Debatte um zu lange Tennis-SaisonSie kriechen, humpeln und kassieren

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Wieder eine Enttäuschung: Alexander Zverev scheitert in Shanghai in der dritten Runde am Franzosen Arthur Rinderknech, wie schon in Runde eins von Wimbledon.
Wieder eine Enttäuschung: Alexander Zverev scheitert in Shanghai in der dritten Runde am Franzosen Arthur Rinderknech, wie schon in Runde eins von Wimbledon. (Foto: Lintao Zhang/Getty Images)
  • Topspieler wie Alexander Zverev und Darja Kassatkina klagen über den zu vollen Turnierkalender und beenden teilweise vorzeitig ihre Saison.
  • Trotz Kritik am Terminkalender nehmen viele Stars an lukrativen Showevents wie dem Six Kings Slam in Saudi-Arabien teil.
  • Novak Djokovic fordert die jüngere Spielergeneration auf, sich mehr in die Debatte um Kalenderreformen einzubringen statt nur zu klagen.
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Topspieler wie Alexander Zverev klagen über den vollen Turnierkalender, sind sichtlich überlastet – doch bei lukrativen Showevents am Start. Novak Djokovic kritisiert das deutlich.

Von Gerald Kleffmann

Am vergangenen Montag veröffentlichte die Tennisspielerin Darja Kassatkina einen Brief bei Instagram. Die 28-jährige Russin, die seit März unter australischer Flagge antritt, teilte mit, dass sie ihre Saison auf der WTA-Tour vorzeitig beende. Vieles mache ihr zu schaffen, auch der Nationenwechsel, mit dem sie sich vom russischen Regime lossagte, habe ihr zugesetzt, vier Jahre habe sie ihren Vater nicht gesehen. In der Weltrangliste ist Kassatkina noch auf Rang 19 geführt, verlor aber bei vielen Turnieren früh.

Nun offenbarte sie sich: „Ich bin am Ende und kann nicht mehr weitermachen. Ich brauche eine Pause“, schrieb sie: „Eine Pause vom monotonen Alltagstrott auf der Tour, den Koffern, den Ergebnissen, dem Druck, den immer gleichen Gesichtern (tut mir leid, Mädels) – all dem, was dazugehört. Der Zeitplan ist zu voll, mental und emotional bin ich am Rande des Zusammenbruchs – und leider bin ich nicht allein.“ Auch andere legten die Saison 2025 bereits ad acta, etwa die Ukrainerin Elina Svitolina und die Brasilianerin Beatriz Haddad Maia.

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Jahr für Jahr ist es die gleiche Geschichte. Im Herbst, wenn sich die Frauen- und die Männertour nach Asien aufmachen, beginnt das Ächzen und Stöhnen darüber, dass die Saison im Profitennis zu lange dauere, zu geballt sei, auslauge. „Ich habe schon vor 15 Jahren gesagt, dass wir uns zusammentun und den Kalender reorganisieren müssen“, erinnerte gerade wieder Novak Djokovic. Der Serbe, mit 24 Grand-Slam-Titel geschmückt, legte mal wieder seine Finger in die Wunde, die beim Turnier der Masters-Serie der Männer in Shanghai derzeit bildlich zu greifen ist.

„Mein Jahr war schrecklich, ich spiele einfach rundum schreckliches Tennis“, sagt Zverev

Der Weltranglisten-Primus Carlos Alcaraz aus Spanien sah sich nicht imstande, gleich nach seinem Titelgewinn in Tokio auch in China aufzuschlagen. Er fehlt in Shanghai. Jannik Sinner, sein großer Rivale auf den Thron, kroch in der dritten Runde über den Hartplatz und gab gegen den Niederländer Tallon Griekspoor im dritten Satz von Krämpfen geplagt auf, er musste gar gestützt werden. In Shanghai kommt hinzu, dass die hohe Luftfeuchtigkeit den Akteuren zusetzt, Djokovic übergab sich mehrmals bei seinem hart erkämpften Drittrundensieg gegen den Karlsruher Yannick Hanfmann. Er sprach von „brutalen Bedingungen“, die auch Alexander Zverev lähmten.

Der 28-Jährige musste in seiner Drittrundenpartie gegen Arthur Rinderknech vor Schweiß seine Schuhe wechseln. Wie in der ersten Runde von Wimbledon scheiterte Zverev am Franzosen, am Ende ergab er sich lethargisch seinem Schicksal und resümierte frustriert: „Ich habe einfach kein Selbstvertrauen, keinen Glauben an meine Schläge. Mein Jahr war schrecklich, ich spiele einfach rundum schreckliches Tennis.“

Maßgeblich führt das der Hamburger auf seinen konstant angeschlagenen Fitnesszustand zurück, er sieht sich auch als Opfer der hohen Belastung. „Es war ein hartes Jahr in körperlicher Hinsicht“, sagte er in Shanghai: „Das letzte Mal, dass ich ein Turnier schmerzfrei gespielt habe, waren die Australian Open.“ Zuletzt litt Zverev unter Rückenschmerzen, nun bereitete ihm zudem sein Zeh Probleme. Das letzte Aufschlagspiel in der zweiten Runde gegen den Franzosen Valentin Royer absolvierte er humpelnd wie ein Greis. „Unser Zeitplan, unser Terminkalender ist einfach zu voll. Das ist ein Problem“, hatte Zverev zuvor betont. Zum Teil stimmt das.

Die Tennistouren haben diverse Turniere der Masters-Kategorie zu Zehn-und-Zwölf-Tages-Events aufgeblasen. Ins Bild, dass die Turniere noch mehr aus ihren Veranstaltungen pressen wollen, Tickets, Merchandising, Sponsoreneinnahmen, Medienrechte, passte auch die stolz vorgetragene Verkündung der Australian Open an diesem Dienstag. Das Grand-Slam-Turnier im Januar werde erstmals auf drei Wochen gestreckt, auch wenn die Hauptfeldrunden weiterhin innerhalb von zwei Wochen ausgetragen werden. Die Touren verweisen zwar darauf, dass die Profis auch Freiheiten genießen und nicht mehr Turniere in Summe bestreiten müssten. Doch was nützt das, wenn sich ein anderer Trend auftut: Viele Topspieler nehmen in turnierlosen Phasen an lukrativen Showevents teil.

Immer noch zäh wie kein anderer: Novak Djokovic trotzte in Shanghai bislang auch der extrem hohen Luftfeuchtigkeit, auch wenn er sich auf dem Platz mehrmals übergeben musste.
Immer noch zäh wie kein anderer: Novak Djokovic trotzte in Shanghai bislang auch der extrem hohen Luftfeuchtigkeit, auch wenn er sich auf dem Platz mehrmals übergeben musste. (Foto: Go Nakamura/Reuters)

Am 15., 16. und 18. Oktober findet der Six Kings Slam in Saudi-Arabien statt, 1,5 Millionen Dollar Startgeld erhält jeder der sechs Teilnehmer, zu denen auch Alcaraz gehört, der jüngst über die Vielzahl der Turniere klagte. Auch Zverev ist dabei. Der Sieger nimmt 4,5 Millionen Dollar mit, mehr als überall, mehr auch als in Wimbledon. Die Veranstaltung ist ebenfalls gestreckt, denn da die ATP Showevents an drei Tagen in Serie untersagt, muss am 17. Oktober in Riad pausiert werden. Ohne Namen zu nennen, kritisierte Djokovic jene Akteure, die oft klagten, aber bei Showkämpfen ohne sportlichen Wert antreten; jüngst etwa war auch der Laver Cup, an dem Zverev teilnahm, obwohl angeschlagen. Deren Verhalten sei „ein wenig widersprüchlich“, befand Djokovic.

Der 38-Jährige, lange im Spielerrat aktiv gewesen, sieht nun die jüngere Generation in der Pflicht, sich mehr zu engagieren. „Spieler beteiligen sich nicht ausreichend, obwohl sie es sollten“, sagte Djokovic: „Sie kommentieren, beschweren sich und verschwinden dann. Und wenn dann etwas nicht stimmt, kommen sie nach einer gewissen Zeit wieder. Aber man muss Zeit und Energie investieren – nicht der Agent, nicht das Team, nicht die Eltern, niemand sonst, sondern man selbst.“ Das ganze Thema sei aber komplex, betonte Djokovic, der offenbar nicht wirklich daran glaubt, dass der Terminkalender zeitnah entschlackt werde: „Es gibt Leute, die unseren Sport einfach nicht zum Besseren verändern wollen, was das Wohl der Spieler betrifft. Denn jeder handelt in seinem eigenen Interesse. Das ist logischer Geschäftssinn.“

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