Süddeutsche Zeitung

Tennis:"Es war die beste Vorbereitung, die ich mir wünschen konnte"

Während fast die gesamte Konkurrenz bereits bei den French Open weilt, nimmt Angelique Kerber noch einen Turniersieg mit - er könnte sich als besonders wertvoll erweisen.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Am Samstag hat wieder Bob Sinclar aufgelegt, der DJ, der eigentlich Christophe Le Friant heißt, besitzt offenbar einen Rentenvertrag bei den French Open. Er macht das aber auch seit vielen Jahren wirklich gut beim Kid's Day. Während er für die richtigen Bässe sorgt und die Zuschauer zum Wippen bringt, zaubern unten auf dem Platz im Court Philippe Chatrier Größen wie Novak Djokovic und Denis Shapovalov unterhaltsame Schläge übers Netz, und alle strahlen. Auch ein Deutscher wirkte diesmal beim Vorprogramm des Grand-Slam-Turniers mit, Alexander Zverev reihte sich ein in die Liste der prominenten Akteure, Angelique Kerber hingegen hatte eine plausible Entschuldigung für ihr Fernbleiben parat.

Sie musste ja derweil in Straßburg rackern, später dann noch mit dem Zug fahren - selten aber war sie so glücklich, auf diese Weise und auf den letzten Drücker nach Roland Garros zu reisen. "Dass ich jetzt mit dem Turniersieg nach Paris fahre, ist natürlich großartig", sagte sie, "das gibt mir viel Selbstvertrauen." Während fast die gesamte Konkurrenz bereits in Frankreichs Landeshauptstadt weilte, hat Kerber tatsächlich noch schnell einen Turniersieg mitgenommen. Der 14. ihrer Karriere - und der erste auf Sand seit sechs Jahren - war sicher nicht der größte, jedoch könnte er sich noch als besonders wertvoll erweisen.

Kerber kann wieder ausgelassen jubeln

Er könnte Kerber Schubkraft verleihen, die sie dringend benötigt. Sie war ja schon immer eine Spielerin, die Erfolgserlebnisse braucht, um ihr höchstes Niveau zu erreichen. Verliert sie wie zuletzt zu oft in Runde eins, wirkt ihr Spiel manchmal lustlos und sie genervt, gewinnt sie und dann noch mal, taucht die Faust auf und sie lächelt wieder und die Freude ist zurück. Wie in Straßburg. Da spielt es auch keine Rolle, dass sie beim dortigen WTA-Turnier keine Konkurrentin aus den Top 40 bezwang, die slowenische Finalgegnerin Kaja Juvan, 21, wird auf Rang 68 geführt. Nach 3:14 Stunden hatte Kerber, aktuell die Nummer 17, mit 7:6 (7:5), 6:7 (0:7), 7:6 (7:5) gewonnen und dann ausgelassen gejubelt.

"Es war die beste Vorbereitung, die ich mir wünschen konnte", sagte die dreimalige Grand-Slam-Turniersiegerin. "Ich glaube, ich habe vor den French Open noch nie ein Turnier gespielt." Nach drei frühen Niederlagen zuletzt hatte sie im letzten Moment eine Wildcard in Straßburg angefragt, um in ein paar Matches ihr Gefühl wiederzufinden. Sie kennt sich eben immer noch am besten. Im vergangenen Jahr hatte Kerber, auch nach schlechten Wochen, bei ihrem eigenen Rasenturnier in Bad Homburg triumphiert und war danach in Wimbledon bis ins Halbfinale vorgestoßen. Mit jedem Erfolg verdoppelt sich ihre Leistungsfähigkeit ähnlich wie beim Zinseszinseffekt. Auch wenn sie jetzt 34 ist: Sie funktioniert noch immer so.

Bei den French Open trifft Kerber zum Auftakt auf die Polin Magdalena Frech (WTA-89.), nach drei Erstrundenniederlagen beim wichtigsten Sandplatzturnier im Tennis will sie erst mal nicht zu viel von sich erwarten. "Ich denke von Runde zu Runde", sagte sie. Manch deutscher Profikollege wäre froh, auch noch so denken zu können. Doch für einige ist das Turnier schon vorbei. Daniel Altmaier verlor gegen den Spanier Jaume Munar 1:6, 3:6, 6:4, 3:6, Tatjana Maria gegen die Rumänin Sorana Cirstea mit 3:6, 3:6. Eine Überraschung verpasste die Qualifikantin Jule Niemeier, 22, aus Dortmund, die die frühere US-Open-Siegerin Sloane Stephens an den Rand einer Niederlage brachte, aber doch mit 7:5, 4:6, 2:6 verlor. Alexander Zverev setzte sich am Abend souverän mit 6:2, 6:4, 6:4 gegen den österreichischen Qualifikanten Sebastian Ofner durch.

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