Mladenovic/Scharapowa:Sofort wieder Favoritin

Tennis: WTA-Tour - Stuttgart - Halbfinale

Dopingsünderin: Maria Scharapowa beim Turnier in Stuttgart 2017.

(Foto: Bernd Weissbrod/dpa)

Maria Scharapowa scheidet bei ihrem Comeback-Turnier in Stuttgart zwar im Halbfinale aus, hinterlässt sportlich aber einen starken Eindruck.

Von Gerald Kleffmann, Stuttgart

Die Szene des Halbfinals war natürlich die, als Mama Dzenita mit dem Tablet vor ihrer Tochter kniete und auf sie einredete, während einer Seitenwechselpause. Im Internet kursierte sofort dieses Bild, als Screenshot festgehalten, und von außen sah es aus, als würde Kristina Mladenovic mit höchst wissenschaftlichen, komplexen Daten versorgt werden. Später, als die Französin strahlend als Siegerin dieses speziellen Duells feststand, verriet die 23-Jährige, dass sie ihrer Mutter, die früher eine Profivolleyballerin war, aber auch einmal gesagt habe, sie "soll sich relaxen". Alles wird gut, so klang das, und das wurde es dann tatsächlich mit einem 3:6, 7:5, 6:4-Halbfinalerfolg. Mladenovic erreichte damit das Endspiel - in dem sie nach hartem Kampf Laura Siegemund unterlag -, damit verbessert sie sich schon mindestens auf Platz 17 der Weltrangliste.

Was Mladenovic zusätzlich gefreut haben dürfte: Sie ist die erste Person, die Maria Scharapowa nach der Rückkehr auf die Tennistour besiegt hat. Für die Russin war es das erste Turnier nach Ablauf ihrer 15-monatigen Dopingsperre. Überdies: Mladenovic, Scharapowa - da war doch was!

Mladenovic gehört nicht bloß zu jenen, die die Wildcard-Vergabe an Scharapowa kritisiert hatten, die nur so in Stuttgart überhaupt starten konnte - Mladenovic besitzt im Grunde das Urheberrecht auf diese Sicht. Vor einem Jahr schon hatte sie als Erste im Gespräch mit Le Parisien unverhohlen gesagt: "Wir alle denken, dass Maria eine Betrügerin ist. Sie hat keine Ausrede, keine Verteidigung. Für mich ist die Diskussion beendet." Auch meinte sie damals, Scharapowa habe gewusst, dass die Substanz verboten sei; sie sprach von dem Herzmittel Meldonium. Und als sie damals auch noch sagte: "Sie kann mit Wörtern spielen, gute Anwälte holen, aber im Prinzip liegt sie falsch. Sie wurde nicht gemocht", war klar: Freundinnen werden die zwei nicht mehr. Besonders schlimm scheint Scharapowa das nicht zu finden. Sie sucht auch keine auf der Tour, wie sie gerne zu verstehen gibt. Das kann man als harsch einstufen - oder als ehrliches Statement einer nur auf den Erfolg ausgerichteten Profisportlerin.

Scharapowa gilt als Favoritin für die French Open - wenn sie in Paris spielen darf

Scharapowa und ihr kleiner Vertrautenkreis registrieren sehr genau, wer sich ihr wie gegenüber verhalten hat und verhält, gleichwohl sie sich nichts anmerken lässt. Duelle mit Gegnerinnen, die Stimmung gegen sie gemacht hatten, würden ihr keine Extra-Motivation geben, betonte sie ohne große Regung in Stuttgart, "ich bin nicht jemand, der das als Antrieb des Comebacks nutzt." Aus ihrer Perspektive ist es tatsächlich das Beste, in diesem Punkt cool zu bleiben, ansonsten müsste sie sich in den nächsten Wochen wohl auf jede zweite Spielerinnen einlassen, so viele haben inzwischen ja schon ihren Unmut über die von Scharapowa angenommenen Wildcards für die Turniere in Stuttgart, Madrid und Rom zum Ausdruck gebracht. Hochgekocht ist dieses Thema nach mehreren Tagen Debatte in Stuttgart aber am Wochenende nicht mehr. Auch Mladenovic hatte vorab ausgewogener noch einmal ihre Meinung dargestellt und sogar Verständnis für die Veranstalter geäußert.

Die Rückkehr von Scharapowa nährt indes die Erwartungen, bei den Buchmachern ist sie bereits Topfavoritin für den Titel bei den Ende Mai startenden French Open in Paris, sie selbst beeindruckte diese Entwicklung nicht. Sie lächelte nur und sagte ein paar Floskeln. Was sollte sie auch dazu sagen? "Ich versuche, mein Tennis für mich sprechen zu lassen", so sieht sie das, und daher zog sie auch in den vergangenen Tagen ihren Stil durch und machte bei aufarbeitenden Fragen zum Thema Doping die Schotten dicht.

Ihr Tennis war indes überzeugend. Sie spielte überwiegend spektakulär. Reihenweise schlug sie Asse oder Winner, sie ging auf jeden Ball, versuchte den Punkt sofort zu gewinnen, ihr Tempo war beeindruckend. Fast hätte es auch gegen Mladenovic gereicht, Scharapowa führte schon mit 2:0 im zweiten Satz. Dann aber machte sie doch die Belastung der vergangenen Woche bemerkbar, "ich habe kurz etwas nachgelassen", sagte sie. Drei Matches in Serie, die wirklich zählen, hatte sie ja seit langem nicht mehr absolviert, an diese Belastung muss sie sich wieder gewöhnen.

Als Nächstes startet sie in Madrid. "Es ist eine gute Basis, mit der ich hier gestartet bin", durfte Scharapowa zu Recht sportlich urteilen. Auch fit sei sie gewesen, selbst als sie 2:5 im dritten Satz zurücklag, fühlte sie sich noch gut, und fast glich sie ja aus. "Ich möchte die Müdigkeit nach Matches wieder spüren", sagte sie. Nun hat sie wieder regelmäßig die Chance dazu. Allerdings verpasste Scharapowa mit der Halbfinalniederlage, sich so viele Punkte zu erspielen, dass sie noch automatisch ins Qualifikationsfeld der French Open gerutscht wäre. Am Montag ist der Stichtag, an dem das Ranking genommen wird. Nun ist sie also in Paris fix auf eine Wildcard angewiesen.

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