Süddeutsche Zeitung

Tennis:Wenn der Gashahn zubleibt

Lesezeit: 3 min

Das alljährliche Treffen der "Leading Tennis Clubs of Germany" steht im Zeichen der Energiekrise und Ressourcenknappheit. Viele Vereine treiben ganz konkrete Fragen um, beispielsweise welches der Sommerbelag der Zukunft ist - oder ob im Winter die Halle wegen teurer Heizkosten überhaupt aufbleiben kann.

Von Christian Bernhard

Wenn man mit Emanuel Fraitzl über die gepflegte Anlage des MTTC Iphitos schlendert, fallen dem Geschäftsführer des traditionsreichen Münchner Tennisklubs trotzdem immer wieder Feinheiten auf, die man verbessern könnte. Fraitzl fühlt sich verpflichtet, den Iphitos-Mitgliedern eine "Wohlfühloase" zu bieten. Dabei gilt es für ihn den Spagat zu schaffen, den sehr traditionsbewussten Verein in die Zukunft zu führen. Sein zentrales Schlagwort hierfür lautet Digitalisierung.

Aktuell stehen aber vermehrt auch andere Themen im Fokus. Themen, die der aktuellen Weltpolitik und dem Klimawandel geschuldet sind: die Energiekrise und Ressourcenknappheit. Beim alljährlichen Treffen der "Leading Tennis Clubs of Germany", einer Vereinigung der größten deutschen Tennisvereine, wurden kürzlich auf der Iphitos-Anlage auch diese besprochen.

Das wichtigste Signal, das von diesem Treffen ausging: "Wir haben die Themen erkannt, befassen uns damit und sind uns der gesellschaftlichen Verantwortung bewusst", sagt Marc Tenbücken, Vorstandsmitglied des MTTC Iphitos. Spruchreife Maßnahmen diesbezüglich gebe es noch nicht, daran werde gearbeitet.

Blau-Weiß Gräfelfing baut seine Traglufthalle in diesem Winter nicht auf, Grün-Weiß Gräfelfing dagegen schon

Auch beim Bayerischen Tennis-Verband (BTV) haben sie ein Auge auf die aktuellen Brennpunkte. Julia Höhn, Leiterin Vereinsberatung und Entwicklung, sagt, dass im Moment die Traglufthallen das Hauptproblem seien. Um diese zu beheizen, wird Gas benötigt - und die aktuellen Gaspreise bereiten auch den Vereinen Sorgen. Wie diffizil das Thema ist, macht ein Blick nach Gräfelfing deutlich. Höhn erzählt, dass Blau-Weiß Gräfelfing seine Traglufthalle diesen Winter nicht aufbaut, Grün-Weiß Gräfelfing dagegen schon. Blau-Weiß begründet seine Entscheidung mit dem hohen Gasverbrauch der Halle, Grün-Weiß betont, man leiste durch die Traglufthalle einen sozialen Beitrag, weil so auch die Trainer aus der Umgebung Tennistraining anbieten können. Eine Ortschaft, zwei unterschiedliche Herangehensweisen.

Dem Thema Wasserknappheit im Sommer können sich die allerwenigsten Tennisklubs entziehen. Höhn berichtet, dass sich zahlreiche Vereine jetzt schon fragen, was sie machen sollen, wenn der nächste Sommer wieder so trocken und ihnen womöglich verboten wird, die Plätze zu bewässern. Gesucht werden unmittelbare Lösungen - aber auch langfristige. Dabei landet man unweigerlich bei der Frage, was eigentlich der Tennisplatz der Zukunft ist. Ist das bei den aktuellen klimatischen Gegebenheiten immer noch der Sandplatz?

Das Problem sei, dass die ideale Alternative zum Sandplatz noch fehlt, sagt Höhn. Granulatböden seien eine Variante, doch da kommt das nicht minder brisante Thema Mikroplastik ins Spiel. Ein Alternativplatz wäre der Hartplatz, doch der sei in der Anschaffung sehr teuer, erklärt Höhn. Sie ist Teil einer Arbeitsgruppe beim Deutschen Tennis Bund (DTB), die auch versucht, Druck auf die Hersteller auszuüben, damit diese Platzvarianten auf den Markt bringen, die nicht mehr so bewässerungsintensiv sind. Das Dilemma bei Sandplätzen ist nämlich, dass ihr Untergrund kaputt geht, wenn sie im Sommer nicht ordentlich bewässert werden.

Tenbücken ist nicht so skeptisch, was Hartplätze als Alternative zum Sandplatz betrifft. Ein Hartplatz sei zwar in der Anschaffung teurer, aber nicht unbedingt im Unterhalt, sagt er. Wenn man das ganze über einen Zeitraum von fünf, zehn Jahre betrachte, ergebe das eine "ganz andere Rechnung".

Als kurzfristige Lösung rät der BTV seinen Vereinen, die über Hallen verfügen, Zisternen zu installieren, um das Wasser für die Bewässerung der Plätze über das Hallendach einzufangen. Die Zisternen sollten im Idealfall so groß sein, dass sie Wasser für 14 Tage speichern können, um sich so womöglich von einem Gewitter zum nächsten hangeln zu können.

Sandplatz? Hartplatz? Granulat? Die Meinungen, welcher Untergrund in Krisenzeiten der beste ist, gehen auseinander

Der Iphitos-Vorstand stellt auch noch eine andere Frage in den Raum: Braucht es bei dem mittlerweile auch im Winter trockeneren Klima noch unbedingt so viele Hallenplätze? Könnte man auf Ganzjahresplätzen nicht auch in den Wintermonaten - mit Ausnahme der Abendstunden wegen der früheren Dunkelheit - vermehrt im Freien spielen? Die Gemeinschaft der größten deutschen Tennisvereine wolle auch solche Debatten anstoßen.

Die Lust auf Tennis jedenfalls scheint trotz der Energieunsicherheit ungebrochen, für die anstehende Winterrunde verzeichnet der BTV so viele Anmeldungen wie noch nie. Die Stimmung bei jenen Vereinen, die über Hallen verfügen, sei trotz der energetischen Fragezeichen noch relativ gut, sagt Höhn. Der Tenor lautet: Diesen Winter wird es sich schon noch ausgehen. Vielerorts werden die Mehrkosten durch erhöhte Preise ja auch von den Spielern mitgetragen - und im schlimmsten Fall kann man immer noch die Heizung abdrehen. Hallentennis könne zur Not auch bei zwölf Grad gespielt werden, findet Höhn.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5660863
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.