Tennis:Der Herr der Asse

DELRAY BEACH, FL - JANUARY 08: Ivo Karlovic (CRO) competes during round 1 of singles at the ATP, Tennis Herren Delray Be

Immer noch da: Ivo Karlovic, 41, begann im Jahre 2000 seine Profilaufbahn. Da waren manche jungen Kollegen nicht mal geboren.

(Foto: Aaron Gilbert/Icon Sportswire/imago)

Wieder ein Rekord für Ivo Karlovic: Mit fast 42 Jahren gewinnt der Kroate ein Match auf der ATP Tour - und ist nun der älteste Profi seit 1995, dem diese Leistung gelang. Sein Erfolgsgeheimnis: der Aufschlag.

Von Gerald Kleffmann, München

Diesmal waren es 27 Asse. Nach links, nach rechts, durch die Mitte. Wenn Ivo Karlovic aufschlägt, ist das für seine Gegner selten lustig. In seiner gesamten Karriere hat der Kroate bislang mehr als 13 600 Mal seinen Service unerreichbar für die Kontrahenten übers Netz gehämmert. Natürlich ist das ein Rekord, Karlovic führt in der Statistik der Spieler mit den meisten Assen in ihrem gesamten Profi-Leben. Auch in einer anderen Wertung lässt er Bestleistung auf Bestleistung folgen, er überbietet sich da quasi selbst seit längerem. Mit seinem 6:3, 5:7, 6:4-Erstrunden-Erfolg beim Turnier in Delray Beach gegen den Spanier Pablo Andujar hat er wieder die Altersgrenze nach oben geschoben - als ältester Spieler, der seit dem legendären Jimmy Connors je in einem Match siegte. Connors war einst 42 Jahre und neun Monate alt, als er 1995 in Halle letztmals eine Partie gewann. Karlovic ist 41 und wird am 28. Februar auch 42. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis er Connors, den früheren Cowboy der Tennisszene, überholt.

"Mit ihm verglichen zu werden, ist nett", sagte Karlovic in Florida in einem ATP-Interview und erklärte recht plausibel, warum er 2021, in seiner 22. Profisaison, immer noch dazu fähig ist, auf diesem Niveau zu spielen: "Ich bin letztes Jahr kaum gereist, ich hatte keine Verletzungen. Ich konnte daher trainieren wie ein 18-Jähriger!" Wobei seine Übungseinheiten nicht gerade wie bei Rafael Nadal aussehen. Oft steht der Kroate nur an der Grundlinie - und schlägt auf. Zehnmal. Dreißigmal. Fünfzigmal. Manchmal trainiert er auch alleine. Karlovic ist ein passabler Grundlinienspieler, aber nicht mehr. Ohne seinen brachialen Aufschlag hätte er niemals acht Titel errungen, wäre 2008 nicht die Nummer 14 der Weltrangliste gewesen, hätte 2009 nicht im Wimbledon-Viertelfinale gespielt, hätte nicht schon mal Roger Federer und Novak Djokovic bezwungen und hätte nicht knapp zehn Millionen Dollar Preisgeld verdient. Gut, dass er nicht auf seinen Sportlehrer gehört hat. Der empfahl ihm, was nahe lag, Basketballer zu werden.

Er nützt wahrlich jeden seiner 211 Zentimeter Körpergröße aus (er trägt Schuhgröße 51). Da er den Ball extrem hoch trifft, hat er andere Winkel zur Verfügung, um den Ball steil ins Feld zu drücken. Der amerikanische Profi Donald Young erklärte einmal, warum es so schwer ist, sich auf diesen Schlag von Karlovic vorzubereiten: "Sein Ballwurf ist stets gleich. Du versuchst bloß, eine Tendenz zu erkennen." Doch das gelingt vielen selten, daher gehen auch viele Sätze von ihm in den Tie-Break - weil es so schwer ist, ihm sein Aufschlagspiel abzunehmen.

2017, als Karlovic mal wieder mit einem für ihn typischen Ergebnis ein Match gewann, nämlich mit 22:20 im fünften Satz bei den Australian Open, gab er zu: "Ich habe ein unglaubliches Leben. Ich liebe es zu reisen. Ich liebe es zu gewinnen. Ich hoffe, dass das Ganze nicht so schnell endet. Solange es irgendwie geht, werde ich weiterspielen." So spielt er weiter, auch als Vater zweier Kinder.

Auf der Tour ist Karlovic, der einen berüchtigten schwarzen Humor besitzt, beliebt. Ivan Ljubicic, sein langjähriger Weggefährte und seit langem Coach im Team von Roger Federer, adelte ihn bei Twitter als "Legende". Womöglich wird Karlovic zwar nicht der älteste Spieler werden, der ein Match gewinnt. Der Amerikaner Gardnar Mulloy führt in dieser Liste mit 56 Jahren (1970). Aber eines wusste Karlovic trotzdem in Delray Beach: "Wenn du gewinnst, ist alles gut."

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