Tennis in Indian Wells:Der ewige Grinder

BNP Paribas Open - Day 7

"Natürlich bin ich glücklich": Andy Murray ist immer noch der impulsive Spieler - aber endlich auch mal fit und gesund.

(Foto: Clive Brunskill/AFP)

Andy Murray beweist sich und der Tenniswelt, dass er trotz endloser Verletzungsgeschichten immer noch auf höchstem Niveau spielen kann. In Kalifornien trifft der 34-jährige Schotte nun auf Alexander Zverev.

Von Gerald Kleffmann

Andy Murray war kürzlich für einen Moment ein Glückspilz, und er selbst sah das auch so. Er hatte doch glatt seinen Ehering verloren. Und dann tauchte er wieder auf. Die Tenniswelt weiß das so genau, weil Murray am Rande des Tennisturniers in Indian Wells seinen 1,7 Millionen Followern bei Instagram ausführlich von seinem Malheur berichtet hatte. Seine Tennisschuhe, an deren Schnürsenkel der Schotte stets den Ring beim Spielen festbindet, hatten nach dem Training derart streng gerochen, dass er sie nicht im Auto, sondern lieber darunter lassen wollte.

Zum Durchlüften. Tja, am nächsten Morgen waren sie weg. "Sie ist nicht gut auf mich zu sprechen", teilte Murray, 34, daraufhin seiner Fangemeinde über die Reaktion seiner Gattin Kim mit. Als dann nach dem Aufruf Schuhe samt Ring wieder auftauchen, verkündete der vierfache Vater erleichtert: "I'm in the good books again", Kim hatte ihm verziehen, wobei die passionierte Malerin ohnehin, wie Murray auch berichtete, generell sehr entspannt sei, was seine Schusseligkeiten betreffe.

Grundsätzlich mochte diese Episode eher seichteren und vor allem privaten Charakters gewesen sein, doch bei näherer Betrachtung brachte sie auch zum Ausdruck, dass der Tennisprofi Murray gut gelaunt ist dieser Tage. Und wenn Murray gut gelaunt ist, heißt das meist auch: Mit seinem Tennis ist es nicht zum Schlechtesten bestellt. Zu seiner Laune passte auch seine Anfrage via Twitter an die Polin Iga Swiatek, ob man nicht mal zusammen trainieren wolle.

Prompt trafen sich die zwei auf einem Platz, in Indian Wells finden ja die Männer- und Frauenkonkurrenz parallel zueinander statt. Der Spaß an seinem Beruf ist zweifellos zurück, was sich auch in Ergebnissen widerspiegelt. Nach einem souveränen Auftaktsieg in Kalifornien gegen den Franzosen Adrian Mannarino rang Murray den hochbegabten 18 Jahre alten Spanier Carlos Alcaraz 5:7, 6:3, 6:2 nieder. Nun trifft er auf Alexander Zverev, der seinerseits gegen den jungen Amerikaner Jenson Brooksby über drei Sätzen gehen musste (6:4, 3:6, 6:1). Zverev hat sich nun, das steht bereits fest, für die ATP Finals der besten acht Profis in Turin vom 14. bis 21. November qualifiziert.

"Natürlich bin ich glücklich", sagte Murray, "phasenweise habe ich richtig gutes Tennis gespielt." Vor allem habe er wieder dieses Gefühl gespürt, voll wettbewerbsfähig zu sein, "was mir am meisten gefallen hat". Heiß ist es dieser Tage in Indian Wells, keine leichten Bedingungen, doch "ich war körperlich gut drauf", sagte Murray weiter, und das ist insofern von Bedeutung, weil Murrays Physis, ähnlich wie bei Angelique Kerber, die Basis seiner speziellen Spielweise ist. Er ist ja ein sogenannter Grinder, einer, der seinen Kontrahenten weniger mit permanent brachial abgefeuerten Gewinnschlägen zusetzt, sondern diese eher ausmanövriert mit Widerspenstigkeit, List und Willenskraft.

Gegen Alcaraz wagt er einen Aufschlag von unten - Ass!

Seit 2017 befindet sich seine Karriere indes nur in einer Art On- und Off-Modus aufgrund von Verletzungen, mittlerweile stützt ein künstliches Hüftgelenk seinen Körper. Auch 2021 hat er wieder einiges überstanden, erst eine Corona-Infektion, dann eine Leisten-Operation. Da es sich bei Murray stets um den dreimaligen Grand-Slam-Sieger handelte, den zweimaligen Olympiasieger, ehemaligen Weltranglisten-Ersten und zum Ritter geschlagenen Sir, tauchte schon mal die Frage auf, warum er sich das antue, diese Schinderei in der Hoffnung, noch einmal an frühere Leistungen heranzukommen.

"Ich fühle, dass ich immer noch auf höchstem Niveau mithalten kann, egal wie viele Leute sagen, ich solle aufhören", sagte Murray nun mit deutlich hörbarer Genugtuung nach seinem Erfolg gegen Alcaraz. Dem traue er im Übrigen zu, eines Tages die Nummer eins der Weltrangliste zu werden.

Dass Murray wirklich alle Möglichkeiten ausschöpfen will, um der oft weitaus jüngeren Konkurrenz nicht kampflos das Feld zu überlassen, machte er auch spielerisch klar. Die 2:1-Führung im zweiten Satz gegen Alcaraz besiegelte er mit einem Aufschlag von unten, den der weit hinten stehende Iberer nicht erreichen konnte.

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