MeinungDeutsche Tennisspielerin:Eva Lys ist eine Inspiration

Kommentar von Jürgen Schmieder, New York

Lesezeit: 2 Min.

Eva Lys bei den US Open in New York.
Eva Lys bei den US Open in New York. (Foto: Geoff Burke/Imagn Images/Reuters)

Die Deutsche leidet an einer rheumatischen Autoimmunkrankheit. Manchmal sind die Schmerzen so stark, dass nichts mehr geht – doch Lys gibt nicht auf.

Nach großen Momenten berichten Sportler oftmals davon, dass sie genau davon als Kind geträumt hätten. Basketballprofi Kobe Bryant hat mit einem Kurzfilm darüber gar einen Oscar gewonnen: Er, sechs Jahre alt, Ball in der Hand, noch fünf Sekunden zu spielen; aus dem Hinterhof mit Mülltonnen wird die Arena der Los Angeles Lakers, in der er als Erwachsener zur Legende werden sollte. Man freut sich für jede Person, die Träume verwirklicht; man kann inspiriert werden, an den eigenen festzuhalten – weiß aber natürlich auch: Kein Mensch wird von einem Traum berichten, der von Niederlagen wegen starker Schmerzen handelt.

Genau das widerfuhr Eva Lys am Donnerstag gegen Linda Noskova aus Tschechien: Ihre rheumatische Autoimmunkrankheit sandte mal wieder starke Schmerzen in den Rücken; schon im ersten Satz hatte Lys behandelt werden müssen, kurz darauf gab sie auf. Zerplatzt war der Traum, bei den US Open zum ersten Mal die dritte Runde oder vielleicht gar mehr zu erreichen. Sie wollte ein paar Minuten später nicht viel darüber sagen; ein Häuflein Elend darf als Freuden-Berg gesehen werden im Vergleich zur Person, die da saß. Das Urteil der Reporter ob der Zwei-Wort-Antworten war vernichtend – so wie bei Alexander Zverev alles andere als der Triumph bei einem Grand Slam als Versagen gewertet wird.

Klar, es geht im Sport um Ergebnisse, deshalb gibt es ja Wettbewerbe: Man möchte herausfinden, wer schneller laufen, höher springen oder eben besser Tennis spielen kann. Man darf Resultate beurteilen, und man darf natürlich auch über Enttäuschungen reden – solange man nicht vergisst: Wer legt eigentlich die Erwartungen fest?

„Das Schlimmste waren die Blicke an der Tankstelle“, so hat es Todd Marinovich mal ausgedrückt. Der Kalifornier war von seinem Vater in den Achtzigerjahren zum Quarterback gedrillt worden und gilt als eine der größten Enttäuschungen der Sportgeschichte, weil er den Druck mit Drogen betäubte. Er hat gerade ein Buch darüber veröffentlicht, über dieses Leben am Limit und dass andere bestimmen, wie man sich zu fühlen habe:  „Der Gesichtsausdruck: ‚Was ich mit deinem Talent gemacht hätte!‘ Wisst ihr eigentlich, wie viel Arbeit, wie viele Entbehrungen nötig waren, um so gut zu werden, dass man dann als Versager gilt?“

Die Natur hat Lys einen Körper gegeben, der sie jeden Morgen mit schwer beweglichen Gelenken aufwachen lässt. Und sie weiß, dass die Schmerzen stellenweise so intensiv sein werden, dass nichts mehr geht. Das kann beim Training sein oder bei einer Grand-Slam-Partie. Sie gibt aber nicht auf. Sie geht damit um, und auch mit den Enttäuschungen, die das alles mit sich bringt. Lys ist damit mindestens so sehr Inspiration wie Leute, die sich große Träume erfüllen. Trotz allem oder sogar gerade deshalb: Sie lebt ihren Traum.

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Eva Lys bei den US Open
:„Ich will zeigen, dass man trotz der Krankheit auf Topniveau spielen kann“

Tennisprofi Eva Lys leidet an einer rheumatischen Autoimmunkrankheit – und muss akzeptieren, dass sie gute und schlechte Tage hat. Bei den US Open glaubt sie an viele gute.

Von Jürgen Schmieder

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