Tennis:Oh, wie schön ist Malaga

Tennis: Das Erfolgsteam von der Gruppenphase in Hamburg tritt auch in Malaga an. Im September jubelten Tim Pütz (v.li.), Kevin Krawietz, Jan-Lennard Struff, Oscar Otte und Yannik Hanfmann.

Das Erfolgsteam von der Gruppenphase in Hamburg tritt auch in Malaga an. Im September jubelten Tim Pütz (v.li.), Kevin Krawietz, Jan-Lennard Struff, Oscar Otte und Yannik Hanfmann.

(Foto: Frank Molter/dpa)

Die deutsche Davis-Cup-Mannschaft wirkt geschlossen wie lange nicht - auch ohne Alexander Zverev rechnet sich Michael Kohlmanns Team gute Chancen bei der Finalrunde aus, die an einem neuen Ort stattfindet.

Von Gerald Kleffmann, Malaga/München

Kanada wird an diesem Donnerstag mit Felix Auger-Aliassime und Denis Shapovalov in den beiden Einzeln antreten, der Nummer sechs und der Nummer 18 der Weltrangliste. Das deutsche Team wird wohl von Oscar Otte und Jan-Lennard Struff vertreten, der Kölner ist 65. im Ranking, der Warsteiner 152. nach einer schwierigen, von Verletzungen geplagten Saison. Aber Michael Kohlmann strahlt dennoch Zuversicht aus und schwärmt von seinen Spielern vor dem Viertelfinale, mit dem das deutsche Team in die Endrunde des Davis Cups in Malaga einsteigt (16 Uhr/Servus TV).

Seine Mannschaft würde "nie aufgeben", "immer dranbleiben", dieser Geist sei "so mit der Zeit gekommen". In jeder Trainingseinheit seien die Spieler motiviert, versichert der Teamchef und hebt noch einen Aspekt hervor: "Wir haben jetzt seit 15 Partien kein Doppel verloren, und es ist egal, wer da gespielt hat, ich glaube, das steht für sich selbst." Das stimmt, erst waren Tim Pütz und Struff, einst Tim und Struffi genannt, nicht zu bezwingen, dann Kevin Krawietz und Andreas Mies nicht, zuletzt siegten Krawietz und Pütz dreimal bei drei Einsätzen in Serie. "Diese Serie, da muss ich schnell klopfen", sagt Kohlmann im Rahmen einer Pressekonferenz, die auch per Video übertragen wird, "reißt hoffentlich nicht."

Zunächst einmal wirtschaftete Gerard Piqué mit seinen Geldgebern Format und Ruf herunter

Die deutsche Männer-Auswahl des DTB kämpft nun zum dritten Mal hintereinander in der Endrunde der letzten acht Teams um die einst so renommierte "hässlichste Salatschüssel der Welt", wie oftmals der Pokal im Davis Cup leicht spöttisch umschrieben wird. 2018 hatte sich eine Investorengesellschaft um Gerard Piqué, den langjährigen Fußballprofi des FC Barcelona, die Rechte an dem Nationenwettbewerb gesichert, der Tennis-Weltverband ITF ließ sich von dem Versprechen locken, dass drei Milliarden Dollar binnen 25 Jahren fließen würden. Doch zunächst einmal wirtschaftete Piqué mit seinen Geldgebern Format und Ruf herunter. Der Modus wurde Jahr für Jahr verändert, "es ist Jahr vier, aber auch das vierte unterschiedliche Jahr. Man konnte sich bislang noch nicht richtig an etwas gewöhnen", sagt dazu Kohlmann mit feinem Gespür für nett verpackte Kritik.

Tennis: "Der Wettbewerb ist viel enger geworden": Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann (hier während der Spiele in der Gruppenphase mit den Doppelspielern Kevin Krawietz (links) und Tim Pütz.

"Der Wettbewerb ist viel enger geworden": Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann (hier während der Spiele in der Gruppenphase mit den Doppelspielern Kevin Krawietz (links) und Tim Pütz.

(Foto: Frank Molter/dpa)

Am meisten traf die Nationen, dass die beliebten Heimspiele abgeschafft worden waren. Als in diesem Frühjahr auch noch Abu Dhabi als Austragungsort für die entscheidenden finalen Runden ins Spiel kam, schien sich dieser traditionsreiche Wettbewerb in einen reinen Kommerz-Wettkampf, der meistbietend verhökert und filetiert wird, zu verwandeln. Piqués Marketing-Agentur Kosmos, das macht Kohlmann auch deutlich, bog im letzten Moment aber doch noch richtig ab. Vielleicht freilich auch, weil ein Deal mit Abu Dhabi aufgrund eines organisatorischen Wahnsinns, den eine Finalrunde dort direkt im Anschluss an Gruppenspiele zuvor in Europa nach sich gezogen hätte, geplatzt war; Malaga sprang dann ein. Die Wahrheit zum Scheitern dieser kolportierten Pläne kam nie ganz ans Licht. Mit Transparenz kann sich Kosmos, das sonst knallige Werbeparolen auffährt, nicht prahlen.

Immerhin aber wurden die richtigen Schlüsse gezogen. Dass der erfahrene frühere Spitzenspieler David Ferrer zum Turnierdirektor des Davis Cups ernannt wurde, ist sicherlich auch eine gute Entscheidung. Der Spanier versteht die Spieler. Was das Thema Heimrecht betraf, band man im vergangenen Jahr bereits erstmals wieder die Nationen mehr ein, drei Gruppenphasen wurden 2021 zeitgleich abgehalten, in Innsbruck, Turin und Madrid. In Österreich behauptete sich die DTB-Auswahl, musste sofort aber nach Madrid hetzen, weil im Anschluss die finale K.o.-Runde der verbliebenen acht Teams stattfand. Diese beiden Termine - Gruppenphase und Endrunde - wurden nun entzerrt. Mitte September durfte so der DTB in Hamburg erstmals die Partien einer der drei Gruppen ausrichten, sehr zur Freude auch von Kohlmann. Er begrüßt ausdrücklich einen Wechsel der Gastgeberländer, "so kommt jeder mal in den Genuss von Heimspielen".

"In dieser Konstellation haben wir das ganze Jahr bestritten, das merkt man dann auch in wichtigen Situationen."

Zudem hält er den zeitlichen Ablauf nun für fairer, schließlich ist kein Team begünstigt. Im vergangenen Jahr noch durfte der spätere Sieger Russland, das in Madrid die Gruppenphase bestritt, gleich in der Hauptstadt bleiben, während die anderen Nationen erst einflogen und sich an die Bedingungen gewöhnen mussten. "Ich glaube, dass die Änderungen greifen", sagt Kohlmann anerkennend und sieht auch deshalb Chancen für sein Team: "Der Wettbewerb ist viel enger geworden. Dadurch, dass es nur drei Matches gibt, mit zwei Einzeln und einem Doppel. Ich habe das Gefühl, dass auch schlechtere Mannschaften Überraschungen schaffen können."

Kohlmanns Gedanke beinhaltet natürlich auch ein bisschen Eigennutz, denn dadurch, dass das Doppel aufgewertet wurde, steigen eindeutig die deutschen Chancen. "Früher war es einer von fünf Punkten, nun ist es einer von dreien. Das kommt uns sehr zugute", sagt der 48-Jährige, früher ein Doppelspezialist, der es auch als Vorteil sieht, dass sein Team diese Saison in unveränderter Formation bewältigte: "In dieser Konstellation haben wir das ganze Jahr bestritten, das merkt man dann auch in wichtigen Situationen." Nur beim Erstrundensieg in Brasilien war noch Alexander Zverev dabei, der sich später in Paris bei den French Open folgenschwer verletzte. In Malaga sind folglich Struff, Otte, Pütz, Krawietz und Yannik Hanfmann dabei. Oscar Otte, der 2022 neu zum Team stieß, schwärmt vom Geist dieser Mannschaft: "Wir verstehen uns wirklich gegenseitig, da gibt's keine Ausnahmen. Alle sind total bodenständig, es gibt keine Starallüren, man fühlt sich einfach wohl."

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