Ganz in Weiß, bitte! So streng wie in Wimbledon sind die Kleidervorschriften nirgendwo sonst. Doch das heißt nicht, dass es eintönig zugeht. Anne White überraschte 1985 alle, als sie in einem enganliegenden Ganzkörperanzug auf dem Platz erschien. Pam Shriver brachte das derart aus dem Konzept, dass sie die Partie gegen die Amerikanerin verlor und sich danach bitterlich bei den Turnierveranstaltern über das Dress beschwerte. Auch in den Jahren danach - und auch beim diesjährigen Turnier - ist es immer wieder Spielern gelungen, trotz der Kleider-Regel aufzufallen. Ein Streifzug durch Wimbledon.
Die fünfmalige Wimbledon-Siegerin Venus Williams entschied sich 2010 für eine aufgebauschte Variante der Tennisbekleidung. Sie trat im Rüschen-Fransen-Look an - schaffte es allerdings nicht über das Viertelfinale hinaus.
Ein Jahr später versuchte es Venus Williams mit einem außergewöhnlichen Einteiler, den sie mit ganzem Stolz trug - schließlich stammte er aus ihrer eigenen Kollektion. Doch nach dem vierten Auftritt musste die Amerikanerin ihr Dress wieder in den Schrank hängen - sie verlor im Achtelfinale.
In den Jahren danach trat Venus Williams in Wimbledon unauffälliger an. 2017 sorgte ihr Kleidungsstil allerdings noch einmal für Aufregung. Während ihrer Erstrundenpartie gegen Elise Mertens wurde Williams nahegelegt, ihren BH zu wechseln. Pinke Träger lugten hervor - das sehen die Regelhüter in London gar nicht gerne. Darauf angesprochen sagte die US-Amerikanerin nur: "Ich möchte nicht über meine Unterwäsche sprechen. Das ist mir peinlich. Ich überlasse das Euch."
Auch über die Unterwäsche von Eugenie Bouchard wurde in Wimbledon schon gesprochen. Die Kanadierin kassierte bei ihrer Erstrundenniederlage 2015 von der Schiedsrichterin eine Verwarnung, weil ihr schwarzer BH zu sehen war.
Manchmal geht es in Wimbledon auch nicht um BHs, sondern um Unterhosen. 2007 wurde viel über die Französin Tatiana Golovin und ihre rote Unterwäsche geredet. Damals hieß es: Die Weiß-Regel gilt nur für die Oberbekleidung, was die Spieler drunter tragen, war den Regelhütern egal. Doch bald wurde die Vorschrift verschärft, seit 2014 muss auch die Unterwäsche weiß sein - was Venus Williams und Eugenie Bouchard zu spüren bekamen.
Einen Hauch von Ballett verströmte Maria Scharapowa beim Wimbledon-Turnier 2007. Flügel zierten das Outfit der russischen Top-Spielerin - das Publikum fühlte sich an Schwanensee erinnert.
Ein Jahr später legte Scharapowa die Flügel ab und trat in einer interessanten Anzug-Kombination auf. Kurze Hose, durchscheinendes Oberteil, mit auffälligen Zierfalten versehen. So hätte ihr mancher wahrscheinlich eine Versicherung abgekauft. Es war eines der seriösen Outfits aus der Scharapowa-Kollektion.
Für das Turnier 2019 wählte Scharapowa ein recht schlichtes Kleid. Der einzige Hingucker: das Loch in der Mitte des Bauches - sowie der getapte Arm und das Nasenpflaster. Glück brachte es nicht, Scharapowa musste in der ersten Runde aufgeben, beim Stand von 4:6, 7:6, 0:5.
Sogar der bescheidene Roger Federer zeigte in Wimbledon schon einmal einen Hang zur Extravaganz. Nachdem er 2009 im Finale Andy Roddick mit 16:14 im fünften Satz niedergerungen hatte, zog er bei der Siegerehrung eine besondere Jacke an. Diese war mit goldenen Streifen verziert und die Zahl 15 war darauf gestickt. Denn Federer hatte mit dem Sieg seinen 15. Grand-Slam-Titel gewonnen - so viele wie kein anderer Spieler zuvor. Da kann man schon mal ein wenig über die Stränge schlagen.
Gegen die Jacke von Bethanie Mattek-Sands sah Federers Outfit fast schon bieder aus. Die Amerikanerin betrat den "heiligen Rasen" 2011 mit weiß gefärbten Tennisbällen und Fransen an der Kleidung. Während der Spiele trug Mattek-Sands ihre Jacke aber nicht: zu hohe Verwechslungsgefahr mit dem Ball.
2017 war Mattek-Sands, inzwischen die Nummer eins im Doppel, nicht ganz so extravagant gekleidet, aber sie fiel immer noch auf. Mit langen Kniestrümpfen und Netzkleidchen spielte sie sich im Einzel und Doppel eine Runde weiter - bis sie furchtbar stürzte, sich am Knie verletzte, vor Schmerzen schrie, monatelang ausfiel und bislang nicht wieder zu ihrer alten Form zurückfand.
Ganz in Weiß? Die Dänin Caroline Wozniacki traut sich in diesem Jahr mit einem roten Rand an ihrem Dress auf den Platz. Das ist zwar in Wimbledon nicht gern gesehen, aber legal. Farbstreifen sind bis zu einer Breite von einem Zentimeter erlaubt, steht im Regelbuch.
Der exzentrische Benoit Paire schafft es, auch ohne Farbkleckse oder aufgeklebte Tennisbälle aufzufallen. Einfach den Kragen hochstellen - und nicht rasieren. Auch ohne besondere Kleidung war der Franzose beim Turnier 2019 ein Hingucker.
Polona Hercog trägt keinen Bart, aber dafür Tattoos. Es gelang ihr allerdings nicht, mit ihrem Erscheinungsbild die erst 15-jährige Coco Gauff einzuschüchtern. Die Slowenin verlor in der dritten Runde gegen Gauff, Wimbledon ist nun wieder weitgehend tattoofreie Zone.
Teenagerin Gauff ist zum ersten Mal in Wimbledon dabei - und fällt nicht nur sportlich auf. Die Kleidung ganz in Weiß, doch der Pferdeschwanz ist lang und die Fingernägel bunt lackiert und mit Strasssteinchen verziert. Die ganze Tennisszene schaut hin.
Auch Serena Williams steht mal wieder unter Beobachtung. Im Vorfeld wurde über die Form der ehemaligen Weltranglistenersten gerätselt, die so gerne ihren 24. Grand-Slam-Titel gewinnen will, zuletzt aber immer wieder von Verletzungen geplagt wurde. Bei ihrem Auftaktmatch lenkte sie erst einmal ab - und erschien in einem weißen Umhang, der an einen Arztkittel erinnerte.
Die Schlitze an ihrem Outfit lassen gleich erkennen: Sie ist wieder ziemlich durchtrainiert.