Tennis:Phasen des Rausches

French Open

Aufgepeitscht: Maria Sakkari während ihres Viertelfinals gegen Iga Swiatek.

(Foto: Gonzalo Fuentes/Reuters)

Maria Sakkari beendet auf furiose Art die Siegesserie von Iga Swiatek in Paris und steht überraschend im Halbfinale. Die French Open werden in jedem Fall eine Premieren-Gewinnerin erleben.

Von Gerald Kleffmann, Paris/München

Spätestens als die Physiotherapeutin den berühmtesten Sandplatz im Tennisgeschäft betrat, war klar, dass dieser Nachmittag nicht wie erwartet verlaufen würde. Plötzlich poppten überall Probleme auf für Iga Swiatek. Spielerisch lief es für die Energie-geladene Titelverteidigerin der French Open, die im vergangenen Herbst eine der großen Sportgeschichten des Jahres fabrizierte, zunächst eigentlich ganz gut. Sie nahm ihrer Gegnerin gleich das Aufschlagspiel zum 2:0 ab. Maria Sakkari, die muskulöse Griechin, ließ sich aber keineswegs einschüchtern, überhaupt bewies die Weltranglisten-18., dass man auch mit Körpersprache Zeichen setzen kann. Gewinnschläge zelebrierte sie mit Fäusten in die Luft, sie wiegelte sich derart auf, dass sie sich irgendwann tatsächlich in einen Rausch spielte. Die 20-jährige Polin, die zuvor sagenhafte 22 Sätze in Serie in Paris gewonnen hatte, zeigte ungewohnte Schwächen. So kam es, dass Swiatek etwas tun musste, was sich letztmals im Achtelfinale 2019 ereignete: Sie musste der Kontrahentin gratulieren. 4:6, 4:6 unterlag sie Sakkari, der 26 Winner-Schläge gelangen (17 Swiatek).

Damit steht auch fest, dass Roland Garros nicht nur eine neue Siegerin erleben wird. Am Samstag wird auch eine Akteurin zum ersten Mal überhaupt einen Grand-Slam-Pokal in Empfang nehmen. Ein derartiges Überraschungshalbfinale hat es lange nicht im Frauentennis auf Major-Ebene gegeben. An diesem Donnerstag stehen sich zum einen die Russin Anastasia Pawljutschenkowa und die Slowenin Tamara Zidansek (ab 15 Uhr) gegenüber sowie die Tschechin Barbora Krejcikova und Sakkari. Krejcikova, 25, aus Brünn, die Nummer 33 der Welt, durchlebte dabei emotionalste Turbulenzen. Vor dem Viertelfinale gegen die Amerikanerin Sloane Stephens schloss sie sich im Physioraum ein, weinte und wollte ob ihrer Versagensängste nicht spielen. Ihre Sportpsychologin stimmte sie per Telefon um. Dann siegte Krejcikova 6:2, 6:0, und am Mittwoch rang sie die talentierte Cori Gauff, 17, aus den USA 7:6 (6), 6:3 nieder. Gauff zerhackte vor Wut sogar einen Schläger.

Zidansek, 23, stand vorher noch nie in Runde drei eines Grand Slams. Sie nutzte die Lücken im Tableau, die sich nach den Niederlagen der Etablierten auftaten. Erneut wird sie die Außenseiterin sein. Andererseits: Pawljutschenkowa, seit 2006 Profi, stand auch noch nie in einem Slam-Halbfinale. Es wäre überraschend, würde dieses Frauenturnier nicht weitere Überraschungen bereithalten.

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