Tennis:Finale vs. Finale

Tennis: Standhaft: Richard Lewis, der Geschäftsführer des „All England Lawn Tennis and Croquet Club“, beharrt auf seinen Endspiel-Terminen in Wimbledon.

Standhaft: Richard Lewis, der Geschäftsführer des „All England Lawn Tennis and Croquet Club“, beharrt auf seinen Endspiel-Terminen in Wimbledon.

(Foto: Ben Stansall/AFP)

Die Terminüberschneidung war bekannt, aber keiner konnte ahnen, dass England plötzlich so gut kickt. Nun hat England ein Problem, weil Fußball- und Tennis-Finale fast gleichzeitig stattfinden. Verschieben? Ausgeschlossen beim Insel-Traditionsturnier.

Von Gerald Kleffmann, Wimbledon

Richard Lewis lächelt, dann sagt er nickend: "Yes!" Er werde sich das Finale der Fußball-WM in Russland ansehen, sollte es die englische Nationalmannschaft dorthin schaffen. "Um es klar zu sagen", erklärt der Geschäftsführer des All England Club: "Ich unterstütze das englische Team." Allerdings geht die Hilfe nicht so weit, dass er als Chef des Grand-Slam-Tennisturniers in Wimbledon seine Arbeit im Stich lassen wird. Und am Sonntag, wenn um 16 Uhr britischer Zeit das WM-Finale in Moskau angepfiffen wird, wird er ja in jedem Fall beschäftigt sein. Weil ab 14 Uhr das Männer-Finale im Tennis auf dem Centre Court stattfinden wird und danach das Endspiel im Mixed. Lewis hat für sich eine Lösung gefunden. Er würde sich das Fußball-Finale ansehen, ja. Aber nur in einer Aufzeichnung später.

Es ist eine belustigende, aber auch sehr ernste Angelegenheit, die in Wimbledon diskutiert wird. Beziehungsweise, sie wird nicht diskutiert, zumindest nicht von den Herrschaften im konservativen Tennisklub. Die britischen Medien sind es, die unermüdlich bohren. Die Terminüberschneidung war zwar bekannt, aber kein Mensch ahnte, dass England plötzlich so gut kicken und bei der WM so weit kommen könnte. Nun hat England ein Problem. Man kann in jedem Fall Lewis, ein Prachtexemplar eines distinguierten Funktionärs, dafür bewundern, wie selig er alles an sich abprallen lässt. Es wäre leichter, ein Stück Granit abzubeißen, als Wimbledon dazu zu bewegen, sein Finale nur um drei Sekunden zu verschieben. Man sollte indes nicht davon ausgehen, dass das Thema nach den standhaften Worten Lewis' erledigt sein wird. Sollten zehn Jahre nach ihrem legendären Finale der Schweizer Roger Federer und Rafael Nadal wieder das Endspiel bestreiten und auch Englands Fußballer um den Titel kämpfen, wäre die Konstellation aus hiesiger Sicht wohl hochdramatisch zu nennen.

Fest steht: Sollten die Three Lions nach einem gewonnenen Halbfinale am Mittwoch gegen Kroatien um den Titel kicken, müsste das Tennis-Endspiel im Fernsehen erstmals von BBC 1 auf BBC 2 ausweichen. Nicht die Notwendigkeit, auf der Fernbedienung einen anderen Knopf drücken zu müssen, wäre dann offenbar das Problem. Vielmehr fürchten erste Stimmen, dass die Einschaltquoten für Wimbledon massiv sinken könnten.

Lewis bleibt aber auch diesbezüglich gelassen und schwärmt vom vergangenen Samstag, als England im Viertelfinale gegen Schweden gewann: "Das Tennis war fantastisch, und wir hatten parallel ein historisches Fußballmatch." Immerhin, und das ist ein versöhnliches Zeichen, wird der All England Club niemanden, der Fußball auf einem Handy schaut, von der Anlage werfen. Unter einer Bedingung allerdings: "Das Tennis darf nicht gestört werden." Lewis ist sicher: "Der Centre Court am Sonntag wird packend voll werden."

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