minute war tatsächlich ein sauberes "Greeeeeeen" aus etlichen Kehlen in dem kleinen Stadion in der Oberpfalz zu vernehmen. Man lernt schnell, wenn der FC Bayern schon mal zu Gast ist.

Mit 15:1 bestritten die Münchner ihr erstes Testspiel in der Vorbereitung auf die neue Saison und unter Neu-Coach Pep Guardiola. In der Partie gegen den Fanklub Wildenau war Guardiola ein gefragter Mann, der Hype von seiner Vorstellung in München hatte sich auch auf die 200 Kilometer weiter nördlich gelegene Stadt übertragen. Lief Guardiola zur Auswechselbank, wurden Handys gezückt und Fotos zur Verewigung geschossen. Es waren kurze Augenblicke, in denen sich der 42-Jährige den Fans zeigte.

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Beim ersten Training unter Pep Guardiola war Jan Kirchhoff der einzige namhafte Zugang: Der frühere Mainzer Verteidiger will sich trotz der großer Konkurrenz in dieser Saison durchsetzen. Ihm könnte zugutekommen, dass der neue Trainer einst einen ähnlichen Spielertyp zum Anführer formte.

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Während des Spiels wirkte er trotz der Bedeutungslosigkeit angespannt. Nur selten wagte sich Guardiola von der Bank hervor, zitierte mal Boateng zu sich ran, mal Emre Can. Ansonsten tauschte er seine Gesten mit Matthias Sammer aus.

Gegen den Fanklub hatten die Münchner sportlich natürlich nichts zu befürchten. Und auch wenn jede Erkenntnis aus diesem Spiel dem eigentlichen Ereignis unterzuordnen ist, war es gerade für die Nachwuchsspieler des FC Bayern eine gute Gelegenheit, sich dem verdienten Katalanen zu empfehlen. Alle wussten das wohl, nutzen konnte die Chance nicht jeder.

Mit etlichen frischen Gesichtern war Guardiola nach Weiden gereist, viele etablierte Kräfte fehlten. Manuel Neuer war dabei, Philipp Lahm und Thomas Müller auch, sowie Franck Ribéry und Jérôme Boateng. Den Spielbericht füllten aber vor allem die Namen von Nachwuchskräften wie Green, Höjbjerg oder Weihrauch.

Weihrauch erzielte noch einen Treffer mehr als Green. Der 19-Jährige, der eher mit großen Schritten hüpft als läuft, was dem rehhaften Gang von Thomas Müller ziemlich ähnelt, konnte gleich vier Mal einnetzen. Mal aus der Distanz, mal nach einer Flanke oder einem Flachpass. Noch ist er ein bisschen verlegen, wischt sich nach einem Tor mit dem Handrücken über die Nasenspitze, so als wüsste er nicht wohin mit sich und seinen Emotionen.

Den Namen Patrick Weihrauch hatte Pep Guardiola schon zu seiner Antrittsrede in München gehört. Ein Journalist fragte ihn, ob er demnächst mit dem Nachwuchsspieler plane, was an diesem Tag, an dem ganz Fußball-Europa in die Arena in Fröttmaning zu schauen schien, schon eine sehr tiefgründige Frage war. Guardiola sagte nur: "Ich brauche Zeit, um die Mannschaft kennenzulernen." Am Samstag in Weiden hat das Kennenlernen erhebliche Fortschritte gemacht, Weihrauch half ihm dabei.

Sein Kollege aus der 2. Mannschaft des FC Bayern, Pierre-Emile Höjbjerg, war in Weiden kaum wiederzuerkennen. Erst im April hatte er sein Bundesligadebüt im Bayern-Trikot gegeben, mit damals gerade einmal 17 Jahren und 251 Tagen - neuer Rekord in der Vereinshistorie. Ein wenig schüchtern trat Höjbjerg da noch auf, berichtete später vom mulmigen Gefühl, als er endlich auf dem Platz stand.

Kaum drei Monate später macht er einen wesentlich athletischeren und selbstbewussteren Eindruck, er gehörte zum Ankerpunkt im mit Spitzenkräften ausgedünnten Bayern-Spiel. Höjbjerg verteilte die Bälle, dirigierte und war als wichtige Anspielstation zur Stelle.

Emre Can, der bereits vier Profi-Spiele im Bayern-Trikot absolvieren konnte, blieb in der Partie gegen den Fanklub erstaunlich glanzlos. Das ärgerte den 19-Jährigen, er schüttelte nach verpatzten Torversuchen energisch den Kopf, doch auch die Wut änderte nichts daran: Zu fahrig und oftmals zu unüberlegt spielte er den Ball nach vorne.

Dass sich ein Großteil der jungen Garde der Bayern dennoch gut inszenieren konnte, war hauptsächlich ein Verdienst von Franck Ribéry. Der Franzose war der einzige Spieler, der von den Zuschauern im Stadion mit Sprechchören gehuldigt wurde, hielt sich aber vornehm zurück, wenn es ums Toreschießen ging.

Vor allem im Zusammenspiel mit Green zeigte sich der Nationalspieler gönnerhaft. Zwei Mal ließen sich die eigenen Treffer dann doch nicht vermeiden. Das lag auch an der ungewohnten Position von Ribéry - Guardiola ließ ihn im 4-2-3-1-System ganz vorne agieren.

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Wo er wirkt, ist der Erfolg: Pep Guardiola hat das Gewinnen schon in frühen Tagen gelernt. In Barcelona verehren sie ihn bis heute - auch beim FC Bayern sammelte er Titel. Seine Karriere in Bildern.

Ob Ribéry nun öfter dort agiere wird, bleibt fraglich und lässt sich nach dem Testspiel in Weiden natürlich nicht beurteilen. Ribéry sagte nach der Partie dazu: "Der Trainer hat ein komplett neues System. Das ist ein bisschen komisch für uns, aber Rhythmus und Taktik kommen von alleine."

Wäre Ribéry nicht so ein Profi im Umgang mit Autogrammjägern, wäre er vermutlich derjenige gewesen, der am Ende am längsten auf dem Platz in Weiden gestanden hätte. Etwas, das Green noch lernen wird - am Samstag in Weiden schien ihn die neu gewonnen Aufmerksamkeit aber noch ganz lieb zu sein.

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