Aus in Wimbledon:Federers Fehlschläge

Wimbledon

War das sein letztes Winken in Wimbledon? Roger Federer, 39, nach der Niederlage am Mittwochabend gegen den Polen Hubert Hurkacz.

(Foto: Paul Childs/Reuters)

Der achtmalige Wimbledon-Champion geht gegen den Polen Hubert Hurkacz im Viertelfinale regelrecht unter - und lässt offen, ob er noch einmal im All England Club spielen wird.

Von Gerald Kleffmann

Von den vielen Fehlschlägen, die Roger Federer an diesem späten Mittwochnachmittag fabrizierte, war der schlimmste Horrorschlag der im Tie-Break des zweiten Satzes. 2:3 lag er zurück, als er angriff, ans Netz rückte, da kam der Ball. Eigentlich musste er ihn nur noch ins Feld abtropfen lassen. Oder, das wäre auch gegangen, dann eben mit einem leichteren Schmetterschlag platzieren. Hubert Hurkacz war längst ausmanövriert und stand abseits des Rasenplatzes im Center Court. Doch Federer - er schlug am Ball vorbei. War ihm das jemals in der Karriere passiert?

Natürlich, und so ist eben der Sport, taugt diese Szene nun im Rückblick als Beispiel für die Verfassung, mit der sich Federer von seinem Wimbledon verabschiedete. Acht Mal hat der Schweizer dieses wichtigste Turnier im Tennis gewonnen, 20 Grand-Slam-Titel sammelte er insgesamt ein. Aber: Er ist auch 39 Jahre alt. Am 8. August wird er 40. Vergangenes Jahr hatte er zwei Eingriffe am Knie. Seine ganze Planung hatte er auf diese Wimbledon-Ausgabe ausgerichtet, bei den French Open mitten im Turnier rausgezogen, um sich zu schonen. Im All England Club startete er dann mit leichten Schwächen, doch von Runde zu Runde kehrte dieses Einzigartige in ihm zurück. Das Federerhafte. Der Spaß auch.

Doch am Donnerstag, es war 18.12 Uhr in London, schlug er eine letzte Vorhand ins Seiten-Aus. 6:3, 7:6 (4), 6:0 gewann Hurkacz, der zuletzt immer wieder erzählte, wie sehr er Federer bewundert. Wie er dessen Siege als Kind verfolgte. Und nun strafte er sein Idol gnadenlos ab - dabei ist Hurkacz, das am Rande, einer der nettesten Akteure in seinem Gewerbe.

"Ich weiß nicht, was ich sagen soll", sagte Hubert Hurkacz

Mit einem Winken in die Arena - der Center Court war mit 15 000 Zuschauern voll besetzt (was seit Dienstag erlaubt worden war) - schritt Federer schnell vom Platz, auf dem Hurkacz das Siegerinterview gab. 24 Jahre alt ist er, er stammt aus Breslau, erstmals hat er das Halbfinale eines Grand Slams erreicht. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll", sagte er, es folgten Sätze, die immer fallen, wenn Sportler von Erfolgen überrumpelt werden. "Ein Traum wurde wahr", sagte Hurkacz und schaute ungläubig auf die Tribünenplätze, wo die Menschen tatsächlich ihm applaudierten. Im Halbfinale ist Matteo Berrettini sein Gegner, der Italiener bezwang den Kanadier und Zverev-Bezwinger Felix Auger-Aliassime 6:3, 5:7, 7:5, 6:3.

31 leichte Fehler waren Federer unterlaufen. Aber auch in Ballwechseln, in denen er punktete, wirkte er selten wie der Alte. Natürlich drängte sich die Frage auf, ob das seine letzte Wimbledon-Teilnahme war. Auf der Video-Pressekonferenz sagte Federer dazu: "Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht." Und er sprach: "Natürlich würde ich gerne noch mal spielen, aber in meinem Alter weißt du nie, was passiert." Er wolle in Ruhe mit seinem Team bereden, wie es weitergeht. Er wisse auch noch nicht, ob er bei den Olympischen Spielen in Tokio spiele. "Schrecklich erschöpft" fühle er sich, gab er zu, aber er sei auch "glücklich", dass er überhaupt in Wimbledon starten konnte und so weit kam. Der Weltranglisten-Erste Novak Djokovic, 34, gab sich keine Blöße, der Serbe besiegte den Ungarn Marton Fucsovics 6:3, 6:4, 6:4 und trifft im Halbfinale auf Denis Shapovalov, 22. Der Kanadier rang den Russen Karen Chatschanow 6:4, 3:6, 5:7, 6:1, 6:4 nieder.

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