Tennis-Hoffnung Antonia Lottner:Bis an die Schmerzgrenze

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Der Fuß macht keine Probleme mehr: Antonia Lottner, hier bei der Champions Trophy in Halle. (Foto: picture alliance / dpa)

Antonia Lottner ist auf dem besten Weg, von den Juniorinnen direkt zu den Frauen aufzusteigen. Eine schwere Fußverletzung stoppte die 17-Jährige zuletzt, vier Monate ging sie an Krücken. Die Bundestrainerin hält viel von ihr.

Von Saskia Aleythe, Nürnberg

In zwölf Monaten verändert sich manchmal so viel wie in drei Jahren. Vor allem mit 17 fühlt sich das so an. Am 8. Juni 2013 stand Antonia Lottner im Juniorinnen-Finale bei den French Open. Gewonnen hat damals ihre Schweizer Kollegin Belinda Bencic, genannt "das Wunderkind". Aber es bis ins Endspiel geschafft zu haben, das war für viele der Beweis: Lottner hat großes Talent und beste Anlagen, es auch bei den Frauen zu schaffen.

Und nun?

Ein Jahr ist vergangen, die Hälfte davon konnte die 17-Jährige nicht trainieren. Vier Monate musste sie an Krücken laufen, Reizungen an beiden Füßen plagten sie. Nach zwei Wochen sollte alles wieder gut sein - hieß es zuerst. Die Genesung zog sich hin, immer länger. "Das war eigentlich das schlimmste daran", sagt Lottner, "nicht zu wissen, wie lange es dauert."

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In harten Phasen hat sie gezweifelt, wusste nicht, ob es mit den Füßen wieder was wird. Und mit dem Tennis auf ganz hohem Niveau. Während sich Bencic bis auf Rang 81 der Welt spielte - Lottner hatte sie wenige Monate nach den French Open doch noch bezwungen - konnte die Deutsche nur noch zuschauen, wie sich ihre Muskulatur abbaute.

Bundestrainerin Barbara Rittner kennt Lottner seit den Deutschen Meisterschaften der U12. Sie ist ihr aufgefallen, sofort. Körperlich - Lottner ist heute 1,85 Meter groß - und von der Spielweise. "Ich habe mich gefragt: Wer ist denn die lange Latte da?", erinnert sich Rittner, "sie hat von Anfang an Spielwitz gehabt". Lottner schnappte sich den Titel, auch in der U14 und U16. Ihr Name steht seit Jahren für auffällig gute Leistungen. 2012 und 2013 spielte sie sich bis auf Rang drei der Weltrangliste der Juniorinnen hinauf, stand auch noch im Halbfinale der US und French Open.

Groß sind heute viele Spielerinnen, doch Lottner hat nicht nur Vorteile durch ihre Reichweite. Rittner lobt ihre Übersicht, den Spin in ihren Bällen. Dass sie ans Netz geht, keine Spielerin ist, die sich auf einen harten Schlag allein verlässt. "Darin sehe ich ihren großen Vorteil", sagt Rittner, "dass sie ein bisschen anders Tennis spielen kann als es heute meist üblich ist".

Das wieder richtig zeigen zu können, wird dauern. "Damals", sagt Rittner über die Zeit vor einem Jahr, "war Antonia auf einem richtig guten Weg. Die Verletzung hat sie bestimmt ein Jahr gekostet."

Seit zwei Monaten steht Lottner wieder bei Wettkämpfen auf dem Tennisplatz, gerade beim WTA-Turnier in Nürnberg. Auch wenn sie im Einzel gegen Alison Van Uytvanck aus Belgien chancenlos war (1:6, 2:6), konnte sie überraschen: An der Seite von Anna-Lena Grönefeld zog sie unerwartet im Doppel in die nächste Runde ein. Die beiden sind zum ersten Mal miteinander angetreten. "Antonia macht sich unglaublich", sagt Rittner. Zusammen mit der erfahrenen Grönefeld spielen zu dürfen, motiviert sie. Ein schönes Erlebnis nach all den Entbehrungen in letzter Zeit.

Wenn am Sonntag die French Open in Paris starten, wird Lottner nicht dabei sein. Natürlich hat sie das Turnier nach der Erfahrung in den Vorjahren lieb gewonnen, doch der Fokus liegt nun darauf, fit zu werden. Und es dann mit ganzer Kraft bei den Frauen zu versuchen. Eines ist ihr und Rittner dabei enorm wichtig: Keine Hektik aufkommen zu lassen. "Wir lassen dann auch lieber mal ein Turnier weg", sagt Rittner.

Sie müsse im Training an ihre Schmerzgrenze gehen in den nächsten Monaten, sich ihren Zustand zurückerarbeiten. "Vom Kopf her stimmt es", meint Rittner, "nimm die Antonia von heute mit 100 Prozent Fitness und sie kann schon bei den Frauen mitspielen. Sie bringt alles mit, was man braucht".

Antonia Lottner ist in diesem Jahr gereift. Härter und bissiger sei sie geworden, sagt sie selbst. Die Verletzung und der Umgang damit war eine Erfahrung, die sie vielleicht noch mehr ans Tennisspielen gebunden hat. Sie hat Ziele, in die sie ihre ganze Energie steckt. Das ist neben dem Tennis auch der Schulabschluss: Lottner macht Fernabitur, nimmt Bücher mit auf Reisen, muss sich zum Lernen nach dem Training aufraffen. "Es ist manchmal schwierig, sich da wieder dranzusetzen", sagt sie, "aber man will ja auch mal was fürs Hirn machen und nicht immer nur Bälle kloppen".

Mit 17 Jahren hat sich die Düsseldorferin schon einen Namen in der Tennisszene gemacht, auf dem Turniergelände in Nürnberg wird sie angesprochen. Eine Zuschauerin, zwei Köpfe kleiner, mustert sie schräg von der Seite und fragt dann: "Sind Sie die Mona Barthel?" Knapp vorbei. Aber eine ziemlich ordentliche Basis für die Zukunft.

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