Süddeutsche Zeitung

Tennis:Roger Federer träumt von Eishockey

Ein halbes Jahr vor seinem 40. Geburtstag kündigt der Schweizer seine Rückkehr auf die Tennis-Tour an - doch er freut sich bereits aufs Leben nach der Karriere.

Von Gerald Kleffmann

Das Radio-Interview fand im Schweizer Kanal SRF statt, Reporter-Legende Bernie Schär, ungefähr seit Wilhelm Tells Zeiten mit Mikrofon leidenschaftlich unterwegs, führte es auf Schwyzerdütsch. Also in einer Sprache, die nicht viele verstehen. Und doch war es wieder bemerkenswert, wie schnell dieses Gespräch um den Erdball sauste, versehen mit den wichtigsten Aussagen: Er kommt zurück! In Doha! Aber mit neuen Prioritäten! Vermutlich könnte Roger Federer auch auf Klingonisch etwas zum Besten geben, in Kapstadt, Tokio und Rio würde man trotzdem eine halbe Stunde später Bescheid wissen, was er da von sich gegeben hat.

Auch wenn der 20-malige Grand-Slam-Sieger seit Monaten abgetaucht war, um seine Verletzung am rechten Knie auszukurieren, die zwei operative Eingriffe erforderte, war er natürlich nie in Vergessenheit geraten. Im Gegenteil. Alle Tennis-Welt wollte wissen, was Federer macht und plant; sein bisher letztes Match bestritt er vor einem Jahr, im Halbfinale der Australian Open gegen Novak Djokovic. Es war keine leichte Entscheidung, wie er zugab. "Ich habe mir lange überlegt, wann und wo ich zurückkommen soll. Australien war wegen meines Knies noch ein Spürchen zu früh", sagte Federer nun also. "Das tut schon weh. Es ist einer der Orte, wo ich am liebsten spiele."

Die Australian Open, die am 8. Februar starten, hatte er seit 2000 nicht verpasst. Seine Wahl fiel auf das ATP-Turnier in Doha (8. bis 13. März). "Ich wollte mein Comeback bei einem kleineren Turnier geben, um nicht voll im Fokus zu stehen, und wo der Stress auch etwas kleiner ist." Nach Doha spielt er eventuell noch ein Turnier, dann wolle er einen Konditionsblock einlegen. "Ich werde auch wieder versuchen, auf Sand zu spielen", sagte Federer, "das Ganze natürlich im Hinblick auf Halle, Wimbledon, Olympia und die US Open."

Dass er die rote Asche betreten will, ist interessant, denn folgt man seiner Logik der vergangenen Jahre, würde dieser Belag als Spielort für ihn nicht gänzlich Sinn ergeben. Auf Sand werden die Gelenke besonders beansprucht, Paris hatte er viele Jahre gemieden, ehe er 2019 am Bois de Boulogne mal wieder aufschlug und erst im Halbfinale verlor. So drängt sich zwangsläufig die Spekulation auf: Wird das seine letzte Saison? Versucht er etwa, Roland Garros zu bestreiten, um sich vom wichtigsten Sandplatzturnier zu verabschieden?

"Ich möchte Skifahren gehen können mit den Kindern und mit Mirka. Oder auch wandern"

Dass ihn Debatten zu seinem möglichen Rücktrittsdatum verständlicherweise nie sonderlich begeisterten, wird das Aufleben eben dieses Themas in dieser Saison nicht verhindern können. Zumal einige seiner neuen Sätze sich sehr nach Freude auf das zweite Leben anhören. "Ich möchte Skifahren gehen können mit den Kindern und mit Mirka. Oder auch wandern, Basketball spielen oder mit Eishockey anfangen - ich habe noch so viele Träume", sprach er etwa, "dazu brauche ich einen guten Körper, und diesen will ich nicht gegen die Wand fahren." Er werde jedenfalls "nicht krankhaft versuchen, auf der Tour zu bleiben".

Zwar versprach er: "Ich will noch einmal große Siege feiern. Und dafür bin ich bereit, den langen, harten Weg zu gehen." Aber seine Absichtserklärungen beinhalten unüberhörbar klare Einschränkungen. Wenn es mit der Familie oder dem Körper nicht gehe, machte er klar, werde er die Reißleine ziehen. Nein, Federer forever wird es nicht geben, auch wenn das seine Millionen Fans am liebsten so hätten. Im August wird er 40 Jahre alt.

Der Übergang ins Privatleben ist ohnehin längst im Fluss, auf seine typisch leichte Art verriet er noch, wie sich die Federers, die aus Frau Mirka und den zwei Zwillingspaaren bestehen, neu sortiert haben. "Ich habe jetzt mehr die Rolle des Quarterbacks eingenommen, ich war der Organisator. Ich wusste genau, was alle vier Kinder machen, und habe geschaut, dass wir nirgends zu spät kommen. Ich bin so auch zum Fahrer der Familie geworden."

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