Tennis:Boris Becker schuldet Geschäftspartner mehr als 30 Millionen Euro

Tennis Wimbledon

Boris Becker als TV-Experte in Wimbledon

(Foto: dpa)
  • Ein Gerichtsurteil belegt, dass Boris Becker seinem langjährigen Geschäftspartner Hans-Dieter Cleven mehr als 30 Millionen Euro schuldet.
  • Seit 2001 lieh sich der ehemalige Wimbledon-Sieger immer wieder Geld.
  • Aktuell muss er die Summe noch nicht zurückzahlen. Das Gericht entschied, dass Cleven im Moment nicht berechtigt sei, Zahlungen von Becker zu verlangen.

Von René Hofmann, Klaus Ott und Charlotte Theile, Zug/München

Wie es Boris Becker geht? Das sieht man ihm auch weiterhin nicht an. Der einstige Tennis-Star, der in Geldnot steckt, hat am Wochenende ein Foto von sich und seiner Familie veröffentlicht, von einem gemeinsam Tag in London. Ein Foto, das wohl den ganz normalen Alltag dokumentieren soll. Der Mann muss Nerven wie Drahtseile haben. Da sind Gläubiger hinter ihm her, wollen Schulden in Millionenhöhe eintreiben, in London läuft gar ein Insolvenzverfahren, und was macht die Tennis-Legende? Postet Fotos von einem Familienausflug, so als ob nichts wäre.

Da ist aber was: ein großer Schuldenberg. Das dokumentiert ein an diesem Montag vom Kantonsgericht in Zug in der Schweiz veröffentlichtes Urteil, das zwar zu Gunsten von Becker ausging, ihm aber wohl nur eine Atempause verschafft. Die 18 Seiten zeigen, wie sich der einstige Held der Nation nach seinen großen Erfolgen in Wimbledon und anderswo, nach vielen Preisgeldern, später als Privat- und Geschäftsmann immer weiter verschuldete. Sodass er nun alleine seinem langjährigen Partner Hans-Dieter Cleven insgesamt mehr als 35 Millionen Euro zurückzahlen müsste. Nicht jetzt, nicht sofort, aber irgendwann bestimmt. Schulden lösen sich ja nicht einfach in Luft auf.

"Es ist unbestritten, dass der Kläger dem Beklagten ab 2001 diverse Darlehen gewährte und sich die Darlehensschuld des Beklagten auf CHF 41 774 236,65 per 31. Dezember 2014 beläuft": Das ist der Kernsatz der Entscheidung, die am 26. Juni erging, nachdem es am 24. April eine Hauptverhandlung in dem Streit gegeben hatte.

In den Gerichtsunterlagen ist dokumentiert, wie Becker Zug um Zug immer tiefer bei Cleven in die Kreide rutschte. Einen ersten Kredit gewährte der Geschäftsmann Becker am 13. Dezember 2001. Damals wurde noch in DM abgerechnet. Becker lieh sich 2,5 Millionen und stimmte einem Zinssatz von fünf Prozent zu. Beglichen werden sollte die Schuld aus den Einnahmen, die er aus einem Werbevertrag mit dem Internetunternehmen AOL erwartete.

Bereits ein halbes Jahr später wurde der Kreditrahmen aber deutlich erweitert. Am 13. Juni 2002 erklärte Cleven sich bereit, Becker ein weiteres Darlehen in Höhe bis zu 5,5 Millionen Euro zu gewähren, "wobei sich der genaue Betrag aus den Anforderungen der Finanzverwaltung gemäß Steuer- und Zinsbescheiden ergeben sollte", wie es in der Urteilsbegründung heißt. In jenem Jahr musste sich Becker vor dem Landgericht München I wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung verantworten. Am 24. Oktober erging das Urteil: Becker erhielt eine Bewährungsstrafe und musste 500 000 Euro zahlen. Ungefähr zur gleichen Zeit wurden der Kreditrahmen, den Cleven ihm gewährte, auf 3,4 Millionen Euro reduziert.

Die Gerichtsunterlagen vermitteln den Eindruck, dass Cleven einer war, der seinem Schützling Becker immer wieder helfend zur Seite sprang. Buch geführt wurde zwischen den beiden aber durchaus genau. Die Schuldenstände wurden zum Jahresende immer wieder notiert. Aus den Unterlagen lässt sich lesen, wie rapide Beckers Verbindlichkeiten bei (Geschäfts-)Partner Cleven stiegen. Für den 31. Dezember 2002 ist ein Totalbetrag aller Darlehen von 2 780 611,05 Euro notiert, ein Jahr später waren es - inklusive Zinsen - bereits 6 173 495,53 Euro. Und in diesem Stil ging es weiter .

Becker hat mit seinem Sieg bei Gericht genau genommen nur Zeit gewonnen

Becker empfing von Cleven nicht nur Euro-Beträge. Geld floss ihm auch in Form von US-Dollar und Schweizer Franken zu, wobei die Darlehen in den unterschiedlichen Währungen auch unterschiedlich verzinst wurden. Am günstigsten waren für Becker mit 3,5 Prozent Zinsen die Außenstände in Form von Franken (Dollar vier Prozent, Euro fünf Prozent). Obwohl er Cleven Ende 2008 laut den Unterlagen bereits mehr als 20,7 Millionen Euro schuldete und diesem "alle privaten Vermögenswerte" als Sicherheit überschrieben hatte, feierte Becker im Juni 2009 in St. Moritz ein großes Fest: Mit vielen Gästen beging er seine Hochzeit mit Lilly Kerssenberg.

Cleven, 73, hat den Handelsriesen Metro mit aufgebaut und war einer der engsten Vertrauten des Konzerngründers und Milliardärs Otto Beisheim. Und er war lange Zeit auch einer der wichtigsten Partner für Becker, und vor allem dessen Geldgeber. Cleven betreibt eine Stiftung, die sich um Kinder kümmert; er kann geschäftlich aber auch knallhart sein. Becker gegenüber aber war er lange zurückhaltend. Zwar sollen zwischen den beiden bereits im Sommer 2008 Tilgungsregeln verabredet worden sein, trotzdem ließ Cleven es zu, dass Beckers Säumnisse anschließend weiter stiegen. Unter anderem wegen dieses Umstandes erlitt Cleven vor dem Kantonsgericht eine Niederlage, die er bis Ende Juli noch anfechten kann. Im Kern bemängelten die Richter, dass die Darlehen nie formal gekündigt worden seien und Cleven selbst Becker einmal den 30. Juni 2018 als finale Frist zur Rückzahlung angeboten habe.

Beckers Berliner Medienanwalt Christian-Oliver Moser wollte am Montag den Inhalt des Schweizer Urteils auf Anfrage nicht kommentieren, da er seinen Mandanten nicht im Streit mit Cleven vertritt. Entscheidend sei aus seiner Sicht aber, so Moser, dass Clevens Klage mangels Fälligkeit der darin erhobenen Forderung abgewiesen worden sei. Cleven sei insofern "zumindest derzeit nicht berechtigt", Zahlungen von Becker zu verlangen. Im Gegenteil. Cleven müsse sogar, falls das Urteil rechtskräftig werde, Beckers Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von rund 150 000 Schweizer Franken übernehmen. Das interessanteste Wort in Mosers Stellungnahme lautet "derzeit". Momentan muss Becker nichts zahlen. Genau genommen hat er nur Zeit gewonnen.

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