Süddeutsche Zeitung

Tennis:"Wenn überhaupt, Boris oder Ivan"

Für die deutsche Nummer eins, Alexander Zverev, kämen nur Becker oder Lendl als Trainer in Frage.

Von Gerald Kleffmann

Ausgeschlafen sah Alexander Zverev aus, als er verspätet um 11.20 Uhr am Sonntag den Konferenzraum in einem Münchner Hotel betrat, diesmal trug er eine Brille, während seiner Matches helfen Deutschlands bestem Tennisprofi "weiche Kontaktlinsen", wie er verriet. 21 Jahre alt ist er immer noch erst, aber doch schon so erfolgreich, dass er nun als Titelverteidiger zu Turnieren reist wie in München. 2017 siegte Zverev bei den BMW Open im MTTC Iphitos, aktuell ist er die Nummer drei der Welt, nach Anlaufschwierigkeiten fand er gut in die Saison, zuletzt in Monte Carlo scheiterte er nur im Halbfinale am Japaner Kei Nishikori. "Völlig kaputt" sei er nur gewesen nach intensiven Wochen, er traf daher zuletzt Freunde an seinem Wohnort in Monaco, vergnügte sich beim Golfen, fuhr mit dem Boot aufs Meer hinaus. "Ich will jedes Turnier gewinnen, das ich spiele", sagte Zverev in der ihm eigenen Selbstverständlichkeit, und als an der einen oder andere Stelle das Meiste gesagt zu sein schien, überraschte Zverev mit zwei eingestreuten Aussagen. Für den deutschen Tennismarkt könnten sie Relevanz erlangen.

"Wenn überhaupt, Boris oder Ivan", sagte Zverev ohne Umschweife zur Frage, wer als zweiter Trainer doch wieder zu seinem Team stoßen könne. Er sprach von Boris Becker, dem früheren dreimaligen Wimbledonsieger und heutigen Head of Men's Tennis beim Deutschen Tennis-Bund, sowie Ivan Lendl, dem ehemaligen Weltranglisten-Ersten, der den Schotten Andy Murray gecoacht hatte. Zverev hat sich, seit er den Schläger greifen kann, von Vater Alexander anleiten lassen, wie sein zehn Jahre älterer Bruder Mischa. Dass er aber offen für einen zweiten Ratgeber ist, verdeutlichte er, als er bis zum Frühjahr den Spanier Juan Carlos Ferrero konsultierte, ehe diese Liaison zerbrach. "Ich brauche nicht jemanden, der als normaler Coach arbeitet", betonte Zverev, dafür habe er den Vater. Aber auf Becker und Lendl legte er sich als teamergänzende Kandidaten fest, "das sind die einzigen, die ich in Erwägung ziehen würde". Sie seien die "einzigen beiden, mit denen ich mich außerhalb des Platzes gut verstehe". Allerdings schränkte er seine Pläne ein, momentan sei er "froh mit dem Team, das ich habe". Wann der Moment für Annäherung gekommen sei? "Wenn ich Probleme habe und sehe", sagte Zverev.

Den früheren Tschechoslowaken und nun US-Amerikaner Lendl kennt er bestens über den eigenen Fitnesscoach Jez Green, der lange bei Murray angestellt war. Bislang hatten Zverev und Becker immer ein gemeinsames Engagement ausgeschlossen. Es sieht wohl so aus, als müssten die beiden es aber einfach doch zusammen versuchen, sonst wird sie dieses Thema ewig begleiten. An diesem Montagabend wird Becker bereits Zverev treffen, in anderer Sache, er wird ihm den "Iphitos Award" überreichen, den er selbst auch schon erhalten hatte. Ein netter, kleiner PR-Gag des Veranstalters.

Zverev möchte beim Hamburger Turnier auf Hartplatz spielen

Überdies kündigte Zverev von sich aus an, dass er ab 2019 wohl nicht nur wieder das Hamburger Turnier im Juli spielen werde. Sondern er will an der Weiterentwicklung des einst wichtigsten deutschen Turniers mitwirken. "Wir haben ja einen neuen Turnierdirektor", sagte er, in Bezug auf Veranstalter Peter Michael Reichel, der Michael Stich ablösen wird, "ich und er werden viel zusammenarbeiten und viel versuchen, dass Hamburg vielleicht ein Hartplatzturnier wird". Warum er trotz der anfangs mentorenstarken Unterstützung Stichs die letzten Jahre auf Hamburg verzichtet habe, beschrieb Zverev so: "Es macht für mich keinen Sinn, nach Wimbledon für ein Turnier auf Sand zu gehen und dann auf Hartplatz in Amerika ein Masters zu spielen." Sollte der Belagwechsel von der Profitour ATP genehmigt werden, würde Zverev "einen längeren Vertrag" mit Reichel unterschreiben. Der Österreicher bestätigte der SZ die Gespräche, "wir werden alles versuchen, um den Hamburger Jungen ans Turnier zu binden", sagte er. Die Entscheidung falle im Herbst. Fraglich wird nur sein, ob die amerikanischen Events es gern sehen, wenn erstmals in Europa auf Hartplatz im Freien gespielt wird und Spitzenkräfte dort antreten. Nun freut sich Zverev, der am Mittwoch nach dem Freilos auf den Sieger des Duells Yannick Hanfmann - Marcos Baghdatis trifft, erst mal auf Sand in München. "Es ist schön, in der Heimat zu sein, und mal ohne Schnee." Er lächelte amüsiert.

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SZ vom 30.04.2018
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