Tennis in Wimbledon:Angelique Kerber ringt Sabine Lisicki nieder

Das deutsche Wimbledon-Duell war hart umkämpft - am Ende siegt die Favoritin: Angelique Kerber bezwingt ihre Teamkollegin Sabine Lisicki und steht erstmals im Halbfinale des Grand-Slam-Turniers. Bei den Männern sorgen Florian Mayer und Philipp Kohlschreiber für Euphorie.

Angelique Kerber riss stolz die Arme hoch, Sabine Lisicki verließ ziemlich geknickt den Centre Court: Die Kielerin hat ein dramatisches deutsches Wimbledon-Duell gegen die Berlinerin für sich entschieden. Die Weltranglisten-Achte bezwang die Nummer 15 der Tenniswelt am Dienstag mit 6:3, 6:7 (7:9), 7:5 und machte damit nach exakt zweieinhalb Stunden Spielzeit ihren ersten Halbfinaleinzug bei den All England Championships perfekt.

Tennis in Wimbledon: Im Halbfinale von Wimbledon: Angelique Kerber.

Im Halbfinale von Wimbledon: Angelique Kerber.

(Foto: AP)

"Ich bin so froh, dieses unglaubliche Match gewonnen zu haben", freute sich Kerber. "Wahnsinnskampf, es ging hin und her, schade, dass eine verlieren musste", sagte Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner.

Das mit Spannung erwartete Aufeinandertreffen auf dem Centre Court des berühmtesten Tennisturniers der Welt war erst ab Ende es zweiten Satzes hochklassig - zu schwankend spielte Lisicki zunächst. Die Vorjahreshalbfinalistin konnte nur zeitweise an ihre Weltklasse-Leistung aus dem Vormatch anknüpfen, als sie sensationell die Weltranglisten-Erste Maria Scharapowa geschlagen hatte. Kerber meinte vorab: "Wir kennen uns seit wir klein sind - die Chancen sind 50:50."

Mit ihrer Prognose eines zähen Kampfes hatte sie nicht so schlecht gelegen. "Das war so ein hartes Match - Sabine hat unglaublich gespielt und ich bin so glücklich, hier erstmals im Semifinale zu stehen", meinte Kerber im Anschluss. Am Ende erwies sich die 24 Jahre alte, so enorm laufstarke Linkshänderin als nervenstärker als die eineinhalb Jahre jüngere Fed-Cup-Kollegin. Auch im dritten Hauptfeld-Vergleich mit ihrer voraussichtlichen Olympia-Doppelpartnerin ging sie schließlich als Siegerin vom Platz. Kerber erreichte damit erst als vierte Deutsche in der Profi-Ära der Grand-Slam-Turniere die Vorschlussrunde von Wimbledon - nach Bettina Bunge (1982), Steffi Graf (10 x zwischen 1987 und 1999) und Lisicki (2011).

Kerber trifft in ihrem zweiten Grand-Slam-Semifinale - nach den US Open 2011 - entweder auf ihre gute Freundin Agnieszka Radwanska aus Polen oder die Russin Maria Kirilenko. Sie feierte bereits ihren 45 Matchgewinn in dieser Saison - das ist Spitze auf der WTA-Tour.

Auch Serena Williams steht im Halbfinale

Gegen die gewohnt variabel und hochkonzentriert spielende Kerber wirkte Lisicki zunächst verunsichert bei ihrem Lieblingsturnier und längst nicht so vor Selbstbewusstsein strotzend - nach dem ersten Satz ließ sie sich am linken Daumen behandeln. Sie pushte und kämpfte sich dann in die Partie. Im zweiten Satz wehrte sie bei 4:5 und im Tiebreak insgesamt drei Matchbälle ab, um sich mit ihren Augen-zu-und-durch-Schüssen und Hammeraufschlägen in den dritten Satz zu retten. Bei einer 5:3-Führung schien sie dann plötzlich auf der Siegerstraße zu sein, aber dann setzte sich die mental derzeit so starke Kerber, die schon im Achtelfinale Kim Clijsters deklassiert hatte, doch noch durch. Nach einem Rückhandfehler der Kontrahentin nutzte die Kielerin, die am Montag mindestens auf Platz sieben der Weltrangliste klettert, Matchball Nummer fünf.

Auch Serena Williams steht im Halbfinale. Die 30-jährige Amerikanerin bezwang die Titelverteidigerin Petra Kvitova 6:3, 7:5. Die Nummer sechs der Tenniswelt baute ihre makellose Bilanz gegen die Weltranglisten-Vierte aus Tschechien auf 3:0 aus. Williams peilt ihren fünften Titel bei den All England Championships an. Sie trifft nun entweder auf die an Nummer zwei gesetzte Victoria Asarenka aus Weißrussland oder Eastbourne-Siegerin Tamira Paszek aus Österreich.

Kohlschreiber und Mayer siegen

Auch die deutschen Männer sorgen in Wimbledon weiter für gute Nachrichten: Florian Mayer steht zum zweiten Mal nach 2004 im Viertelfinale, Philipp Kohlschreiber spielte sich erstmals unter die letzten Acht eines Grand-Slam-Turniers.

Florian Mayer of Germany serves to Richard Gasquet of France during their men's singles tennis match at the Wimbledon tennis championships in London

Florian Mayer in Wimbledon: Nach acht Jahren wieder unter den besten Acht

(Foto: REUTERS)

Der Weltranglisten-29. Mayer komplettierte am Dienstag die Partie gegen den Franzosen Richard Gasquet und siegte dank einer Klasse-Vorstellung überraschend klar 6:3, 6:1, 3:6, 6:2. Die Partie war am Montag beim Spielstand von 6:3, 2:1 für Mayer wegen Regens vertagt und zu Beginn des dritten Satzes erneut unterbrochen worden.

"Die Grand-Slam-Turniere sind die großen Turniere - da will man sich beweisen. Und das war bei uns Deutschen bisher immer das Problem", so Mayer. Er trifft jetzt auf den Titelverteidiger und Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic aus Serbien.

Denn auch Philipp Kohlschreiber gewann gegen den Qualifikanten Brian Baker (USA) 6:1, 7:6 (7:4), 6:3 und trifft nun auf Jo-Wilfried Tsonga (Frankreich/Nr. 5). Kohlschreiber benötigte für seinen ersten Viertelfinaleinzug in einem Grand-Slam-Turnier 33 Anläufe.

Im ersten Aufeinandertreffen mit dem Weltranglisten-126. Baker, der nach einer Serie von Verletzungen erst 2011 nach jahrelanger Unterbrechung auf die Tour zurückgekehrt war, ließ sich Kohlschreiber auch durch eine Regenpause im ersten Satz nicht aus der Ruhe bringen und verwandelte seinen zweiten Matchball nach 1:55 Stunden mit seinem 22. Ass.

Damit stehen erstmals seit 15 Jahren zwei Deutsche unter den besten Acht beim wichtigsten Tennisturnier der Welt. 1997 war sogar ein Trio mit Boris Becker, Michael Stich und Nicolas Kiefer ins Viertelfinale eingezogen. Im Quartett mit Sabine Lisicki und Angelique Kerber schrieben Mayer und Kohlschreiber ein Stück deutscher Tennisgeschichte. Nie zuvor gab es vier Deutsche im Viertelfinale von Wimbledon.

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