Tennis:Verhängnisvolles Bauchgefühl

Russia vs Germany

Barbara Rittner (links) stellte Julia Görges (rechts) nicht auf und muss sich nun dafür rechtfertigen.

(Foto: Maxim Shipenkov/dpa)
  • Nach der 2:3-Niederlage im Halbfinale des Fed-Cups gegen Russland steht Temachefin Barbara Rittner in der Kritik.
  • Im entscheidenden Doppel verzichtete Rittner auf Spezialistin Julia Görges und brachte Andrea Petkovic.
  • Schon am ersten Tag hatte sie mit Angelique Kerber und Petkovic die besten Einzelspielerinnen geschont.

Von Matthias Schmid, Stuttgart

Ihr rosafarbenes T-Shirt war etwas gewagt. Aber Maria Scharapowa darf das tragen, auch wenn ihr grelles Oberteil und der rote Untergrund in der Stuttgarter Arena so gut zusammenpassen wie Cocktailkleidchen und Hausschuhe.

Ihr Oberschenkel schien Scharapowa nicht mehr zu plagen, als die Weltranglistenzweite aus Russland am Montagvormittag eineinhalb Stunden mit ihren Trainingspartnern übte und viele Bälle auf dem Ziegelmehl spielte. Noch am vergangenen Wochenende hatte er ihren Einsatz im Fed-Cup-Halbfinale gegen die deutsche Mannschaft verhindert.

Die einzige Doppelspezialistin bleibt draußen

Die deutschen Spielerinnen werden nicht so fit sein, wenn sie am Montagabend das erste Mal auf den Trainingsplatz in Stuttgart gehen, wo in dieser Woche der wichtigste deutsche Tennis-Wettbewerb bei den Frauen ansteht. Erst am frühen Montagnachmittag waren sie aus Sotschi eingetroffen, wo sie gegen Russland nach einer dramatischen Aufholjagd am Ende doch noch 2:3 verloren. Diese bittere Niederlage am Schwarzen Meer dürfte die deutsche Tennisszene noch etwas länger beschäftigen, sie wirft etliche Fragen auf.

Vor allem muss sich Teamchefin Barbara Rittner das erste Mal in ihrer zehnjährigen Tätigkeit unangenehme sportfachliche Debatten gefallen lassen. Vielen Beobachtern ist es noch immer völlig unverständlich, warum sie im entscheidenden Match um die Finalteilnahme auf ihre beste Doppelspielerin Julia Görges verzichtet hatte. Die Sportlerin aus Bad Oldesloe ist die einzige deutsche Spielerin, die Woche für Woche Doppel spielt.

Angelique Kerber kümmerte sich nicht um ihr Visum

Doppel und Einzel entscheiden sich frappierend voneinander, es sind fast zwei unterschiedliche Sportarten, weil man den Raum ganz anders abdecken muss als wenn man alleine auf dem Feld steht. Das Spiel ist schneller, es gibt weniger Ballwechsel, Flugbälle und Aufschläge bekommen eine größere Bedeutung. All diese Punkte sprachen für Görges und gegen Petkovic im Doppel gegen Russland. "Jule rauszulassen war nicht logisch", sagt ein Insider.

Mit Ratio hatte Rittner ihre Entscheidung, kurzfristig Petkovic für Görges zu bringen, auch nicht begründet. "Mein Bauchgefühl hat Petko und Lisicki gesagt", teilte die 41-Jährige nach der klaren Niederlage der beiden gegen Anastasia Pawljutschenkowa und Jelena Wesnina hinterher mit. Es war das erste Mal in ihrer Amtszeit, dass sie mit ihrer Aufstellung wenig Fortune hatte, bisher hatte Rittner meist die richtigen Entscheidungen getroffen. Zum einen weil Absagen ihr keine andere Wahl ließen, zum anderen weil sie sich auf ihr Bauchgefühl verlassen konnte.

Rittner sagt: "Ich bereue nichts"

Diskussionswürdig waren ja schon Rittners Aufstellung am ersten Tag gewesen, als ihre besten Spielerinnen Angelique Kerber und Petkovic nach deren zum Teil abenteuerlichen Anreiserouten (Kerber hatte versäumt, sich um ihr Visum zu kümmern) eine Pause gegönnt hatte. Diese Entscheidung war noch vertretbar gewesen, weil ihre Spitzenspielerinnen über starke Müdigkeit geklagt hatten.

Hätte Lisicki ihren Matchball gegen eine schwache Pawljutschenkowa verwandelt, dann hätte Rittner kaum Kritik und Unverständnis fürchten müssen. So bleiben auch hier Fragen, vor allem die, ob Petkovic und Kerber nicht auch im ermatteten Zustand die Russin besiegt hätten. Am zweiten Tag gewannen sie mühelos ihre Einzel und glichen zum 2:2 aus. "Ich bereue nichts", sagte Rittner lediglich. "Ich hatte meine Gründe und würde beim nächsten Mal wieder so entscheiden."

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