Tennis bei den Australian Open:Und plötzlich wieder vor Zuschauern

Australian Open

So wie 2020 soll es wieder werden: Die Tennisfans dürfen im Februar in die Rod Laver Arena in Melbourne strömen, wenn die Australian Open stattfinden.

(Foto: Frank Molter/dpa)

Der Tennissport kehrt ein bisschen zur Normalität zurück: Die nach Melbourne gereisten Profis haben ihre Quarantäne beendet, nun finden diverse Turniere statt - Gefühle der Erlösung machen sich breit.

Von Gerald Kleffmann

Die Tschechin Barbora Strycova schnitt eine Grimasse, hinter ihr ein Espresso auf dem Tisch im Freien. Angelique Kerber zeigte sich auf dem Center Court in der Rod Laver Arena, lachend, mit erwartungsfrohen Augen in die noch leeren Zuschauerränge schauend. Der junge Spanier Carlos Alvarez, 17, filmte sich hüpfend vor dem Bahnhof Flinders Station. Eine Clique um den Argentinier Diego Schwartzman saß an einem Restauranttisch in einer kleinen Straße im Central Business District von Melbourne. Serena Williams besuchte mit Tochter Olympia den Zoo. So sah Tag eins der neuen Freiheit bei einigen aus.

Zu Hunderten waren Tennisprofis vor zweieinhalb Wochen nach Australien eingeflogen und, nachdem es knapp zehn positive Corona-Fälle in den verschiedenen, von den Australian Open gecharterten Flugzeugen gegeben hatte, in teils harte Quarantäne geschickt worden. 72 Spielerinnen und Spieler durften deshalb nicht wie die anderen täglich für fünf Stunden aus ihrem Zimmer heraus und trainieren. Sie mussten 14 Tage in Isolation verharren, immerhin mit den Vorzügen feinerer Hotels. In jener Zeit wurde trotzdem oder nachvollziehbar, je nach Aspekt, viel über das eigene Los, etwa schlechtes Essen oder fehlende Trainingsmöglichkeiten, gejammert.

Daraufhin wiederum setzte Klagestufe II ein. Profis wie die Belarussin Viktoria Asarenka meinten: Schluss mit Jammern! Und tatsächlich wurde es etwas stiller, zumindest nachdem so ziemlich jeder Profi von einem Journalisten angerufen worden war und aus der empfundenen Quarantäne-Hölle berichtet hatte. Am vergangenen Wochenende letztlich öffneten sich für alle die Türen: Gefühle der Erlösung machten sich breit, und den Lohn des ganzen Prozederes bekommen sie jetzt zu spüren: Es stehen Wochen an, in denen die Profis sich uneingeschränkt und frei bewegen, trainieren und Turniere bestreiten können.

"Wir sind nicht in einer Bubble"

Das Konzept der Australian Open unterscheidet sich, das mussten einige Profis offenbar verstehen lernen, doch extrem von dem der letzten beiden gespielten Grand-Slam-Veranstaltungen. In New York bei den US Open und in Paris bei den French Open war das Turnier eine große, in sich geschlossene Blase, die Athleten rotierten lediglich zwischen der Anlage und den Hotels hin und her. In Melbourne zog die Landesregierung die Schutzmaßnahme zeitlich und örtlich vor und stülpte die strengen Blase-Regeln knallhart über alle frisch Eingereisten, schon direkt bei Ankunft am Flughafen. Mancher versteht inzwischen die Idee hinter diesem Weg.

"Wir werden vor Zuschauern spielen, wir dürfen ganz normal in die Stadt raus, wir sind nicht in einer Bubble, in der wir seit sechs Monaten schon sind", sagte Alexander Zverev durchaus dankbar. Bei den Australian Open werden sogar 30 000 Besucher täglich zugelassen (sonst 50 000). Der Weltranglisten-Siebte Zverev führt in dieser Woche das deutsche Team im ATP Cup an: In der Vorrundengruppe trifft die Mannschaft mit Jan-Lennard Struff und dem Doppel Andreas Mies/Kevin Krawietz am Mittwoch auf Kanada und am Donnerstag auf Serbien.

Schon jetzt lässt sich konstatieren: Noch nie gab es über einen längeren Zeitraum so viel Spitzentennis in ein und der selben Stadt. In dieser letzten Woche vor den Australian Open finden sechs Turniere auf einmal statt, je drei bei den Frauen und Männern, und alle im Melbourne Park. Die Vorfreude ist groß. In Adelaide, wo einige auserwählte Profis ihre Quarantäne-Zeit verbracht hatten, hat es bereits ein paar Schaumatches gegeben, vor rund 5000 Zuschauern, "Gänsehaut" hatte Novak Djokovic daraufhin verspürt, wie er zugab.

Wie rasch bereits Normalität zurückgekehrt ist, zeigte der Sonntag. Sportnachrichten standen im Vordergrund. Andrea Petkovic besiegte bei dem "Gippsland Trophy" genannten Wettkampf in Melbourne die Italienerin Martina Trevisan mit 6:1, 3:6, 7:5, Mona Barthel setzte sich ihrerseits bei der "Yarra Valley Classic" gegen die Australierin Kimberly Birrell mit 7:5, 6:3 durch. Selten waren Erstrundenergebnisse so etwas Besonderes. Denn es wird tatsächlich wieder gespielt in der Welt des Tennis.

Zur SZ-Startseite

Australian Open
:Wie im Dschungelcamp

Der Tennis-Tross muss sich in Australien den strikten Corona-Regeln fügen. Manche Profis verlieren die Geduld und reklamieren Ausnahmen für sich.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: