Tennis: Novak Djokovic:18:0

Novak Djokovic gewinnt auch in Indian Wells und bleibt damit im Jahr 2011 unbesiegt. Nun allerdings muss er seinen Lieblingsbelag verlassen und sich auf Nadals Territorium begeben.

Milan Pavlovic

Eine der berüchtigtsten Waffen von Rafael Nadal ist seine Unerbittlichkeit. Er kann seine Gegner so lange für Punkte arbeiten lassen, bis bei ihnen Wille und Überzeugung so sehr nachlassen, dass der Spanier leichtes Spiel hat. Dieser Moment schien auch im Finale von Indian Wells gekommen zu sein. Novak Djokovic hatte eine Menge versucht, hatte ein Break im ersten Satz aufgeholt, ehe er ihn dann doch 4:6 verlor.

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Jubel nach dem Erfolg: Novak Djokovic rang in Kalifornien sogar Rafael Nadal nieder.

(Foto: AFP)

Nach zögerlichem Beginn war der Serbe mutiger geworden und hatte sich einen 4:2-Vorsprung in Durchgang zwei herausgearbeitet. Doch das Rebreak folgte sogleich, und in diesem Augenblick sprach alles für Nadal, zumal sein Gegner jahrelang Schwierigkeiten hatte, mentale Schwächen zu überwinden.

Das allerdings war der Novak Djokovic der Vergangenheit. Der Djokovic des Jahres 2011 ist anders. Robuster. Unerschütterlich. "Ich bin gewillt, jedes einzelne Match zu gewinnen, das ich bestreite", sagte er in Kalifornien. Also schüttelte er die Enttäuschung über den Spielverlauf kurz ab, gewann im nächsten Aufschlagsspiel einen epischen Ballwechsel dank seiner Defensivkünste, brachte sein Service zum Satzausgleich durch - und hatte damit seinerseits den Widerstand des Gegners gebrochen. Ein größeres Kompliment kann man einem Spieler im Nadal-Zeitalter des Tennissports kaum machen.

Im abschließenden Satz agierte der Serbe völlig befreit, und nach etwa zwei Stunden und dem 4:6, 6:3, 6:2 stand fest, dass Djokovic auch nach 18 Spielen in diesem Jahr weiterhin unbesiegt ist, mit Turnier-Erfolgen in Melbourne (sieben Siege), Dubai (fünf) und Indian Wells (sechs). Er reitet weiter auf der Welle des Davis-Cup-Triumphs im Dezember 2010, der seine Bilanz sogar auf zwanzig gewonnene Einzel in Serie erweitert. "Ich spiele momentan so gut wie noch nie in meiner Karriere", sagte der gerade einmal 23-Jährige nach der Partie, und als müsste er irgendeinen Gegner beruhigen, fügte er hinzu: "Ich fühle mich aber nicht unbezwingbar. Niemand ist das."

Es gibt freilich Zeichen dafür, dass dies nicht bloß eine Phase ist, sondern dass Djokovic sich anschickt, Roger Federer als besten Hartplatz-Spieler zu beerben. Er hat den Schweizer als Nummer zwei der Weltrangliste abgelöst, hat die vergangenen drei Duelle auf Hartplätzen für sich entschieden (in den Halbfinals der US Open, der Australian Open sowie in Indian Wells), und nun gelang es dem Serben erstmals, Federer und Nadal im selben Turnier zu bezwingen.

Wie Wassermelonen

Diese 1-2-Kombination war vor ihm nur fünf anderen Spielern gelungen. "Das fühlt sich großartig an, und es ist die Krönung meiner bisherigen Ergebnisse in diesem Jahr." Dass vor ihm jetzt nur noch Rafael Nadal steht, findet Djokovic "verdient". Vor ein paar Jahren hätte diese Aussage noch überheblich geklungen. Derzeit ist sie angemessen.

Um wieviel besser Djokovic geworden ist, lässt sich daran erkennen, dass er sein eigenes Spiel während der Partie messerscharf analysiert - und die Mittel hat, es zu ändern. "Ich war unzufrieden mit mir im ersten Satz, weil ich zu passiv agierte", schilderte er später seinen Erkenntnisprozess während des Endspiels. Also "rückte ich ins Feld hinein und traf die Bälle früher", wodurch er Nadal immer mehr in die Defensive drängte und zu Fehlern zwang. Zugute kommt Djokovic dabei, dass "ich den Ball momentan besser sehe als je zuvor".

Tennisspieler reden gerne davon, dass die Bälle in ihren Augen dann so groß wie Wassermelonen sind - aber längst nicht so hart zu schlagen. Das und seine vorzügliche Antizipation ermöglichen es Djokovic derzeit, die Bälle nach Belieben zu verteilen und Rhythmus und Tempo unerwartet zu wechseln. Schon lange hat man niemanden gesehen, der einen gesunden Rafael Nadal so oft auf dem falschen Fuß erwischt oder ausmanövriert hat.

Der Spanier war trotzdem nicht übermäßig betrübt über seine Niederlage. Er schien erstens froh darüber zu sein, dass er sechs Spiele ohne neue (oder neu aufgebrochene) Zipperlein beendet hatte. Es war immerhin sein erstes Turnier seit der verletzungsbedingten Niederlage im Viertelfinale der Australian Open. Und außerdem weiß der Spanier: Jetzt steht zunächst nur noch ein großes Hartplatz-Turnier an (von Mittwoch an in Miami), dann muss Djokovic seinen Lieblingsbelag verlassen und sich auf Nadals Territorium begeben: die schweren, langsamen Sandplätze Europas.

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