Tennis-Talent:Papas Schule

Sebastian Korda gewinnt das Juniorenturnier der Australian Open - 20 Jahre nachdem sein Vater Petr den Titel bei den Männern holte.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Die Tür ging auf, und es war, als betrete Petr Korda den Raum. Als sei die Zeit zurückgedreht worden. Der Spieler, der hereinkam, war sehr dünn. Er war groß, 1,93 Meter, hatte helles Haar und eine spitze Nase. Der Spieler erinnerte sofort an jenen Mann und jenen Moment, als vor exakt 20 Jahren Petr Korda, 1,90 Meter groß, zur Pressekonferenz erschien, aus ähnlich erfreulichem Anlass: weil er Australian-Open-Sieger geworden war. Der gebürtige Tschechoslowake gewann damals, mit 30, seinen einzigen Grand-Slam-Titel, in Melbourne. Sein Sohn Sebastian darf sich nun auch Champion nennen.

In der Juniorenkonkurrenz setzte sich der 17-Jährige, der mit Vater und Familie in Bradenton/US-Bundesstaat Florida, lebt und Amerikaner ist, im Finale gegen Chun Hsin Tseng aus Taipeh 7:6 (6), 6:4 durch. "Das fühlt sich ziemlich gut an", sagte Sebastian Korda, "es ist etwas Besonderes, inklusive, dass ich jetzt hier in Australien bin. Meine Schwester hat schon hier gewonnen, mein Vater auch." Er strahlte. Seine Schwestern sind auch Profisportler, im Golf. Jessica, 24, gewann 2012 ihr erstes Turnier, im Royal Melbourne Golf Club, Turniername: Australian Open. Nelly, 19, ist seit 2017 ebenfalls Mitglied der LPGA Tour, der höchsten Profiserie in den USA. Ihre Mutter Regina Rajchrtova nahm als Tennisspielerin 1988 an den Olympischen Spielen in Seoul teil.

Sebastian Korda

Sebastian Korda: seine Beinarbeit könnte noch besser werden.

(Foto: AP)

Die Kordas sind eine bemerkenswerte Sportfamilie. Aber es gibt einen Schatten in der Historie des Clans. Beim Vater.

Petr Korda hatte eine erfolgreiche Karriere, er schaffte es bis auf Platz zwei der Weltrangliste, stand 1992 im French-Open-Finale (das er gegen Jim Courier verlor). Nur wenige Monate nach seinem größten Triumph 1998 in Melbourne wurde er positiv auf das Dopingmittel Nandrolon getestet, nach dem Viertelfinal-Aus in Wimbledon. Der Fall zog sich monatelang hin, 1999 wurde Korda rückwirkend für ein Jahr gesperrt. Kurz darauf beendete er seine Karriere. Dieses Thema kam in Melbourne aber nicht zur Sprache.

Petr Korda hatte im Finale der Australian Open den Chilenen Marcelo Rios besiegt, bekannt war er für einen speziellen Freudensprung: die Beinschere. Sein Sohn hat diese Bewegung in Melbourne auch vorgeführt, er scheint einen guten Humor zu haben. "Ich wäre gerne wie Nadal", sagte er grinsend, "aber ich kann es nicht sein." Also spielt er weniger kraftvoll, dafür strategisch - offenbar die Schule des Vaters. Sebastian Korda hat einen Coach des amerikanischen Verbandes, der ihn in Australien begleitete. Zudem kümmerte sich um ihn auch der Tscheche Radek Stepanek, der kürzlich als Profi aufhörte und dem Serben Novak Djokovic als Coach assistiert. In Bradenton übt Sebastian Korda nach wie vor mit dem Vater, der diesmal in den USA blieb. Der Sohn, das ist schnell herauszuhören, ist sein größter Fan.

Tennis-Talent: Petr Korda ist gerade 50 geworden, aber er schlägt den Sohn Sebastian immer noch.

Petr Korda ist gerade 50 geworden, aber er schlägt den Sohn Sebastian immer noch.

50 Jahre alt wurde Petr Korda am 23. Januar, "mein Ziel war es, ihm diesen Sieg zu schenken", sagte Sebastian. Oft hatte er sich Matches seines Vaters angesehen, auf Youtube, mindestens einmal im Monat. Sebastian gab zu, dass er immer noch nicht gegen seinen Vater, den Linkshänder, gewinnen könne. Er ist eben noch zu jung. "Mit den Händen ist er unglaublich beweglich", sagte Patricio Apey, "aber in den Beinen muss er noch besser werden." Der Chilene weiß, wovon er spricht: Er ist nicht nur Kordas Manager, sondern auch der von Alexander Zverev. Den 20 Jahre alten Deutschen hat er auf dem Weg zur Nummer vier der Welt begleitet. "Ich mache in Familienbusiness", scherzte Apey, schon Vater Korda hat er ja betreut. Wobei er Zverev und Sebastian Korda streng als eigenständige Klienten betrachtet. "Wenn Alexander aber mal einen Sparringspartner braucht und es sich ergeben sollte, werden die zwei vielleicht mal zusammen trainieren", sagte er.

In der Juniorenweltrangliste ist Sebastian Korda auf Platz sieben geführt, sein Weg ist vorgezeichnet. Er begann zwar erst mit zehn Jahren konsequent mit Tennis, zuvor war er ein guter Eishockeyspieler. Jetzt, nur sieben Jahre später, steht er an dem Punkt, an dem er übers Profi-Werden nachdenken muss. Daran lässt sich sein Talent erkennen. In Melbourne wurde schon diskutiert, ob er vielleicht für das ATP-Turnier in Delray Beach Mitte Februar eine Wildcard erhält. Golfprofi hätte er auch werden können, Handicap zwei besitzt er, ab Handicap null kann man den Profistatus erhalten. "Golf war mir zu langweilig", erklärte er, "ich mag schnelleres Zeug."

Er hat sich richtig entschieden. Bei dieser Familie ist das wohl keine Überraschung.

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