Testspiel:Ancelottis Turnschuhe schlagen Peps Sneaker

Bayern Munich v Manchester City - Pre Season Friendly

Bayern-Coach Carlo Ancelotti begrüßt seinen Vorgänger, Pep Guardiola, der jetzt Manchester City trainiert.

(Foto: REUTERS)

Bei der Rückkehr von Pep Guardiola nach München unterliegt Manchester City dem FC Bayern 0:1. Das Spiel lässt erkennen, dass Carlo Ancelotti Spuren hinterlassen wird.

Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn

Er kennt diesen Weg auswendig, 51 Mal ist er ihn zu einem Bundesligaspiel gegangen, 18 Mal in der Champions League, sechsmal im Pokal. Die Treppe hinauf, die lang genug ist, um sie auch mal hinauf zu sprinten, dann nach rechts, ein paar Schritte noch, genug, um gemütlich auszutrudeln. Am Dienstagabend also sprintet Pep Guardiola die Treppe hinauf, er biegt nach rechts ab. Dann trudelt er nicht aus.

Das erste Spiel in dieser Saison in der Münchner Arena, ein Testspiel zwischen dem FC Bayern und Manchester City, Endstand 1:0 (0:0), es gibt ein paar ansehnliche Kombinationen, ansonsten aber wenig Erkenntnisgewinn. Aber darum geht es an diesem Abend ja auch nicht. Das Testspiel des FC Bayern gegen Manchester City, es ist ja in erster Linie das Aufeinandertreffen von Carlo Ancelotti und Pep Guardiola. Das des neuen Trainers des FC Bayern mit seinem unmittelbaren Vorgänger.

Guardiola sprintet also hinauf, trudelt nicht aus, er rennt direkt in die Arme von Carlo Ancelotti, eine kurze, innige Umarmung. Es folgen eine Umarmung mit Hermann Gerland, dem Assistenten, den Ancelotti von Guardiola übernommen hat, ein Abklatschen mit allen Spielern auf der Bank, eine Umarmung mit einem Mitarbeiter der Presseabteilung, dann erst trudelt Guardiola aus. Er hat auch den neuen Weg ohne Probleme gefunden, auch wenn er ihn erstmals nach 75 Pflichtspielen wieder gehen musste. Er steht nun vor der linken Bank. Vor der Gästebank.

Guardiola hat in München Spuren hinterlassen

Nur wenige Trainer haben den FC Bayern so geprägt, so beschäftigt, so herausgefordert wie Guardiola in seinen drei Jahren, und er hat Spuren hinterlassen. Das bleibt auch überdeutlich an diesem Abend, an dem er erstmals zurückkehrt, am 20. Tag, an dem er nicht mehr Trainer in München ist.

Da ist, erstens, die modische Spur. Guardiola hatte ja zu jedem Anlass die passenden Klamotten, Holzfällerhemd oder Anzug, Poloshirt oder Krawatte. Auch am Dienstag ist er dem Anlass entsprechend gekleidet, er trägt glänzende schwarze Sneakers, enge beige Chinos, ein graues Poloshirt, das locker am Körper herunterbaumelt. Ancelotti, der neue Trainer vor der rechten Bank, hat schwarze Turnschuhe an, eine graue, sehr weit oben sitzende Jogginghose, ein Klub-Polo-Shirt, das er korrekt in die sehr weit oben sitzende Jogginghose gesteckt hat. Es ist ein anderes Körperbewusstsein, das auf jeden Fall.

Da ist, zweitens, die Spur an der Seitenlinie, auch am Dienstag gestikuliert Pep Guardiola derart wild, als wolle er einen Schwarm penetranter Mücken verscheuchen. In seiner Coaching Zone hält es ihn nicht lange, irgendwann steht er weiter im Spielfeld als Juan Bernat, der Linksverteidiger des FC Bayern. Ancelotti verschränkt seine Arme überwiegend, er braucht nur wenige Gesten, in seiner Coaching Zone allerdings hält es auch ihn nicht lange auf der Bank.

Die dritte und wichtigste Spur allerdings ist die im Spiel der Mannschaft. Sie ist auch an diesem Abend gut zu sehen, an dem erkennbar eine drei Jahre lang von Guardiola geschulte Mannschaft gegen ein Team spielt, das seit nicht ganz zwei Wochen vom Katalanen betreut wird. Gerade in der ersten Halbzeit ist das Spiel der Gastgeber flüssiger und geduldiger, wenige Kontakte reichen gelegentlich, um sich vor das Tor zu spielen; die besten Gelegenheiten vergibt Julian Green (6., 28., 35.). Die schönste Chance hat David Alaba nach einem doppelten Doppelpass mit Franck Ribéry, als er mit seinem linken Fuß schießt, und nicht mit seinem rechten (17.). Den hatte er allerdings schon unter Guardiola nicht.

Erst in der zweiten Halbzeit wechselt Guardiola namhafte Spieler ein

Guardiola lässt in der ersten Halbzeit sein neues Team mit einer Elf auflaufen, die er mit den Nummern 50, 53, 62, 69 und 72 auffüllt; er lässt ein teilweise sehr aggressives Pressing spielen, wie er es in München nur selten nötig hatte. In München hatte seine Mannschaft ja meistens selbst den Ball.

Erst in der zweiten Halbzeit wechselt er nach und nach ein paar namhafte Spieler ein, Yaya Touré zum Beispiel, nun hat seine Elf auch häufiger den Ball; sie weiß das allerdings lange genauso wenig zu nutzen wie der FC Bayern in der ersten Halbzeit. Zu diesem Zeitpunkt hat Ancelotti schon die Hälfte der Spieler aus der ersten Mannschaft ausgewechselt, dem Ergebnis schadet dies nicht: Das einzige Tor des Abends erzielt der eingewechselte Erdal Öztürk (76.).

Der Fußball, den Carlo Ancelotti sich für seine Mannschaft ausgedacht hat, lässt allerdings erkennen, dass er auch Spuren hinterlassen wird, gerade auf dem Spielfeld. Guardiolas System hat er bereits leicht modifiziert, zu einem 4-3-3, mit einem Spieler direkt vor der Abwehr, etwas weiter vorne wieder zwei Mittelfeldspieler, dann die drei Offensiven. Diese Mannschaft rückt bei eigenem Ballbesitz weit nach vorne, hat Manchester den Ball, so scheint es, stehen die Verteidiger des FC Bayern ein paar Meter weiter hinten als in den Jahren unter Guardiola, aber heißen muss das noch nichts. Gerade in der Abwehr fehlen ja noch tragende Spieler, die Innenverteidiger Boateng und Hummels, dazu Torwart Neuer.

An diesem Abend der Spurensuche mischen sich auch die Fans ein, sie singen ein Lied, es hat den Text "Carlo Ancelotti Eff Ce Be", 34 Minuten lang steht Ancelotti Eff Ce Be da vor der rechten Bank. Es ist eine Zuneigung von der Tribüne, wie sie der Trainer vor der linken Bank nur selten erfahren hat.

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