Caroline Wozniacki bei den US OpenSpielerin aus einer anderen Epoche

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Caroline Wozniacki steht im Achtelfinale von New York.
Caroline Wozniacki steht im Achtelfinale von New York. (Foto: Al Bello/Getty Images via AFP)

Arthritis, zwei Kinder, Rücktritt – und nun wieder das Viertelfinale? Das Leben von Caroline Wozniacki hat einige Haken geschlagen, dabei ist sie immer noch erst 34. Bei den US Open spielt sie nun wieder, als wäre sie nie weg gewesen.

Von Gerald Kleffmann, New York

Nach dem Match, das sie soeben gewonnen hatte, ließ sich Caroline Wozniacki noch kurz auf dem Grandstand, dem drittgrößten Platz der Tennisanlage auf der Anlage interviewen. Und natürlich kam eine Frage zu Serena Williams. Schließlich war die frühere Tennisspielerin, die 23-malige Grand-Slam-Gewinnerin, die immer noch eine schillernde Persönlichkeit ist, just an diesem Samstag bei den US Open aufgetaucht, als Besucherin. „Ich bin ziemlich sauer auf sie, weil sie nicht zu meinem Match gekommen ist“, sagte Wozniacki, „ich habe gesehen, wie sie Tommy angesehen hat.“ Sie meinte die Drittrundenpartie des amerikanischen Profis Tommy Paul. „Ich glaube, darüber müssen wir später reden.“ Sie grinste. Ein Scherz.

Nicht alle dürfen so über Serena Williams reden. Wozniacki schon. Sie und Williams waren enge Freundinnen, Weggefährtinnen auf der Tour, ehe beide Familien gründeten und einander, wie das oft so ist, aus den Augen verloren. „Ich hoffe, wir treffen uns hier“, sagte Wozniacki und lächelte.

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Aus der Entfernung sah sie genau so aus wie früher, als sie das erfrischende, aufgeschlossene Talent aus Dänemark war, dem die Tenniswelt offenzustehen schien. Und so vieles erfüllte sich ja auch, manches wiederum nicht, das Leben der Caroline Wozniacki hat wahrlich – gerade in den vergangenen sechs Jahren – Haken geschlagen. In New York wirkt es einerseits, als sei sie nie weg gewesen. Jeder weiß, wer gemeint ist, wenn von Caroline die Rede ist. Andererseits wirkt sie wie jemand aus einer ganz anderen, fernen Epoche. Dabei ist sie immer noch erst 34 Jahre alt.

2018 gewann sie in Melbourne ihren einzigen Grand-Slam-Titel, 2019 bekam die Dänin die Diagnose, sie habe rheumatoide Arthritis

Wozniacki zählte anfangs zweifellos zur Kategorie der Tennissternchen, sie war die Nummer eins der Juniorinnen, fasste rasch Fuß auf der Erwachsenentour, bei den US Open 2008 erreichte sie das Achtelfinale, wie jetzt auch, 16 Jahre später. Eine bemerkenswerte Leistung. Wozniacki wurde 2010 schon die Nummer eins der Weltrangliste, Werbemillionärin, die großen Titel holte sie indes erst später, 2017 gewann sie die WTA Finals, 2018 die Australian Open. Im August 2019 wurde bei ihr rheumatoide Arthritis festgestellt, nach den Australian Open 2020 hörte sie als Profi auf, mit 29. Mit ihrem Mann, dem früheren Basketballprofi David Lee hat sie inzwischen einen Sohn und eine Tochter, sie genossen das neue Leben. Bis Wozniacki vor einem Jahr entschloss, es noch einmal als Tennisspielerin zu versuchen. Lee unterstützt sie dabei.

Dank Wildcards, an sie vergebene Startplätze für WTA-Turniere, nahm sie am Spielbetrieb teil. Zunächst verlor sie, ohne viel Praxis, in frühen Runden. Doch bei den US Open 2023 erreichte sie das Achtelfinale und scheiterte an der späteren Siegerin Coco Gauff aus den USA in drei Sätzen. Nun, zwölf Monate danach, ist sie 71. der Weltrangliste, es kann aber schon jetzt weiter hochgehen. Wozniacki spulte bei ihren klaren Siegen gegen die Japanern Nao Hibino (6:0, 6:1), die Mexikanerin Renata Zarazúa (6:3, 6:3) und die Französin Jessika Ponchet (6:3, 6:2) das typische Wozniackitennis ab, das fast Patina zu haben scheint, wenn man es mit der Kraft einer Aryna Sabalenka oder mit der Flinkheit der Weltranglistenersten Iga Swiatek vergleicht. Aber für so viele Gegnerinnen reicht das fehlerarme Grundlinienspiel immer noch, gegen Beatriz Haddad Maia hat Wozniacki sicher Chancen, ihr erstes Viertelfinale bei einem Grand-Sam-Turnier seit 2018 zu erreichen.

Vor einiger Zeit schmerzte der Rücken, aber sie weiß, sie ist auch so älter geworden

Ihre Arthritis hat sie weitgehend im Griff, vor einiger Zeit schmerzte der Rücken, aber sie weiß, sie ist auch so älter geworden. „Ich spüre, dass ich nicht mehr 20 bin und dass ich mich nicht mehr wie eine 20-Jährige erhole“, sagte sie am Samstag. Physisch sei die Rückkehr am schwierigsten gewesen, gab Wozniacki zu, sie hätte ihren Körper wieder an den Leistungssport heranführen müssen. „Und wenn man Kinder hat, hat man viel weniger Zeit für alles andere“, sie meinte Regenerationsphasen und Aufbautraining.

Die Freude an ihrem Beruf strahlt sie aus, wie früher, deshalb war sie auch stets beliebt, bei Kolleginnen, Zuschauern, Journalisten. Wozniacki gibt bei diesen US Open wunderbare Pressekonferenzen, sie ist unprätentiös und eloquent. Wie selbstverständlich darf sie stets im Hauptsaal reden, sie ist ja die Caroline, sie hat sich diese Sonderrolle verdient. „Ich liebe es, vor großem Publikum zu spielen“, sagte sie, „ich liebe New York im Allgemeinen, und ich denke, das zeigt sich in meinen bisherigen Ergebnissen hier.“ Sie hoffe, ihre Serie noch „fortsetzen zu können“.

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