TennisDie Top-Spielerin, die von ihrer Oma in die Bundesliga vermittelt wurde

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„Eine total Nette, Bodenständige“: Maya Joint.
„Eine total Nette, Bodenständige“: Maya Joint. (Foto: Dave Hunt/AAP/Imago)

Maya Joint, Rang 78 der Welt, spielt jetzt für den TC Grün-Weiß Luitpoldpark. Beim Münchner Tennisklub sind sie begeistert – und ob der ungewöhnlichen Qualität im Kader auch ein wenig besorgt.

Von Thomas Becker

Den 11. Mai, 8. Juni und 5. Juli sollte man sich als Münchner Tennisfreund schon mal in den Kalender schreiben. Könnte sein, dass an einem dieser Tage in Schwabing auf der lauschigen Anlage des TC Grün-Weiß Luitpoldpark hoher Besuch aus einer hier eher selten zu sehenden Weltranglistenregion zu Gast ist: aus den Top 100 der Frauen. Genau zwei Spielerinnen unter 20 Jahren gibt es, die es in jungen Jahren schon so weit nach oben geschafft haben: das russische Ausnahme-Talent Mirra Andreeva, derzeit Nummer sieben der Welt, Tendenz steigend – und Maya Joint, gerade erst 19 geworden und seit August 2023 von Platz 1390 über die Zwischenstation 774 (Anfang 2024) mittlerweile bis auf Rang 78 nach vorn geeilt. Kurz vor Meldeschluss für die Frauen-Bundesliga rutschte die in Michigan geborene Australierin im Team der Aufsteigerinnen aus dem Luitpoldpark noch auf Platz eins – und das nur, weil ihre Oma auf der Geschäftsstelle angerufen und die Enkelin als ziemlich gutes Talent angepriesen hatte.

Das war dann doch ein bisschen untertrieben. Beim WTA-Turnier in Madrid hat sich die junge Frau mit den roten Haaren gerade durch die Qualifikation gespielt, dabei die ehemalige Weltranglisten-Fünfte Sara Errani geschlagen und erst in der zweiten Runde knapp gegen die an elf gesetzte Emma Navarro verloren. Beim Vorbereitungsturnier auf die Australian Open prügelte sie sowohl Sofia Kenin als auch Magda Linette vom Platz und verlor in der Woche zuvor in Brisbane erst im dritten Satz knapp gegen Viktoria Asarenka. Bevor sie nun beim Turnier in Rom und danach bei den Grand Slams in Paris und Wimbledon angreift, tritt sie noch bei einem Challenger-Turnier im spanischen Lleida an; den Bundesliga-Auftakt am Freitag wird sie also verpassen.

Dass die Luitpoldpark-Frauen überhaupt wieder in der höchsten Spielklasse antreten, liegt am Rückzug des TC Bernhausen. Gegen die Schwäbinnen hatten die sogenannten Lupo-Girls im vergangenen Sommer mit 3:6 ihre einzige Niederlage in der zweiten Bundesliga einstecken müssen, doch dann stieg bei Bernhausen der Sponsor aus, und vorbei war der Traum von Liga eins. Den träumt nun Teammanager Wilfried Gatzke mit seinem Team: „Der Klassenerhalt ist natürlich das Ziel, aber wenn es nicht reicht, machen wir halt in der zweiten Liga weiter.“ Wie in den vergangenen 20 Jahren, unterbrochen von einem kurzen Bundesliga-Gastspiel im Jahr 2021. „Das war ein Corona-Jahr, in dem nicht ganz so namhafte Teams wie Bad Vilbel und der Marienburger SV gemeldet hatten“, so Gatzke.

Bredeney gönnt sich die deutschen Spitzenkräfte: Eva Lys, Tatjana Maria, Anna-Lena Friedsam, Mona Barthel und noch ein paar mehr

Diesmal sieht das anders aus: Am Freitag treten die Münchnerinnen am Hamburger Rothenbaum an, bevor es am Sonntag auf der nicht minder gewaltigen Anlage von Rotweiss Berlin weitergeht. „Besser geht es nicht“, findet Gatzke, „für uns als Außenseiter ist es schon ein Erfolg, da mitzuspielen.“ Außerdem im Rennen: Traditionsvereine wie Waldau Stuttgart, DTV Hannover, Dresden-Blasewitz und die zuletzt so erfolgreichen Westvereine Aachen und Titelverteidiger TC Bredeney. Letzterer gönnt sich wie auch bei den Männern die Spitzenkräfte des deutschen Tennis: Eva Lys, Tatjana Maria, Anna-Lena Friedsam, Mona Barthel und noch ein paar mehr. Zum Auswärtsspiel in Hamburg könnten die Schwabingerinnen eigentlich die mittlerweile in München lebende und trainierende Ella Seidel mitnehmen, die jedoch für Hamburg antritt.

Aber auch der Lupo-Kader kann sich sehen lassen: Zehn Spielerinnen gehören zu den Top 500. Von den elf Spielerinnen, die im vergangenen Jahr eingesetzt wurden, ist nur Miriana Tona nach Berlin gewechselt; die Schwedin Caijsa Hennemann wird die komplette Saison verletzt fehlen. Auf den vorderen Positionen hat man sich mit den Italienerinnen Giorgia Pedone und Jessica Pieri sowie der Kroatin Tena Lukas verstärkt. Die Schwedin Lisa Zaar ist für eine der hinteren Positionen vorgesehen. Es ist aber möglich, dass sie schon zum Auftakt ins Team rutscht: Wegen des bevorstehenden Turniers in Rom werden vier Spielerinnen in Hamburg fehlen. Teamchef Gatzke sagt: „So ein Niveau haben wir noch nie gehabt. Unser Kader ist gut, vielleicht zu gut.“ Zu gut eben deshalb, weil viele Akteurinnen eben eher WTA-Turniere spielen werden als Bundesliga.

Was wieder zu Maya Joint führt. Als 15-Jährige hatte sie mal in der Heimat der Oma trainiert, in Bad Wörishofen, war dort und bei Schießgraben Augsburg gemeldet. Mama Katja ist Deutsche, Vater Michael ein ehemaliger Squash-Profi aus Australien. 2023 zog sie von Michigan nach Brisbane, nahm die australische Staatsbürgerschaft an, hatte sich eigentlich vorgenommen, an der Universität von Texas Psychologie und Kriminologie zu studieren. „Allein wegen des mentalen Aspekts von Tennis und weil ich sehe, was ich besser machen kann“, erklärt sie mal in einem Interview, „außerdem habe ich so viele Krimis gesehen und Podcasts über wahre Kriminalität gehört. Deshalb finde ich Kriminologie so faszinierend.“

Doch wenn die junge Frau – Spitzname Ginger Ninja – auch weiterhin so erfolgreich auf die Filzkugel eindrischt, wird die Kriminologie in Texas wohl noch etwas warten müssen. Die Münchner Tennis-Fans können sich jedenfalls auf „eine total Nette, Bodenständige“ freuen, die auch Deutsch spricht, sagt Lupo-Teamchef Gatzke. Erste Chance auf ein Kennenlernen: 11. Mai, erstes Heimspiel gegen Dresden-Blasewitz. Dazu müsste Maya Joint beim Turnier in Rom allerdings früh scheitern, und das wünscht ihr natürlich niemand. Die Oma erst recht nicht.

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