Tennis:Vormarsch der Juniorchefs

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Mit Riesenschritten ins Viertelfinale: Alexander Zverev beim Münchner Tennisturnier. (Foto: Juergen Hasenkopf/imago)

Beim Münchner Tennisturnier rücken die Väter und die Söhne ins Blickfeld: Der Norweger Casper Ruud hat seinen Begleiter längst übertrumpft, und Alexander Michailowitsch Zverev ist wieder einmal in einer Doppelrolle gefragt - als Trainer des hierzulande berühmtesten Tennisbrüderpaars.

Von Barbara Klimke, München

Als Casper Ruud am Mittwoch den Center Court betrat, schallte ihm Hiphop aus den Lautsprechern entgegen. Angemessen wäre es auch gewesen, das musikalische Werk Ja, vi elsker dette landet einzuspielen, die offizielle Hymne auf das Land, das "zerfurcht und wettergegerbt" aus dem Wasser aufsteigt. Denn Casper Ruud ist der berühmteste Repräsentant des Tennissports in Norwegen. Der Erste, der jemals in der Weltrangliste die lichte Höhe der Position 24 erobert hat. In der Geschichte einer Nation, die mehr für ihre Skilangläufer, Skispringer und Biathleten bekannt ist als für Männer mit Racket in der Hand, hat bisher nur einer Vergleichbares geschafft: Christian Ruud, Caspers Vater, der im Jahr 1995 die Nummer 39 der Welt erreichte. Zum MTTC Iphitos in München hat der ältere Ruud den jüngeren Ruud als Trainer begleitet.

Es war nicht der erste Auftritt des 22-jährigen Casper Ruud bei den BMW Open. Schon vor drei Jahren, damals ein vielversprechendes Talent, hatte er seine Begabung für das Sandplatzspiel mittels einer Wildcard unter Beweis gestellt. Jetzt ist er nicht nur als Halbfinalist des Klassikers von Monte Carlo vor zwei Wochen zurückkehrt. Sondern sogar als Turniersieger: als der erste und einzige Norweger, der jemals bei einem Männerwettbewerb der ATP eine Trophäe erstritten hat. Nicht einmal seinem Vater war dergleichen vergönnt, weshalb Casper Ruud nach dem gewonnenen Finale von Buenos Aires im Februar 2020 dem Tennismagazin mit einem Schmunzeln erklärte, er sei jetzt "der Boss zu Hause".

Casper Ruud hat sich seinen letzten Schliff an der Akademie von Rafael Nadal geholt

Auch in der Auftaktpartie gegen Pablo Cuevas aus Uruguay (6:3, 6:2) blieb der junge Norweger, als Nummer zwei des Turniers gesetzt, der Chef auf dem Platz dank wuchtiger Grundlinienschläge. Cuevas, 35, seit sieben Jahren beständig unter den besten hundert Profis der Welt, brachte mehr Erfahrung ins Spiel, doch hatte er wegen einer eine Weile Verletzung pausiert. Casper Ruud hat sich seinen letzten Schliff an der Akademie Rafael Nadals in Mallorca geholt. Und vom dortigen Austausch mit Carlos Moya, Nadals Coach, und Toni Nadal, dem Onkel seines Idols, so berichtete er in München, habe auch sein Vater profitiert: Auf beide, sagte er, sei "der Einfluss Nadals groß gewesen" - auf Junior wie den Senior gleichermaßen.

Allgemein sind die Väter und die Söhne in München dieser Tage ins Blickfeld gerückt, was nicht nur am Kurzauftritt von Sebastian Korda aus Bradenton/Florida lag. Der 20-Jährige vergeigte am Dienstagabend zwar sein München-Debüt gegen den Kolumbianer Daniel Elahi Galan (1:6, 6:7). In Erinnerung bleibt jedoch, dass die Ähnlichkeit mit dem hochgewachsenen Herrn Papa, Petr Korda, dem Australian-Open-Sieger von 1998, beim Schlagabtausch auf roten Ascheplätzen nicht zu leugnen ist.

Und auch Alexander Michailowitsch Zverev, ehemaliger Davis-Cup-Spieler der sowjetischen Mannschaft, war am Mittwoch erneut in einer Doppelrolle gefragt als Trainer des hierzulande berühmtesten Tennisbrüderpaars. Zunächst trat Mischa Zverev, 33, der älteste Sohn, in München im Doppel an. Er verlor im Achtelfinale an der Seite des Brasilianers Marcelo Melo in zwei Sätzen (3:6, 3:6) gegen den zweimaligen Paris-Sieger Kevin Krawietz, der in der verletzungsbedingten Abwesenheit seines Dauerpartners Andreas Mies diesmal mit dem Holländer Wesley Koolhof zusammenfand.

Nach dem Match verabschiedet sich Zverev sofort wieder auf den Trainingsplatz

Das erste Match von Alexander Zverev, 24, war für den Nachmittag anberaumt, diesmal saß der Vater auf der Tribüne. Und auch wenn der Weltranglisten-Sechste sich erwartungsgemäß klar mit 6:2, 6:4 durchsetzte gegen den Litauer Ricardas Berankis, so verlief das Match nicht zu seiner ungetrübten Zufriedenheit. Positiv vermerkte Alexander Zverev, dass sein zuletzt lädiertes Ellbogengelenk den Belastungen standhielt: "Ich habe das erste Mal seit acht Monaten schmerzfrei gespielt", berichtete er hinterher. Wegen der Blessur hatte er den Arm allerdings seit dem Turnier in Monte Carlo geschont und kaum Aufschläge trainiert. Im zweiten Satz nutzte Berankis, die Nummer 89 der Weltrangliste, seine Chance, den Favoriten unter Druck zu setzen, glich kurzfristig aus zum 4:4, ehe Zverev seinen zweiten Matchball mit einem Ass nutzte. Danach verabschiedete er sich sofort wieder auf den Trainingsplatz - um den Rhythmus zu finden, der ihm nach der zweiwöchigen Spielpause noch fehlte.

Nächster Gegner Zverevs im Viertelfinale am Freitag ist nun ein Qualifikant, Ilja Iwaschka aus Weißrussland, der den Amerikaner Mackenzie McDonald schlug. Casper Ruud, Norwegens Bester, wird gegen den Australier John Millman spielen. Und für die Zukunft wäre vielleicht zu erwägen, ob sich nicht auch noch ein Turniermodus für die anwesenden Väter finden ließe.

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