Teresa Schmid, das Großhesseloher „Ballkind des Jahres“, hat an diesem brütend heißen Bundesliga-Spieltag eine anspruchsvolle Aufgabe: darauf achten, dass alle 15 zwölf- bis 14-jährigen Ballkinder ihre roten Käppis tragen und nach getaner Tat so schnell wie möglich wieder im Schatten verschwinden. In der prallen Sonne fühlt es sich nämlich nach sehr viel mehr als den 30 Grad an, die die Wetter-App meldet. „Ballkind-Koordinatorin“ steht auf der Akkreditierung der 15-Jährigen, die in ihrem Klub in drei Mannschaften spielt: Mädchen, U 18 und Damen. „Im Sommer bin ich jeden Tag auf dem Platz, bis auf Montag“, erzählt sie mit Zahnspangenlächeln und muss auch schon wieder los: Pizza für ihre Ballkids organisieren.
Die Versorgung mit Kulinarischem ist für die Teamchefs der Tennis-Bundesliga noch die geringste Sorge. Sie verbringen die Tage und Stunden vor dem Meldeschluss am ATP-Liveticker und mit den Flugplänen Europas. Beim Oberbayern-Derby Großhesselohe gegen das Team Marc O’Polo Rosenheim bringt es Wolf-Dieter Dörfler, der Vereinspräsident der Gäste, auf den Punkt: „In den paar Wochen Bundesliga verlierst du als Funktionär so viele Nerven, unfassbar.“
Der vierte von neun Spieltagen, an dem sich Großhesselohe und Rosenheim 3:3 trennten und die Münchner somit ihre Titelchancen wahrten, während Aufsteiger TC Augsburg Siebentisch als dritter bayerischer Bundesligist die erwartete Niederlage (1:5) beim aktuellen deutschen Meister Bredeney einstecken musste und um den Klassenerhalt bangen muss, steht exemplarisch für das alljährliche Aufstellungsroulette. Und das lässt Leute wie Wolf-Dieter Dörfler regelmäßig die Sinnfrage stellen. Am Freitagabend war man noch guter Dinge, was das Personal betrifft: Der Einsatz des Franzosen Alexandre Muller, Nummer 103 der Tenniswelt, stand so gut wie fest, doch dann rutschte der überraschend doch noch ins Hauptfeld des ATP-Turniers im kroatischen Umag – und musste Rosenheim absagen. Oder Thiago Agustin Tirante, die Nummer sechs der Rosenheimer Meldeliste: Gewann bei den Swedish Open in Bastad am Freitag im Viertelfinale gegen den – für Großhesselohe spielenden – Spanier Roberto Carballes Baena, verlor tags darauf das Halbfinale, konnte für Sonntagfrüh noch einen Flug nach München buchen – doch der wurde gestrichen. Noch einer weniger für Team Rosenheim, das letztlich nur mit fünf Spielern im Münchner Süden auflief – und dennoch ein von den mitgereisten Fans lauthals umjubeltes Remis erkämpfte.
Großhesselohes Marcelo Arevalo bestreitet sein erstes Einzel seit Februar – und gewinnt
Die Gastgeber traten zwar auch nur mit den Nummern vier, sieben, zehn und 16 der Meldeliste an – Jiri Lehecka ist verletzt, die Topspieler Francisco Cerundolo und Luciano Darderi kämpfen in Umag um Weltranglistenpunkte –, hatten aber mehr Fortune bei der Aufstellung. Der verlässliche Punktelieferant Jozef Kovalik und der Ungar Zsombor Piros beispielsweise liefen exakt 17 Minuten vor Meldeschluss um 10.45 Uhr ein, mehr oder weniger frisch: Sie kamen direkt aus Umag, wo sie in der Qualifikation gescheitert waren. 540 Kilometer, gut sechs Stunden Fahrzeit, ein paar Stunden hätten sie im Auto geschlafen, hieß es. Nicht genug, zumindest im Fall von Kovalik: Gegen den Portugiesen Gastao Elias in Rosenheimer Diensten unterlag er im Match-Tiebreak. Piros bezwang dagegen Landsmann Mate Valkusz 6:2, 7:5.
Großhesselohes Nummer eins an diesem Tag, Roberto Carballes Baena, musste dagegen den Strapazen der vergangenen Tage Tribut zollen und verlor gegen den in der Weltrangliste mehr als hundert Plätze schlechter platzierten Franzosen Ugo Blanchet bei dessen erstem Match auf deutschem Boden mit 5:7 und 2:6. „Der ist platt“, sagt Großhesselohes Coach Maximilian Wimmer über Baena, freute sich aber über eine Premiere im Team: Marcelo Arevalo, zweifacher French-Open-Sieger im Doppel, bestritt sein erstes Einzel seit dem Davis-Cup-Einsatz für El Salvador im Februar – und gewann, 6:3, 6:2 gegen Rosenheims 34-jährigen Routinier Lukas Jastraunig. „Wir hatten heute einen Platz für einen unserer drei Doppelspezialisten – und der Fitteste hat ihn bekommen“, sagte Wimmer, „Marcelo war echt heiß.“ Passend zu den äußeren Bedingungen. Erst am späten Nachmittag, nach den Doppeln – mit je einem Sieg für beide Teams – hieß es für Teresa Schmid und ihre Ballkinder-Crew: endlich Feierabend, ab ins Freibad!