Simon Terodde:Erster in der Zweiten

17.09.2021, Fussball, Bundesliga, Saison 2021/2022, 2.Bundesliga, FC Schalke 04 vs Karlsruhe SC , Veltinsarena Gelsenki

Rekord in Sicht: Schalke-Stürmer Simon Terodde.

(Foto: Gladys Chai von der Laage/Imago)

Ein Treffer noch, dann ist Simon Terodde der erfolgreichste Torschütze der zweiten Liga. Was sagen Karl-Heinz Mödrath und Dieter Schatzschneider dazu, zwei alte Kölner, die Terodde jetzt überholt?

Von Philipp Selldorf, Köln

Geschichte werde nicht nur von großen Männern gemacht, hat einst die Gruppe "Gang of Four" getextet, und recht hat sie: Auch kleine Männer haben ihren Platz darin. Insofern war es nicht korrekt, dass am vergangenen Wochenende immer nur von Dieter Schatzschneider (1,87 Meter) und Simon Terodde (1,92) die Rede war, nicht aber von Karl-Heinz Mödrath (1,69). Dieser hielt bis zum vorigen Samstagabend seit dreieinhalb Jahrzehnten einen (wenn es das gäbe) Vize-Rekord, er war der vermeintlich ewige Zweite in der Schützenliste der zweiten deutschen Bundesliga. Bis ihn nun Terodde mit seinen Treffern gegen Hansa Rostock überholte, was aber nirgendwo erwähnt wurde, weil überall nur vom Rekordhalter Schatzschneider die Rede war, dem schon bei nächster Gelegenheit die Entfernung vom ersten Platz drohe. Am Sonntag spielen Terodde und Schalke 04 gegen den FC Ingolstadt, dann könnte es bereits passieren.

Schatzschneider 153, Terodde 152, Mödrath 151 Tore - so sieht es derzeit aus.

"Kalli" Mödrath teilt mit Schatzschneider die denkwürdige Erfahrung, zu Zeiten des großen Präsidenten Jean Löring dem SC Fortuna Köln angehört zu haben, beinahe hätten sie sogar zusammengespielt. Doch Mödrath verließ den Klub ein halbes Jahr bevor Schatzschneider kam. Für die Fortuna hatte er 144 Tore in der zweiten Liga geschossen, weitere sieben gelangen ihm dann noch für Alemannia Aachen, bevor er im Jahr 1983 seine Karriere mit einem Engagement in Hongkong abrundete. Da hatte auch Schatzschneider die Fortuna wieder verlassen, er war dort Schützenkönig der Liga geworden und im Sommer als Ersatz für Horst Hrubesch zum Hamburger SV in die erste Liga gewechselt. Mehr Erfolg hatte er auf Dauer jedoch eine Klasse tiefer, dort beendete er die Torjäger-Karriere als Rekordhalter.

Schatzschneider witterte Tore-Klau: "Man sollte sie alle entlassen bei der DFL"

Seinen Ruhm sah er zuletzt nicht nur von Simon Terodde bedroht, sondern auch von der Deutschen Fußball-Liga. Während Terodde den Rekord in Fließband-Arbeit auf dem Rasen attackierte, fügte die DFL am grünen Tisch ihren Teil hinzu. Sie stellte amtlich fest, dass Schatzschneider nicht - wie es all die Jahre geheißen hatte - 154 Tore auf dem Konto hat, sondern lediglich 153, die Gutschrift des 1:0 beim 4:2-Sieg mit Hannover 96 in Bremerhaven erklärte sie für nichtig. Grund: Es war ein Eigentor, das damals im Jahr 1979 die Hanseaten schädigte. Schatzschneider witterte Verrat, als der Verband das Ergebnis der Sichtung bekanntgab: "Man sollte sie alle entlassen bei der DFL", sagte er Bild.

Dieter Schatzschneider Hannover 96 1 Fussball Bundesliga Punktspiel Saison 2014 2015 VfL Wolfsb; Dieter Schatzschneider

Noch ist er der erfolgreichste Torschütze der zweiten Liga: Dieter Schatzschneider.

(Foto: Christian Schroedter/imago)

Die DFL ist jedoch weder aus Boshaftigkeit oder Übereifer noch auf Schalker Initiative aktiv geworden. Sondern in der Absicht, den ständig in Rede stehenden Rekord objektiv zu prüfen, da in den Nachschlagewerken verschiedene Zahlen kursierten. Zweifel an dem 42 Jahre alten Treffer gegen Bremerhaven waren bereits bekannt. Die Recherchen begannen anhand alter Spielberichtsbögen und Zeitungsartikel aus dem eigenen Archiv, maßgeblich beweiskräftig waren schließlich die Fernsehbilder des NDR.

Während Schatzschneider unter anderem als Hannover-96-Repräsentant dem Profi-Fußball erhalten blieb, trat Mödrath nach der Karriere in die Dienste des Sportamtes Frechen ein. In einem Bericht der Kölnischen Rundschau äußerte er einmal die Ansicht, dass seine Trefferbilanz aus zwei Gründen mehr Respekt verdient hätte: Erstens habe er keine Elfmeter geschossen (Schatzschneider hingegen hat 15 Tore per Strafstoß erzielt), zweitens sei er ja immer einen Kopf kleiner gewesen als die Konkurrenten. Terodde allerdings weiß einzuwenden, er habe erst in seinen späten Jahren ein gutes Kopfballspiel erlernt.

Auf Schalke hätte man im Übrigen nichts dagegen, wenn auf Dauer statt Terodde auch mal ein anderer Spieler für Treffer sorgen würde. Zehn von 13 Toren entfallen auf den Mittelstürmer, dazu kommen zwei Vorlagen. Zunächst einmal wäre es dem Schalker Trainer Dimitrios Grammozis allerdings recht, wenn Terodde am Sonntag in die Geschichte eingehen und damit das Thema erledigen würde. So ein Rekord kann zur brisanten Sache und zum Störfaktor werden.

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