Tennis: Haas gewinnt in Halle:Ein Traum auf Rasen

Nach dem Finalsieg in Halle und seinem ersten Turniererfolg auf Rasen hofft der 31-jährige Tommy Haas auf sein persönliches Happyend in Wimbledon.

Anfang des dritten Satzes zertrümmerte Novak Djokovic mit zwei kräftigen Hieben seinen Schläger. Wie ein Rockstar wirkte er, der seine Gitarre am Ende eines großen Konzertes zerlegt. In diesem Fall jedoch war es ein Akt der Selbstaufgabe. Mit einem Doppelfehler hatte der serbische Tennisprofi seinem Widersacher Tommy Haas das Break zum 2:0 im dritten Satz übereignet.

Tennis: Haas gewinnt in Halle: Erster Sieg auf Rasen: Tommy Haas gewinnt in Halle/Westfalen.

Erster Sieg auf Rasen: Tommy Haas gewinnt in Halle/Westfalen.

(Foto: Foto: AP)

Und der furios spielende Deutsche war fortan nicht mehr zu bremsen auf seinem Weg zum 6:3, 6:7 (4:7), 6:1-Sieg im Finale des Rasenturniers von Halle/Westfalen. Mit einem Vorhand-Volleystop vollendete Haas nach zwei Stunden und zwölf Minuten Spielzeit formvollendet ein Werk, das er selbst mit einem Wort charakterisierte: "unglaublich".

Es war sein zwölfter Sieg auf der Profitour, sein erster Turniersieg in Deutschland seit jenem in Stuttgart 2001, sein erster Turniersieg auf Rasen überhaupt, sein erster Turniersieg zudem nach der dritten Operation an seiner rechten Schulter im vergangenen Jahr. Als vierter Spieler nach Michael Stich (1994), Nicolas Kiefer (1999) und David Prinosil (2000) trug er sich in die Siegerliste der Gerry Weber Open ein. Im reifen Alter von 31 Jahren hatte er wohl selbst nicht mehr damit gerechnet.

Auf der Tribüne freuten sich mit ihm seine Verlobte Sara Foster und seine Schwester Sabine, die auch ihre beiden Kinder mit nach Westfalen gebracht hatte. Umgeben von seinen Liebsten zeigte sich Tommy Haas in Halle ungewöhnlich locker und gelöst. Unverhofft spielt er noch einmal in bestechender Form, und auf Rasen sah man ihn selten in seiner Karriere so stark.

Bei den French Open in Paris war Tommy Haas im Achtelfinale nur knapp an einem Sieg über Roger Federer vorbeigeschrammt. Am kommenden Montag beginnt in Wimbledon das dritte Grand-Slam-Turnier des Jahres, und Haas hegt immer noch die Hoffnung, dass er dort sein persönliches "Happy-End" erleben wird - was immer das bedeuten würde. Er hat jedenfalls noch einiges gut zu machen.

Vor zwei Jahren musste er sein Achtelfinale gegen Roger Federer wegen einer Bauchmuskelverletzung aufgeben. 2001 gab er wegen Magen-Darm-Beschwerden auf, ein Jahr später bangte er am Krankenbett seiner mit dem Motorrad verunglückten Eltern und verzichtete auf seine Teilnahme, 2003 stoppte ihn dann seine schwere Schulterverletzung. Den kuriosesten Rückschlag erlebte Haas 2005, als er während des Einschlagens auf einen Ball trat, umknickte und das Match gegen Janko Tipsarevic aufgeben musste.

Mit großem Selbstvertrauen wird Tommy Haas nun die Vorbereitung auf sein elftes Wimbledon in Angriff nehmen. Haas hatte am Samstag im Halbfinale Landsmann Philipp Kohlschreiber 2:6, 7:6 (7:5), 7:6 (7:3) besiegt, und nach dem kühlen Händedruck am Ende des Matches zu urteilen, war ihm das ein besonderes Anliegen. Haas entzauberte den in den Ranglisten bestplatzierten Deutschen und nahm auch Revanche für das Achtelfinale an selber Stelle im vergangenen Jahr.

Er hatte damals eine 4:1-Führung im dritten Durchgang aus der Hand gegeben. Diesmal lag Kohlschreiber im Abschlusssatz 4:1 und 5:2 in Front. Hinterher erklärte der Augsburger, er sei nervös geworden. "Und dann hab' ich es leider vergeigt." Kohlschreiber bestreitet als Vorbereitung für Wimbledon ein Einladungsturnier in London. Haas dagegen sagte seine Teilnahme bei der Veranstaltung im englischen Eastbourne ab; er braucht Zeit, um die Strapazen der Woche von Halle abzuschütteln.

Im Match gegen Djokovic ließ Haas keine Anzeichen von Müdigkeit erkennen. Bis zum Tiebreak im zweiten Satz wirkte er wie der sichere Sieger. Djokovic, Nummer vier der Weltrangliste, fand bis dahin kein Mittel gegen die Aufschläge von Haas. Dass der Deutsche ausgerechnet im Tiebreak dann drei Doppelfehler beging, musste dem Serben wie ein Geschenk des Himmels erscheinen.

Ermuntert vom Satzgewinn wollte Djokovic mit aller Macht ein frühes Break im entscheidenden Durchgang erzwingen, doch Haas behielt die Nerven und brachte den Serben damit aus dem Konzept. Der zertrümmerte Schläger markierte den Moment der Entscheidung. Djokovic haderte hinterher mit seinem Spiel im allgemeinen, während Tommy Haas fand: "Es war eine Traumwoche für mich."

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