Roger Federer hat sich am Dienstag ziemlich weit vorgewagt und ein Versprechen gegeben, an dem er bald gemessen werden wird. "Ihr werdet das in meinem nächsten Match sehen", sagte er, und die Menge lachte auf - auch Jim Courier, der ihn interviewte. Die beiden standen auf dem Platz der Rod Laver Arena.
Der Amerikaner, der mal die Nummer eins war, die Australian Open zweimal gewonnen hatte (1992/1993) und berühmt wurde, weil er danach in den brühigen Yarra River vor der Anlage des Melbourne Park gesprungen war, hatte sich zuvor beschwert. SABR, die sogenannte "Sneak Attack by Roger", habe der Schweizer schon lange nicht gezeigt. "Hast du diesen Trick vergessen?", fragte Courier.
Bei dieser Nummer handelt es sich um einen blitzschnell geblockten Return, dem eine sofortige Attacke ans Netz folgt. Im vergangenen Jahr hatte Federer den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic beim 1000er-Turnier in Cincinnati damit überrumpelt. In Melbourne hat er aber bislang auf das bewährte Federer-Tennis zurückgegriffen, im Viertelfinale räumte er den langjährigen Top-Ten-Mann Tomas Berdych aus Tschechien fast lässig mit 7:6 (4), 6:2, 6:4 aus dem Weg. Bei 24 von 29 Netzangriffen war Federer erfolgreich, ein außerordentlich guter Wert, auf den sich der smarte Profi aber nicht zu viel einbilden wollte.
Er weiß, dass sich Angriffe je nach Ballwechsel anders entwickeln, für ihn war daher etwas sehr Grundsätzliches wichtig: "Ich habe meinen Rhythmus, ich fühle mich gut", das sagte er, und daher sieht er auch dem Halbfinale mit Novak Djokovic (er besiegte Kei Nishikori 6:3, 6:2, 6:4) gelassen entgegen. "Die Besten muss man sowieso schlagen, ob im Halbfinale oder Finale, ist egal." In Melbourne steht Federer, der weiter seine Bestmarken kontinuierlich ausbaut, zum zwölften Mal im Halbfinale, es ist sein 39. Halbfinale bei einem Grand Slam insgesamt.
Australian Open:Australian Open: Williams entmutigt Scharapowa
Die Amerikanerin hat nur einen Satz Mühe, um ins Halbfinale der Australien Open einzuziehen. Dort stehen auch Agnieszka Radwanska, Roger Federer - und Julia Görges.
Die absoluten Branchenriesen gehen damit weiter ihren Weg, denn auch die Amerikanerin Serena Williams erreichte nicht mühelos, aber letztlich doch souverän das Halbfinale. Sie verpasste Maria Scharapowa den nächsten Albtraum. Im ersten Match des Dienstags hatte die 34-jährige Amerikanerin die Russin mit 6:4, 6:1 besiegt, für sich alleine betrachtet war es einfach nur ein Erfolg in einem Viertelfinale eines Grand Slams. Im Kontext beider Karrieren aber wirkte dieser Sieg mal wieder desillusionierend für die Russin. 18-mal verlor die nun 28-Jährige gegen Williams - in Serie. Das letzte Mal, als Scharapowa gegen Williams gewann, war 2004.
Dabei hatte sich Scharapowa, die zuletzt eine Unterarmverletzung überstanden hatte, prächtig gefühlt, sie hatte sich mit Trainer Sven Groeneveld eine mutigere Taktik zurechtgelegt und vor allem beim Return aggressiver agiert. Sie ging 2:0 in Führung, sie konterte, als Williams auf 2:3 davonzog, sie wehrte verbissen drei Satzbälle ab. Aber Williams' Kraft kann sie über die lange Strecke zu wenig entgegensetzen. "Es gibt etwas in ihrem Spiel, das ich mag", sagte Williams. Da hätte Scharapowa erwidern können: Und es gibt etwas an deinem Spiel, das ich nicht mag.
Die großen Überraschungen bleiben damit vorerst weiterhin aus, denn auch Niederlagen sehr prominenter Spieler sind wohl nicht als Sensationen oder dergleichen zu werten. Das Erstrunden-Aus des Spaniers Rafael Nadal gegen den Landsmann Fernando Verdasco war eher bezeichnend für die schon lange andauernde Formsuche des 14-maligen Grand-Slam-Siegers.
Mit dem Erfolg von Milos Raonic gegen den Schweizer Stan Wawrinka, der 2014 in Melbourne triumphierte und 2015 bei den French Open, war insofern zu rechnen, da der Kanadier schon vor dem Turnier zum engeren Favoritenkreis zählte, er hat durch seinen neuen Trainer einen Schub gemacht. Der Spanier Carlos Moya, der 1999 mal für zwei Wochen die Nummer eins der Welt war, hilft ihm nun dabei, ruhiger auf dem Platz zu bleiben und doch konsequent das donnernde Spiel durchzuziehen; bei seinem Fünfsatzsieg am Montag glänzte der 1,96 Meter große Athlet mit 24 Assen und 54 Punkten bei 83 Netzangriffen.
Tennis:Australian Open: Mixed-Doppel unter Manipulationsverdacht
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Das überraschendste Viertelfinale hat sich bei den Frauen herauskristallisiert, die Britin Johanna Konta und die Chinesin Shuai Zhang werden am Mittwoch ihre Partie bestreiten. Konta war vor einem Jahr noch die Nummer 144 der Welt, in der Qualifikation gescheitert und trat hauptsächlich bei kleineren ITF-Turnieren an. In der ersten Runde hatte die 23-Jährige Venus Williams besiegt, im Achtelfinale dann die Russin Ekaterina Makarowa.
Eine der schönsten Geschichten aber ist die von Zhang, die eigentlich ihre Karriere nach diesem Turnier beenden wollte, weil sie so erfolglos bei Grand-Slam-Turnieren war; bei 14 Versuchen hatte sie kein Match gewonnen. Diesmal reisten gar erstmals in ihrer Karriere ihre Eltern an, um sie wenigstens einmal gesehen zu haben. Sie haben das tatsächlich zuvor nie gemacht. Und dann gewann die 26-Jährige Match für Match, im Achtelfinale profitierte sie davon, dass die favorisierte Amerikanerin Madison Keys angeschlagen war. Ihren Dreisatz-Erfolg schmälert das kaum.