Tennis:Gelungene Premiere mit kleinem Makel

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Lachen trotz Aufgabe: Oscar Otte "gratuliert" Yannick Hanfmann mit einem Klaps. (Foto: Wolfgang Fehrmann/Zuma/imago)

Yannick Hanfmann holt sich den Gesamtsieg bei der Turnierserie des Deutschen Tennis Bundes - sein Finalgegner Oscar Otte muss verletzt aufgeben.

Von Sebastian Winter

50 Zuschauer waren zugelassen, immerhin. Und die Ränge auf dem Centercourt- Leo-Benz des TC Großhesselohe, hinter dem man quasi direkt ins Isartal hinabklettern kann, waren in diesem Rahmen am Freitag voll gefüllt. Auch Ulrich Klaus, der Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB), schaute vorbei und ließ den üblichen Foto-Marathon für die Klub-Historie über sich ergehen - immerhin machte er dem TCG zum ersten Mal seine Aufwartung. Bundestrainer Michael Kohlmann nahm kurz vor seinem Urlaub auf den Holzbänken Platz, um sich noch ein letztes Bild zu machen von seinem Athleten Yannick Hanfmann, der in der Tennisbase in Oberhaching wohnt und auch trainiert.

Hanfmann, 28, Weltranglisten-143., gewann dann wie von Kohlmann prognostiziert das Finale des mit 20 000 Euro dotierten Endrundenturniers der "DTB German Pro Series" gegen den Kölner Oscar Otte, der auf Platz 217 notiert ist - und verletzt aufgeben musste. "Der Sieg fühlt sich ein bisschen komisch an", sagte Hanfmann, "der Tag hat durch die Verletzung einen kleinen Makel." Zufrieden war er dennoch mit seinem Spiel, für den Erfolg bekam er einen Scheck über 8000 Euro, während Otte sich mit 6000 Euro begnügen musste.

Der DTB hatte die siebenwöchige Sommerserie aus der Taufe gehoben, um vor allem seinen Topspielern während der andauernden internationalen Turnierpause wieder Wettkampfpraxis zu verschaffen. Aus diesem Grund durften sich auch nur deutsche Spieler für die Turnierserie anmelden, lediglich Alexander Zverev und Philipp Kohlschreiber sagten ab.

Großhesselohe stand besonders im Fokus, der Klub war drei Wochen am Stück einer der Ausrichter, vor dem Finalturnier hatten auch eine Vorrunde und eine Zwischenrunde am Isarhochufer stattgefunden, die Maximilian Marterer und Hanfmann gewannen. Beim Finalturnier duellierten sich Hanfmann und Otte schon am Donnerstag in der Gruppenphase, Otte gewann 6:7 (3), 6:2, 6:4, zog unbesiegt ins Endspiel ein. Hanfmann folgte ihm nur deshalb, weil der frühere French-Open-Achtelfinalist Marterer sein Gruppenspiel gegen Cedrik-Marcel Stebe verlor.

Dafür revanchierte sich Hanfmann dann im Finale am Freitag, wo er allerdings von der verletzungsbedingten Aufgabe Ottes zu Beginn des zweiten Satzes profitierte. Otte humpelte bereits nach dem 5:7 verlorenen ersten Satz, nahm kurz darauf eine medizinische Auszeit. Beim Stand von 1:2 gab er schließlich während des Seitenwechsels nach kurzer Rücksprache mit seinem Trainer wegen seiner schmerzenden Ferse auf. "Blöd, dass der Körper gestreikt hat, insgesamt habe ich super gespielt", sagte Otte, dem nach eigenen Angaben auch drei Schmerztabletten nicht geholfen hatten. Die Verletzung sei "eine Vorstufe zum Fersensporn", wie Otte sagte, am Montag wollte er die Blessur von einem Arzt begutachten lassen.

Der Finaltag stand ohnehin unter keinem guten Stern. Im Spiel um Platz drei musste Cedrik-Marcel Stebe am Ende des zweiten Satzes verletzt aufgeben, nachdem er sich mit dem Schläger bei einer Ausholbewegung unglücklich selbst einen stark blutenden Cut oberhalb des rechten Auges zugefügt hatte. Stebe musste nach Ausrichterangaben gar oberhalb der Augenbraue operiert werden. Auch das Next-Gen-Finale des Nachwuchses endete vorzeitig. Max Wiskandt, 64. der ITF-Juniorenrangliste, nahm früh wegen Schwindelgefühlen eine medizinische Auszeit, legte sich am Rand des Courts auf ein weißes Handtuch und ließ sich vom Physiotherapeuten den Nacken massieren. Doch es half nichts, auch Wiskant musste aufgeben, beim 1:2 im ersten Satz. Der in allen drei Spielen des Finalturniers ungeschlagene Nino Ehrenschneider durfte sich als Sieger über 2000 Euro freuen.

Während die Frauen noch bis Sonntag in Versmold ihre Finalrunde bestreiten, endete die der Männer also eher schmerzhaft. "Vier Tage nacheinander über zwei Gewinnsätze zu spielen, war durchaus anstrengend und eine hohe Anforderung", versuchte DTB-Sportdirektor Klaus Eberhard die vielen Blessuren zu deuten. Trotzdem zogen der TC Großhesselohe und auch der Deutsche Tennis Bund ein positives Fazit. "Es lief alles zu meiner großen Zufriedenheit, das hier ist auch eine wunderschöne Anlage", sagte DTB-Präsident Klaus, bevor er nach all den Fototerminen noch kurz zum Isarufer hinunterspazieren wollte. Auch die Spieler waren dankbar für die Matchpraxis. Auf eine Fortsetzung der Serie im nächsten Jahr hofft aber niemand, schon gar nicht die Profis. Sie sehnen vielmehr den Normalbetrieb mit - wesentlich lukrativeren - internationalen Turnieren herbei.

© SZ vom 25.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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